CRM in der Mobilfunkbranche

Kundenbindung entsteht durch Service, nicht durch den Preis



Maximilian Grabmayr ist Director Product bei B2X Care Solutions. Als Director Product und ehemals Director Global Accounts weiß der Supply-Chain-Experte genau, welchen Service Kunden von Herstellern und Resellern der Mobilfunkbranche erwarten und wie sich dieser mittels innovativer Prozesse umsetzen lässt. Zuvor war er als Berater bei dem auf After Sales Services spezialisierten Unternehmen Barkawi Management Consultant beschäftigt.
Neue Anbieter und zunehmende Marktsättigung stellen Unternehmen der Mobilfunkbranche vor neue Herausforderungen. Ein Blick in die USA zeigt, wie der Kundenservice als Instrument zur Kundenbindung genutzt werden kann und welche Möglichkeiten für Deutschland bestehen.

Wie in den Jahren zuvor werden Smartphones auch 2014 auf den Gabentischen der Deutschen liegen: Laut einer kürzlich veröffentlichen Studie des Verbands der Digitalbranche BITKOM planen 26 Prozent der Befragten, ihre Liebsten oder sich selbst mit einem neuen Smartphone zu beschenken. Diese Zahlen klingen beeindruckend, verstellen aber den Blick auf die wachsenden Herausforderungen. Smartphones sind heute keine neue Produktkategorie mehr und hinsichtlich Design und technischer Ausstattung werden sich die Geräte immer ähnlicher.

Zudem wächst insbesondere in China eine wettbewerbsfähige Konkurrenz heran, der über den Preis kaum beizukommen ist. Weiterhin finden Einsteiger- und Mittelklasse-Smartphones vermehrt Zuspruch, was nicht zuletzt an den neuen Wettbewerbern liegt. Platzhirsche wie Samsung, Apple & Co., die das Hauptaugenmerk meist auf ihr Top-Gerät legen, verlieren dementsprechend Marktanteile; Samsung und Sony haben zuletzt bekanntgegeben, neue Modelle nur noch in größeren Abständen auf den Markt zu bringen. All diese Entwicklungen verdeutlichen den steigenden Wettbewerbsdruck gerade in gesättigten Märkten wie Deutschland oder den USA, der neben den Herstellern auch die Mobilfunkprovider betrifft.

Marken-Image, Vertragsbedingungen und Kundenservice sind Kaufkriterium

Maximilian Grabmayr ist Director Product bei B2X Care Solutions.
Maximilian Grabmayr ist Director Product bei B2X Care Solutions.
Foto: B2X

Da sowohl das Smartphone an sich ebenso wie die Preispolitik als Differenzierungsmerkmal immer weniger in Frage kommen, gewinnt ein anderer Aspekt an Bedeutung - der Kundenservice. Hier lohnt ein Blick in die USA, wo neue Konzepte entstehen, die leicht abgewandelt auch in Europa Kundenbindung und Effizienz steigern können. Zudem verzeichnen wir auf Kundenseite ein gesteigertes Interesse an - auch optionalen - Kundenservices.

Eine von uns im Dezember 2014 veröffentlichte Studie hat ergeben, dass Kundenservice, Vertragsbedingungen die wesentlichen geräteunabhängigen Kaufkriterien für Kunden in Deutschland, Indien, China, Brasilien und den USA sind und das Marken-Image in Indien, China und Brasilien entscheidend ist. Für junge wie etablierte Anbieter bietet der Kundenservice die Chance, die eigene Marke zu stärken und sich im Markt zu positionieren, beziehungsweise sich über individuelle Services von der Konkurrenz abzuheben. Gleichzeitig kann ein fehlender oder mangelhafter Kundenservice jedoch auch die Kundenzufriedenheit und damit die Loyalität zum Hersteller und Mobilfunkprovider negativ beeinflussen. Ein oftmals kaum berücksichtigter Aspekt ist, dass der Kundenservice mitentscheidet, welche Geräte von den Providern mit ins Sortiment aufgenommen werden.

Grundsätzlich sollten Hersteller und Mobilfunkanbieter beim Kundenservice zusammenarbeiten.
Grundsätzlich sollten Hersteller und Mobilfunkanbieter beim Kundenservice zusammenarbeiten.
Foto: Robert Kneschke - Fotolia.com

Grundsätzlich sollten Hersteller und Mobilfunkanbieter beim Kundenservice zusammenarbeiten, da Kunden bei Problemen immer noch den persönlichen Kontakt im Geschäft bevorzugen und in Deutschland beispielsweise nur Apple mit eigenen Filialen oder Samsung mit Shop-in-Shops lokal vor Ort vertreten ist. Eine kompetente Beratung und im besten Fall eine direkte Problembehebung stärken das Vertrauen in Hersteller wie Mobilfunkanbieter gleichermaßen. Schließlich ist für den Kunden eine "Seamless Experience" entscheidend und nicht, ob diese vom Provider oder Hersteller angeboten wird. Ihnen sollte - ob in-store, per Hotline oder online - auf allen Kanälen eine gleichbleibend hohe Servicequalität geboten und Unterstützung so leicht wie möglich gemacht werden. Zugleich lässt sich durch innovative Konzepte die Kundenbindung zusätzlich ausbauen.

Rückgabeprogramme für Smartphones steigern die Kundenbindung

In den USA sind aktuell sogenannte Trade-in-Programme beliebt, bei denen Kunden einen Rabatt erhalten, wenn sie ihr altes Gerät abgeben. Motorola zum Beispiel bietet sogar spezielle Kioske und Verkaufsautomaten, an denen Kunden gleich im Tausch ein neues Smartphone mitnehmen können. Bei T-Mobile können Kunden zu jedem Zeitpunkt der Vertragslaufzeit ihr Gerät austauschen, während Motorola innerhalb eines Geschäftstages ein defektes Gerät ersetzt.

Dies hat zum einen den Vorteil, dass die alten Geräte entweder aufgebessert und auf Zweitmärkten verkauft, oder Komponenten und Rohstoffe weiterverwertet werden können. Zum anderen binden Hersteller so ihre Kunden. Denn im Gegensatz zu Deutschland beinhalten Verträge in den USA meist kein subventioniertes Gerät, häufig bieten Provider daher schon während der Laufzeit neue Smartphones (auch) von der Konkurrenz an.

Aus dem gleichen Grund folgen viele Hersteller in den USA dem Prinzip von Apple und eröffnen eigene Filialen. In Deutschland und Europa mag die Situation aufgrund der stärkeren lokalen Präsenz der Provider etwas anders sein - von der positiven Kundenerfahrung und dem nachhaltigen Umgang mit Ressourcen ließe sich aber auch hier noch weitaus stärker profitieren.

Verbesserungsbedarf bei den Reparaturzeiten in Deutschland

Darüber hinaus gibt es weitere Ansätze, durch die sich der Kundenservice verbessern und ausdifferenzieren lässt. So tauscht etwa Motorola defekte Geräte nicht nur aus, sondern übernimmt auf Wunsch auch den Datentransfer auf das neue Gerät. Aus unserer Studie wissen wir zudem, dass gerade lange Reparaturzeiten im Schadensfall für Unmut sorgen, während ein Ersatzgerät die Akzeptanz von Reparaturzeiten maßgeblich erhöht.

Während in Deutschland Kunden häufig bis zu acht Tage auf eine Reparatur warten, erhält die Hälfte der Kunden in den USA ihr Gerät bereits nach 24 Stunden zurück. Hier gibt es deutlichen Verbesserungsbedarf, zumal die Mehrheit der Kunden sogar bereit wäre, für eine Express-Reparatur zu zahlen. Überhaupt ist davon auszugehen, dass in Zukunft vermehrt individuelle Service-Modelle angeboten werden. Demnach würden etwa preisbewusste Kunden einen Basis-Service erhalten, während optionale Service-Leistungen hinzugebucht werden können.

Wir gehen davon aus, dass Unternehmen künftig unterschiedliche Service-Level anbieten und sich auch darüber positionieren werden. Die große Herausforderung wird dabei sein, eine integrierte Service-Landschaft zu schaffen, für deren Infrastruktur die meisten Hersteller nicht die nötigen Ressourcen von Haus aus mitbringen. Zudem gilt es, ein tragfähiges Modell zu entwickeln, das für Hersteller und Provider gleichermaßen von Vorteil ist. (rw)

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