Neuer Gesetzentwurf der Bundesregierung

Lizenzen: Was tun bei Insolvenz?

19.11.2007
Von Katharina Scheja
Derzeit sind Lizenzverträge über Rechte am geistigen Eigentum in Deutschland grundsätzlich nicht insolvenzfest. Die Bundesregierung hat die dazugehörige Problematik erkannt. Rechtsanwältin Dr. Katharina Scheja zum aktuellen Gesetzesentwurf.

Derzeit sind Lizenzverträge über Rechte am geistigen Eigentum in Deutschland grundsätzlich nicht insolvenzfest. Das bedeutet, dass im Insolvenzfall der Insolvenzverwalter die Wahl hat, ob das in Insolvenz geratene Unternehmen den Lizenzvertrag weiterhin erfüllt oder nicht.

Grundsätzliches Wahlrecht

Dieses Wahlrecht besteht bei Lizenzverträgen, die eher mietvertraglich einzuordnen sind (befristete Rechtseinräumung, wiederkehrende Lizenzgebühren; häufig bei patent- und markenrechtlichen Lizenzverträgen gegeben), grundsätzlich immer. Aber auch bei eher kaufrechtlich ausgestalteten Lizenzverträgen (unbefristete Rechtseinräumung, einmalige Lizenzgebühr; häufig bei Softwarelizenzverträgen gegeben) kann unter bestimmten Voraussetzungen ein Wahlrecht bestehen.

Wählt der Insolvenzverwalter bei Insolvenz des Lizenzgebers Nichterfüllung, entfällt das Nutzungsrecht für den Lizenznehmer. Dadurch können für den Lizenznehmer erhebliche wirtschaftliche Schäden entstehen, die in einzelnen Fällen sogar schon zu weiteren Insolvenzen geführt haben.

Die Bundesregierung hat diese Problematik erkannt und einen Gesetzesentwurf in die Diskussion eingebracht, der Abhilfe schaffen soll. Nach § 108a des Ende August 2007 beschlossenen Gesetzentwurfs zur Änderung der Insolvenzordnung soll ein vom Schuldner als Lizenzgeber abgeschlossener Lizenzvertrag über ein Recht am geistigen Eigentum künftig mit Wirkung für die Insolvenzmasse fortbestehen.

Für vertragliche Nebenpflichten soll das nur in dem Umfang gelten, wie deren Erfüllung "zwingend geboten" ist, um dem Lizenznehmer eine Nutzung des geschützten Rechts zu ermöglichen. Schließlich soll der Insolvenzverwalter bei einem "auffälligen Missverhältnis" zwischen der vereinbarten und einer marktgerechten Vergütung berechtigt sein, eine Anpassung zu verlangen. In diesem Fall hat der Lizenznehmer ein Recht zur außerordentlichen Kündigung.

Die geplante Neuerung weist einige offene, teilweise noch diskutierte Punkte auf:

3 Ungeklärt sind zum einen die Auswirkungen auf Lizenzketten, bei denen ein Lizenzgeber (einer Unterlizenz) selber Lizenznehmer (der Hauptlizenz) ist und der Insolvenzverwalter bei dem "LizenznehmerLizenzvertrag" Nichterfüllung wählt.

Ferner beinhaltet die Einschränkung, dass die Masse nur zur Nutzung des Rechts "zwingend gebotene" Nebenpflichten zu erfüllen hat, erhebliche Unklarheiten. Unklar ist insbesondere die Abgrenzung von Haupt- und Nebenpflichten und welche Nebenpflichten für die Nutzung des Rechts nicht "zwingend geboten" sein sollen. Zu denken ist in diesem Zusammenhang bei der Softwarelizenzierung beispielsweise an Pflegeverpflichtungen.

Es bleibt bei der Problematik, dass Pflegeverpflichtungen ggf. vom Lizenzgeber nicht mehr erbracht werden. Nur durch vertragliche Regelung kann sichergestellt werden, dass der Lizenznehmer dann auf den Source Code zugreifen kann, um zum Beispiel Updates selbst zu erstellen oder Fehler zu beseitigen.

Schließlich erscheinen im Hinblick auf ein mögliches Anpassungsrecht des Insolvenzverwalters bezüglich der Lizenzgebühr die Kriterien "marktgerechte Vergütung" und "auffälliges Missverhältnis" zu unbestimmt.

Die vorgeschlagene Regelung wird voraussichtlich noch einige Änderungen erfahren. Daher ist es noch zu früh für eine abschließende Bewertung, die weitere Entwicklung wird zu beobachten sein. Das Gesetzgebungsverfahren soll bis zum Frühjahr 2008 abgeschlossen werden. Nach dem derzeitigen Diskussionsstand ist aber nicht zu erwarten, dass alle vorstehenden Problempunkte wirklich durch die Neufassung gelöst werden

Die DGRI (Deutsche Gesellschaft für Recht und Informatik) hat eine Stellungnahme mit verschiedenen Formulierungsvorschlägen eingebracht (abrufbar unter: http://www.dgri.de/dateien/stellungnahmen/stellungnahme_070907_inso-e.doc). Es wird aber jedenfalls bis auf weiteres bei der Notwendigkeit sorgfältiger vertraglicher Gestaltung unter Berücksichtigung der zu diesem Themenkreis ergangenen Rechtsprechung bleiben. MF

Dr. Katharina Scheja

ist seit 1990 als Rechtsanwältin tätig und Partnerin der Sozietät Heymann und Partner in Frankfurt. Zu ihren Spezialgebieten gehören EDV-, Urheber-, Patent- und Lizenzvertragsrecht sowie Outsourcing.

Kontakt und Infos:

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