Konfliktpotenzial in IT-Projekten

Linienmanager gegen Projektleiter

Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.
Linien- und Projektmanager haben verschiedene Aufgaben und Erfolgskriterien. Nur wenn sie sich zusammenraufen, kann die Unternehmens-IT ihrem Anspruch gerecht werden.

Geordnete Arbeitsabläufe, feste Budgets, klare Hierarchiestufen und ein eingespieltes Team erleichtern einem IT-Linienmanager im Tagesgeschäft das Leben. Der Job ähnelt dem eines Kapitäns, der den Unternehmensdampfer sicher durch Stürme und raue See lotst. Ein Projektmanager gleicht dagegen oft genug einem quirligen Abenteurer im Schnellboot. Immer in Bewegung, ständig nach neuen Anforderungen, Mitarbeitern und Budgets Ausschau haltend. Seine Auftraggeber wachen über jedes Manöver und bitten bei Kursänderungen zum Rapport.

Selten sind Projektmanager und Linienmanager im gleichen Tempo unterwegs. Vor allem im Projekt-management müssen die Entscheidungen oft schneller fallen als es in der Unternehmenshierarchie vorgesehen ist.
Selten sind Projektmanager und Linienmanager im gleichen Tempo unterwegs. Vor allem im Projekt-management müssen die Entscheidungen oft schneller fallen als es in der Unternehmenshierarchie vorgesehen ist.
Foto: Volt Collection - Shutterstock.com

Die Probleme zwischen Linien- und Projektmanagern sind struktureller Natur und haben mit der grundsätzlichen Ausrichtung der jeweiligen Arbeit zu tun. "Solange es läuft, ist alles gut", sagt Jürgen Renfer, Abteilungsleiter Informationstechnologie der Kommunalen Unfallversicherung Bayern (KUVB)/Bayerischen Landesunfallkasse (Bayer. LUK) in München. Während Linienmanager den Betrieb aufrechterhalten wollen und versuchen, möglichst viele Prozesse zu standardisieren, arbeiten Projektmanager nur befristet an Aufgaben.

Auch Streit um die besten Mitarbeiter gibt es immer mal wieder, denn Linienmanager sehen ihre Spezialisten nur ungern ins Projektteam abwandern. Auch die Frage, wann ein Projekt wirklich zu Ende ist, birgt häufig Zündstoff. "Sind Projektaufgaben im Anwenderunternehmen abgeschlossen, werden sie meistens in der Linie weitergeführt", weiß Renfer. "Ein Projektmanager hat ein Kontingent an Ressourcen und muss in diesem Rahmen fertig werden. Ein Linien-Manager dagegen wünscht sich ein perfektes Projektergebnis, weil er dauerhaft damit produziert. Hier öffnen sich Konfliktlinien," beobachtet der Münchner IT-Chef, doch er sieht es gelassen. Nicht alles lasse sich festlegen: "Notfalls darf es auch mal krachen, solange die Sachebene nicht verlassen wird."

Jürgen Renfer, IT-Chef der KUVB: "Ein Projektmanager hat ein Kontingent an Ressourcen und muss in dem Rahmen fertig werden. Ein Linienmanager dagegen wünscht sich ein perfektes Projektergebnis, weil er dauerhaft damit produziert. Hier eröffnen sich Konfliktlinien."
Jürgen Renfer, IT-Chef der KUVB: "Ein Projektmanager hat ein Kontingent an Ressourcen und muss in dem Rahmen fertig werden. Ein Linienmanager dagegen wünscht sich ein perfektes Projektergebnis, weil er dauerhaft damit produziert. Hier eröffnen sich Konfliktlinien."

Verfügt das Unternehmen über eine gute Konfliktkultur, bedeutet Streit keineswegs ein Scheitern. Kommunikations- und Verhandlungsgeschick gehören zum Geschäft, es sind Eigenschaften, die gute Projektmanager auszeichnen. "Taktieren ist nicht unüblich", meint Renfer. Am Ende liege es im Interesse aller, Konflikte sachlich zu lösen. "Mit den Jahren entwickelt man dafür ein Gespür."

Am Anfang stand Überzeugungsarbeit

Wann wird aus einer Aufgabe ein eigenes Projekt? "Kleinere Projektaufgaben erledigen Linienmanager oft zusätzlich neben ihrem Tagesgeschäft, größere Projektvorhaben übernehmen Projektmanager", erläutert Renfer. Nach dieser Maxime verfahren die meisten Firmen. "Wir haben vor einigen Jahren klare Kriterien entwickelt, nach denen ein Projekt aufzusetzen ist", erklärt Katrin Mühlhaus, die als Teamleiterin im zentralen Projektmanagement-Office der KfW-Bankengruppe (Kreditanstalt für Wiederaufbau) in Frankfurt am Main tätig ist. "Aufgaben mit hoher Komplexität, Neuartigkeit und einem Budget von mehr als 100.000 Euro erhalten bei uns den Status eines Projekts, während kleinere Aufgaben in der Linie umgesetzt werden."

Nachdem sich die KfW 2011 einen Modernisierungskurs verordnet hatte, kamen auch viele neue IT-Mitarbeiter an Bord. "Wir haben die IT der Bank in den vergangenen Jahren neu aufgestellt und in großem Umfang Personal aufgebaut", blickt Mühlhaus zurück. In dieser Zeit wurden auch Veränderungen initiiert. Viele Mitarbeiter mussten erst von der Projektarbeit überzeugt werden, denn es galt, IT-Spezialisten weg von der Routine hin zu neuen Aufgaben zu locken. "Anfänglich wurden fachlich exzellente Linienmanager zu Projektleitern ernannt, die Projektmanagement-Kompetenz wurde daher eher vernachlässigt", erinnert sich Mühlhaus.

Katrin Mühlhaus, KfW Bankengruppe: "Wir haben klare Kriterien entwickelt, wann und wie ein Projekt aufzusetzen ist."
Katrin Mühlhaus, KfW Bankengruppe: "Wir haben klare Kriterien entwickelt, wann und wie ein Projekt aufzusetzen ist."
Foto: KfW Bankengruppe/Fotograf: Alexander Kempf
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