Hyper-konvergierte Infrastrukturen

Kurzlebiger Hype oder substanzielle Hilfe?



Christian Naber (41) ist Practice Manager Cloud Computing und Mitglied der Geschäftsleitung bei der DextraData GmbH. Der Betriebswirt und zertifizierte IT Revisor verfügt über langjährige Expertise als Project Manager und Consultant in den Bereichen Cloud Computing und Virtualisierung. In seiner Funktion zeichnet er schwerpunktmäßig für den Erfolg und die strategische Weiterentwicklung des Geschäftsbereichs Cloud Computing der DextraData GmbH auf dem deutschen Markt.
Das Thema konvergierte Infrastrukturen (Converged Infrastructure, CI) treibt seit Anfang des Jahrzehnts IT-Experten um, die bemüht sind, die Konvergenz von IT-Infrastrukturen weiter zu erhöhen. Die Hersteller fördern die Entwicklung ihrerseits – allen voran nun der Software-Hersteller VMware. Der Virtualisierungsspezialist möchte 2015 eine neue Ära einläuten: mit hyper-konvergierten Infrastrukturen (Hyper Converged Infrastructre, HCI). Da die IT in vielen Unternehmen immer komplexer wird, stehen CI-Lösungen hoch im Kurs. Doch ist eine weitere Erhöhung der Konvergenz durch HCI wirklich sinnvoll?
 
  • warum die Anforderungen an IT-Mitarbeiter steigen
  • Vorteile der Converged Infrastructure
  • was verbirgt sich hinter dem "Datacenter-in-a-box"

Der große Trend der vergangenen Jahre, die Virtualisierung, führte zur Trennung von Software und Hardware. Für mehrere virtuelle Server wird nur noch ein einziger physikalischer Server benötigt. Auf diese Weise wird die eingesetzte IT-Hardware wirtschaftlicher genutzt, wodurch sie jedoch gleichsam in den Hintergrund gedrängt wurde. Für die Unternehmen spielt nun die Software die entscheidende Rolle, denn sie ist der Schlüssel, um die Effizienz und Wirtschaftlichkeit von IT-Systemen zu steigern.

Neben der Effizienzsteigerung im Ressourcenmanagement müssen die IT-Abteilungen in Unternehmen weitere Herausforderungen meistern. Geschäftskritische Applikationen müssen hochverfügbar bereitstehen, was nur durch eine langfristige Leistung und Skalierbarkeit der IT-Infrastruktur sichergestellt werden kann.

Immer neue Applikationen und die steigende Zahl der unterschiedlichen Endgeräte erhöhen die Komplexität zudem. Damit steigen auch die Anforderungen an IT-Mitarbeiter, deren Aufgabenbereich immer weiter wächst. Dagegen werden Budgets noch immer eng kalkuliert, so dass nicht nur Anwender nach effizienteren Systemen suchen, sondern auch Hersteller der Systemkomponenten.

Agil und virtuell statt physikalisch und isoliert

Als Antwort auf zunehmenden Kostendruck und die steigende Komplexität setzen viele Unternehmen auf konvergierte oder hyper-konvergierte Infrastrukturen. CI-Lösungen bestehen aus aufeinander abgestimmten Komponenten. Die Integration von Server, Storage und Netzwerk ermöglicht eine schnellere Inbetriebnahme. Verfährt man nach dem "Best of breed"-Ansatz, müssen alle separaten Komponenten aufeinander abgestimmt und über Managementlösungen miteinander verbunden werden.

Das kostet Zeit und erhöht die Wahrscheinlichkeit von später auftretenden Fehlern. Mit einer konvergierten Infrastruktur erhält der Anwender ein zentrales und damit vereinfachtes Management der gesamten IT-Infrastruktur, denn CI-Lösungen wandeln isolierte physikalische in agile virtuelle Maschinen um.

Da die verwendeten Komponenten aneinander angepasst sind und vor der Inbetriebnahme vom CI-Anbieter getestet und validiert werden, reduzieren sich Ausfallrisiko sowie Zeitaufwand für Fehlersuche und -behebung. Für Unternehmen erhöht sich somit die Verfügbarkeit des Systems. Falls Support in Anspruch genommen werden muss, steht ein zentraler Partner zur Verfügung.

Marktorscher von IDC glauben an die Converged Infrastruktur
Marktorscher von IDC glauben an die Converged Infrastruktur
Foto: IDC

Insbesondere in Unternehmen mit Zweigstellen kommen CI-Systeme zum Einsatz, da hier oftmals das zentrale Remote-Management sowie die schnellere Bereitstellung entscheidende Vorteile gegenüber "Best-of-Breed"-Lösungen bieten. Auch schnell wachsende Unternehmen greifen auf derartige Lösungen zurück und profitieren von der Flexibilität einer konvergierten IT-Infrastruktur, die sich schnell und einfach mit neuen Systemen erweitern lässt.

Vom "Datacenter-in-a-box" zur "Single-Box"

Aus dem Bereich der konvergierten Infrastrukturen haben sich Lösungen wie zum Beispiel "Datacenter-in-a-box" und "Infrastructure-in-a-box" entwickelt. Sie bieten standardisierte und vorkonfigurierte IT-Systeme. Doch erst mit hyper-konvergierten Infrastrukturen wird das Konzept der Single-Box Realität. Hierfür kooperiert VMware mit acht namhaften IT-Unternehmen: Dell, EMC, HP, Fujitsu, Hitachi Data Systems sowie Inspur, NetApp, NetOne und Supermicro.

Unter dem Markennamen evo:rail wird so eine HCI-Lösung angeboten, die neben Servern, Storage und Netzwerk auch den Hypervisor in einer Single-Box zusammenfasst. Waren konvergierte Infrastrukturen bislang die unangefochtene Domäne der Hardware-Hersteller, setzt sich nun mit VMware ein Software-Experte an die Spitze der Entwicklung und treibt die Konvergenz zwischen den einzelnen IT-Komponenten weiter voran. Hier kann man im Grunde nicht mehr von separaten Komponenten sprechen, denn die einzelnen Systemeinheiten werden in einem Gehäuse geliefert.

Das reduziert auch den Platzbedarf im Rechenzentrum oder Serverraum. Für eine HCI-Single-Box werden nur noch zwei Höheneinheiten im Rack benötigt. Darüber hinaus verringert sich ein weiteres Mal der Zeitaufwand für die Verkabelung und Inbetriebnahme -ganz abgesehen davon, dass HCI-Lösungen auch weniger Strom verbrauchen.

Hyper-konvergierte Infrastrukturen zeichnen sich durch eine hohe Skalierbarkeit aus. Um die Leistungsfähigkeit der Infrastruktur zu erhöhen, müssen lediglich neue Appliances implementiert werden. Die Konfiguration erfolgt weitestgehend automatisch. Da HCI-Lösungen keine separaten Systemkomponenten besitzen, ist eine Skalierung einzelner Komponenten nicht möglich.

Ein weiterer Vorteil: Hyper-konvergierte Infrastrukturen bieten eine hohe Verfügbarkeit. Fällt beispielsweise ein physikalischer Server aus, mussten früher die Daten der virtuellen Instanzen, die sich auf ihm befinden, aufwendig auf einen neuen physikalischen Server migriert werden. Bei einer HCI-Lösung wird lediglich ein neuer Knotenpunkt ins System eingefügt. Die entsprechenden Daten werden automatisch auf diesen verschoben. Damit fällt in Zukunft auch die Datenmigration weg, da sich leistungsstärkere technische Systeme nahtlos in ein Cluster integrieren. Server und Daten werden dann automatisch auf das neue Zielsystem verschoben und das alte Quellsystem kann im Anschluss außer Betrieb genommen werden.

Der nächste logische Schritt

Mit der Ankündigung der HCI-Initiative von VMware halten hyper-konvergierte Infrastrukturen verstärkt Einzug in die Unternehmen. Die acht OEM-Partner orientieren sich beim Design ihrer Lösungen an den Vorgaben von VMware. Installation und Inbetriebnahme einzelner Komponenten entfallen. Durch die hohe Integration gelingt die automatische Inbetriebnahme der Lösung binnen einen Tages. Sollte dennoch einmal Unterstützung benötigt werden, sorgt der jeweilige Hersteller als zentraler Ansprechpartner für Support.

HCI ist die logische Fortentwicklung konvergierter Infrastrukturen, wird diese jedoch nicht ersetzen. Denn konvergierte Infrastrukturen bieten einen modulareren Ansatz, durch den sich die separaten Komponenten im Vergleich zu HCI einfacher skalieren lassen.

Steigt beispielsweise der Storage-Bedarf bei gleichbleibenden Lastverhalten der Server, ist eine konvergierte Infrastruktur die bessere Lösung. Im Bestreben die Effizienz und Wirtschaftlichkeit weiter zu erhöhen, werden HCI-Lösungen ihre Anwendung finden und die Konvergenz innerhalb der IT weiter vorantreiben. (rw)

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