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Lange krank – was passiert mit dem Urlaub?

31.10.2012
Das Bundesarbeitsgericht hat eine grundlegende Entscheidung zum langjährig ruhenden Arbeitsverhältnis getroffen.
Urlaubsansprüche kranker Mitarbeiter beschäftigen immer wieder die Gerichte.
Urlaubsansprüche kranker Mitarbeiter beschäftigen immer wieder die Gerichte.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit seinem Urteil vom 07. August 2012 zum Aktenzeichen 9 AZR 353/10 eine grundlegende Entscheidung zum Urlaubsanspruch im langjährig ruhenden Arbeitsverhältnis getroffen.

Zunächst hat das BAG klargestellt, so der Hannoveraner Fachanwalt für Arbeitsrecht Armin Rudolf vom VDAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, dass jeder Arbeitnehmer nach § 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) in jedem Kalenderjahr auch dann einen Anspruch auf den bezahlten Jahresurlaub hat, wenn er im gesamten Urlaubsjahr arbeitsunfähig erkrankt war.

Dies gilt - so das BAG in der vorerwähnten Entscheidung - auch, wenn der Arbeitnehmer eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung bezogen hat und eine tarifliche Regelung bestimmt, dass das Arbeitsverhältnis während des Bezugs dieser Rente auf Zeit ruht. Als Begründung führt das BAG an, dass der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien steht. Es gelten vielmehr ausschließlich die gesetzlichen Regelungen.

Gem. § 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG muss der Urlaub grundsätzlich im laufenden Jahr gewährt und genommen werden. Ausnahmsweise ist gem. § 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Insoweit ist seit jeher anerkannt, dass eine lang andauernde Erkrankung einen in der Person des Arbeitnehmers liegenden Grund im Sinne der vorerwähnten Norm darstellt. Gem. § 7 Abs. 3 S. 3 BUrlG muss der Urlaub im Fall der Übertragung, also im Fall des § 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG, in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden. Gem. § 7 Abs. 4 BUrlG ist der Urlaub abzugelten, wenn er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht gewährt werden kann.

Das BAG ging daher früher in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Anspruch auf Urlaub spätestens nach dem Ende der ersten drei Monate, welche auf das vorangegangene Kalenderjahr folgen, erlischt, wenn ein Arbeitnehmer krankheitsbedingt nicht in der Lage war, den Urlaub anzutreten. Mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 20. Januar 2009 in der Sache "Schultz - Hoff" wurde eine Rechtsprechungsänderung eingeleitet. Der EuGH bestimmte, dass eine nationale Regelung grundsätzlich den Verlust des Urlaubsanspruchs am Ende eines Bezugs- oder Übertragungszeitraums vorsehen kann, wie dies im Deutschen Bundesurlaubsgesetz geregelt wurde. Voraussetzung hierfür ist jedoch nach der Rechtsauffassung des EuGH, dass der Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit hatte, den Anspruch auszuüben.

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