Panoramafreiheit im Ausland

Kein Selfie vor dem Eiffelturm



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Der Arag-Rechtsexperte Udo Vetter sagt, worauf Reisende achten müssen, wenn sie zum Beispiel Wahrzeichen von Städten oder Ländern fotografieren.

Bestimmte Schnappschüsse europäischer Wahrzeichen werden in den wenigsten privaten Fotoalben fehlen: der nächtlich illuminierte Eiffelturm, das Brüsseler Wahrzeichen "Atomium" und die kleine Meerjungfrau in Kopenhagen. Gab es früher noch den Dia-Abend, landen die Schnappschüsse heute quasi in Echtzeit in der "Cloud" und auf Facebook, Instagram oder anderen sozialen Netzwerken - und hier lauern je nach Land ernst zu nehmende juristische Gefahren.

Das EU-Parlament arbeitet zurzeit an einer umfassenden Urheberrechtsreform, die auch die Panoramafreiheit betrifft.
Das EU-Parlament arbeitet zurzeit an einer umfassenden Urheberrechtsreform, die auch die Panoramafreiheit betrifft.
Foto: Beboy - Fotolia.com

Panoramafreiheit im Ausland

Den wenigsten dürfte jedenfalls bewusst sein, dass sie mit ihren online gestellten Bildern der genannten Wahrzeichen schon heute in Frankreich, Belgien oder Dänemark teure Abmahnungen riskieren. Oder sogar Strafen wegen Verletzung des Urheberrechts.

Was bedeutet Panoramafreiheit?

In diesen und auch anderen Ländern gilt die sogenannte Panoramafreiheit nicht oder nur sehr eingeschränkt, die bei uns in Deutschland seit jeher als selbstverständlich empfunden wird. Die Panoramafreiheit besagt, dass jedermann auch urheberrechtlich geschützte Gebäude oder Kunstwerke nach Belieben fotografieren darf, sofern sie frei zugänglich sind.

Urheberrechtsreform in der EU

Andere Länder, andere Sitten. Aber möglicherweise ist die Panoramafreiheit jetzt auch in Deutschland nicht mehr ungefährdet. Das EU-Parlament arbeitet nämlich an einer umfassenden Urheberrechtsreform, und es gibt in diesem Rahmen Überlegungen, die strengen Regelungen zur Panoramafreiheit zum Standard zu machen. Was dann bedeuten könnte, dass nicht nur die kleine Meerjungfrau, sondern etwa auch ein auf Facebook veröffentlichtes Selfie vor einem Hundertwasser-Haus oder dem Münchner Olympiastadium zu einer Abmahnung führen könnte.

Urheberrechtlicher Schutz gilt nur 70 Jahre

Allerdings gibt es derzeit überhaupt keinen Grund, sich den fotografischen Urlaubsspaß in Ländern mit Panaoramafreiheit verderben zu lassen. Denn entgegen anderslautender Meldungen wären selbst bei einer Gesetzesänderung ohnehin höchstens Gebäude oder Kunstwerke betroffen, die tatsächlich noch urheberrechtlichen Schutz genießen. Das ist aber nur der Fall, wenn der Schöpfer noch nicht länger als 70 Jahre tot ist. Historische Gebäude wie das Brandenburger Tor dürften also auch in Zukunft weiter frei fotografiert werden.

Private oder gewerbliche Nutzung?

Überdies wäre allenfalls eine "gewerbliche Nutzung" untersagt. Die weitaus meisten Facebook-Profile und Accounts in anderen sozialen Netzwerken dürften aber als privat einzustufen sein. Aber dennoch steckt der Teufel gerade hier im Detail. Denn die Frage der Gewerblichkeit wird gerade im Online-Bereich oft sehr unterschiedlich beurteilt. Eine Abmahngefahr ließe sich jedenfalls nicht ausschließen.

Online-Petitionen waren erfolgreich

Zum Glück ist die Abschaffung der Panoramafreiheit nun bei den ersten Beratungen im EU-Parlament erst mal durchgefallen. Sicher auch, weil hunderttausende Hobbyfotografen in diversen Online-Petitionen lautstark gegen eine derartige Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Abmahnanwälte protestiert haben.

Download des Originaltextes: www.arag.de/auf-ins-leben/udo-vetter/

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