Konfliktpotenzial in IT-Projekten

Linienmanager gegen Projektleiter

Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.

Streit und Anforderungen

Nicht ungewöhnlich ist zwischen Linien- und Projektmanagern auch der Streit um das beste Personal. "Linien-Manager möchten ihre besten Mitarbeiter behalten und lassen sie ungern in das Projektteam ziehen", weiß Mühlhaus aus Erfahrung und ergänzt: "Die Personalsteuerung ist eine große Herausforderung." Neben den eigenen Mitarbeitern bindet die KfW auch Freiberufler und externe Beratungsunternehmen ein.

Die Bank legte in ihrer Projektorganisation fest, dass IT-Mitarbeiter nur selten mehrere Hüte gleichzeitig aufhaben. "Wir haben klare Verhältnisse geschaffen. Wenn Mitarbeiter in Projekte entsandt werden, können sie sich ganz auf die neuen Aufgaben konzentrieren", kommentiert Mühlhaus die Situation in der KfW. Lediglich der zeitliche Rahmen bleibe offen. Doch für alle gebe es eine Rückkehrgarantie ins angestammte Team.

Projektleiter zeichnen sich dadurch aus, dass sie gut mit Veränderungen umgehen können, belastbar sind und über Kommunikationstalent verfügen. "Schließt ein Projektleiter seine Aufträge durchgehend erfolgreich ab, kann er sich damit auch für einen Karriereschritt in der Linie empfehlen", meint Renfer. "Wer an innovativen Themen mitgearbeitet hat, empfiehlt sich nach Projektabschluss auch für neue Herausforderungen, sei es in anderen Projekten oder in der Linie", sagt auch KfW-Managerin Mühlhaus.

Auf Augenhöhe mit dem Vorstand

Dabei sind allerdings die Anforderungen an Projektmanager hoch: Fachkompetenz, starke Nerven und Kommunikationstalent zeichnen sie aus. "Ein Projektmanager sollte extrovertiert und begeisternd sein, denn er muss sich immer wieder vor seine Leute stellen, Zusammenhänge erklären und motivieren", formuliert Mühlhaus und ergänzt: "Außerdem kommuniziert er auf Augenhöhe mit dem Vorstand, der häufig Auftraggeber des Projekts ist."

Irritationen entstehen in vielen Unternehmen und Organisationen dadurch, dass sich aufgrund knapper Personalressourcen die Arbeiten in der Projekt- und der Linienorganisationen oft überschneiden. "Zumindest in der Praxis mittelständischer Betriebe werden Projektaufträge regelmäßig neben den Linienaufgaben wahrgenommen", gibt Renfer zu bedenken. Hinzu kommt, dass Methoden der agilen Softwareentwicklung die starren Grenzen zwischen den Welten zunehmend aufheben – auch wenn viele Firmen noch zwischen Linien- und Projektaufgaben differenzieren. Auch lassen sich gut ausgebildete IT-Spezialisten nur ungern in ein Korsett zwängen. Sie wollen nicht nur im Projekt, sondern auch im Tagesgeschäft mitreden und eigene Ideen einbringen. "70 Prozent der KfW-Angestellten sind Akademiker. Die wollen mitgestalten", beobachtet Mühlhaus.

CIO Renfer beobachtet vor allem bei jüngeren Mitarbeitern, dass sie sich auch für Linienaufgaben Gestaltungsspielraum und Freiheitsgrade wünschen. "Agilität spielt zunehmend auch in der Linie eine Rolle. Gerade jüngere Beschäftigte erwarten Flexibilität in der Aufgabenerledigung. Sie wollen häufig nicht mehr in starren, sondern in fluiden Prozessen arbeiten." Diese Forderungen könnten Firmen nicht ignorieren, ist Renfer überzeugt. Dafür kenne der IT-Nachwuchs seinen Marktwert zu genau. "Jüngere bewerben sich heute mit einem sehr gesunden Selbstbewusstsein. Sie wissen, dass die Firmen auf sie warten." (hk)

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