Ankündigung von Redcoon-Chef Sinner

Media-Saturn will Online-Gruppe auf zwei Milliarden Euro führen



Matthias Hell ist Experte in Sachen E-Commerce und Retail sowie  Buchautor. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in renommierten Handelsmagazinen und E-Commerce-Blogs. Zuletzt erschien seine Buchveröffentlichung "Local Heroes 2.0 – Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel".
Redcoon-Chef Martin Sinner hat angekündigt, die Ende 2014 gegründete Electronics Online Group von Media-Saturn auf einen Umsatz von zwei Milliarden Euro zu führen. Dafür setzt Sinner neben dem klassischen Online-Handel auch auf neue Geräte und Geschäftsmodelle.

Auf dem "K5 Capital Day" des Fachblogs Exciting Commerce hat Redcoon-Chef Martin Sinner erstmals Auskunft über seine Ziele bei Media-Saturn gegeben. Der 47-jährige Manager – Gründer und lange Zeit Geschäftsführer des Preisvergleichers Idealo.de – war Ende 2014 zu Media-Saturn gewechselt und soll dort neben der Führung des Elektronikversenders Redcoon vor allem den Aufbau der neu gegründeten Electronics Online Group (EOG) vorantreiben.

Sinner sprach auf dem "K5 Capital Day" in einem Programmblock mit den Leitern der Digitalsparten von Tengelmann und Rewe – ein gut gewählter Kontext, schließlich soll auch die EOG für eine Modernisierung des weiterhin recht traditionell geprägten Handelsschwergewichts Media-Saturn sorgen.

Dem Konferenzpublikum erklärte Martin Sinner zunächst seine Absichten bei Redcoon. Der Elektronikversender habe bekanntlich Probleme: Nachdem der Einkauf lange Zeit stark graumarktlastig ausgelegt gewesen sei, stelle man nun auf traditionelle Lieferanten um, was auch technisch eine erhebliche Herausforderung sei. Überhaupt gelte es nun, wo Redcoon die Umsatzmarke von 500 Millionen Euro passiert habe, viele Systeme erneuern.

Die Warenwirtschaft des Online-Händlers stamme beispielsweise noch aus der Gründungszeit um 2004, was heute zu erheblichen Skalierungsproblemen führe. In seiner übergeordneten Rolle bei Redcoon kündigte Martin Sinner an, vor allem drei Ziele zu verfolgen: das Wachstum des Elektronikversenders voranzutreiben, dabei aber eine höhere Profitabilität zu erzielen und Redcoon dort, wo es Sinn macht, stärker mit Media-Saturn zu verzahnen.

"Es geht um mehr, als nur Onlineshops zu kaufen": Redcoon/EOG-Chef Martin Sinner auf dem K5 Capital Day über die künftigen Zukäufe.
"Es geht um mehr, als nur Onlineshops zu kaufen": Redcoon/EOG-Chef Martin Sinner auf dem K5 Capital Day über die künftigen Zukäufe.

Wie Martin Sinner erklärte, soll in die EOG als zweite Säule neben Redcoon eine Reihe künftiger Zukäufe integriert werden. Dabei werde es sich um Handelsunternehmen handeln, aber auch um Service-Anbieter. "Es geht um mehr, als nur Onlineshops zu kaufen, nämlich um den Aufbau einer Shared-Services-Struktur bei Media-Saturn", kündigte Sinner an. Elektronik stelle für die Akquisitionspolitik der EOG zwar einen Startpunkt dar, doch gehe es grundsätzlich um digitale Geschäftsmodelle, auch im stationären Bereich. Die Online-Gruppe könne Media-Saturn so bei der eingeleiteten Zentralisierung bisher dezentral organisierter Bereiche unterstützen.

Neue Handelsmodelle für das Internet of Things

Angesprochen auf seine Ziele für die Entwicklung der EOG in den nächsten zwei bis drei Jahren, ließ Martin Sinner erkennen, dass es ihm nicht nur um digitale Experimente geht, sondern durchaus um konkrete Zahlen: das Ziel sei es, die EOG bis 2017/18 auf ein Umsatzniveau von zwei Milliarden zu führen. Redcoon werde ebenfalls weiter an Fahrt aufnehmen und dann zwischen 600 und 700 Millionen Euro zum Umsatz der Online-Gruppe beisteuern. Zwar weist Media-Saturn die aktuelle Umsatzhöhe von Redcoon nicht mehr aus, doch ist davon auszugehen, dass der Elektronikversender 2014 ähnlich wie Notebooksbilliger.de und Cyberport sich rund um die Umsatzmarke von 600 Millionen Euro bewegte.

Beim "K5 Capital Day" ließ Martin Sinner auch durchblicken, mit welchen Strategien er die ehrgeizigen Umsatzvorgaben erfüllen will. Als interessanteste Neuerung auf dem Markt würdigte der Manager den Erfolg des britischen Haushaltsgeräte-Händlers AO.com: "AO.com nimmt eine Konsolidierung der Branche vorweg, weil das Unternehmen seine Marge nur aus Upselling-Services erwirtschaftet."

Der britische Online-Händler habe gar nicht das Ziel, Geld mit dem Hardware-Handel zu verdienen. AO.com verkaufe Haushaltsgeräte quasi zum Einkaufspreis und setzte stattdessen darauf, an Zusatzservices wie Finanzierung oder Versicherungen zu verdienen. Von der einmaligen Transaktion habe das Unternehmen den Fokus auf den Customer Lifetime-Value verschoben.

Für Martin Sinner ist AO.com damit ein Beispiel für die Richtung, in die sich der Elektronik-Online-Handel generell in den nächsten Jahren entwickeln werde. Auch bei Internet-of-Things-Themen nehme die Hardware im Vergleich zu den damit verknüpften Services eine untergeordnete Rolle ein. "Das ist ein Konsolidierungsthema, denn ein kleiner Händler schafft es nicht, eine eigene Internet-of-Things-Plattform aufzubauen." Als neue Player würden sich stattdessen Markenhersteller mit eigenen Stores etablieren, so wie es Apple bereits vormache. "Mit der EOG will Media-Saturn diese Entwicklung mitgestalten. Wir können es uns nicht leisten, uns nur auf den E-Commerce zu fokussieren, so wie er heute ist."

"Dass man jemand wie mich in das Unternehmen geholt hat, ist ein klares Statement dafür, dass die Erfordernisse der Zeit erkannt wurden": Idealo-Gründer Martin Sinner wechselte im November 2014 zu Media-Saturn.
"Dass man jemand wie mich in das Unternehmen geholt hat, ist ein klares Statement dafür, dass die Erfordernisse der Zeit erkannt wurden": Idealo-Gründer Martin Sinner wechselte im November 2014 zu Media-Saturn.

Wie viel Rückhalt hat der EOG-Chef?

Das sind ambitionierte Ziele – vor allem in einem Handelskonzern, in dem schon der Einstieg in den Online-Handel mit jahrelanger Verspätung erfolgte und in dem ein anhaltender Gesellschafterstreit regelmäßig neue Hindernisse aufwirft. Doch Martin Sinner ist optimistisch, seine Ziele bei Media-Saturn verwirklichen zu können: "Dass man jemand wie mich in das Unternehmen geholt hat, ist ein klares Statement dafür, dass die Erfordernisse der Zeit erkannt wurden."

Auch beim Aufbau seines Teams erhalte er Unterstützung, die richtigen Leute für die EOG zu gewinnen, erklärte Sinner. Während die neu gegründete Online-Gruppe derzeit noch in den Räumen des Media-Saturn-Marketingtochter Redblue angesiedelt sei, werde die EOG voraussichtlich im Juli ein eigenes Büro in zentrale Lage in München beziehen. "Es entsteht dabei eine Art Labor-Charakter", kündigte Martin Sinner an.

Neben soviel digitaler Innovation will der EOG-Chef aber auch die traditionellen Strukturen bei Media-Saturn nicht vergessen: Zusätzlich zu der bereits gefundenen Incentivierung, mit der stationäre Marktleiter an Online-Umsätzen beteiligt werden, wolle man hier noch zusätzliche Lösungen entwickeln - ein redliches Ziel und wohl auch ein Stück eigene Zukunftssicherung für den Digital-Vorreiter bei Media-Saturn. (rw)

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