Konkurrenz durch E-Commerce

Medimax und Expert gehören zu den am stärksten bedrohten Händlern



Matthias Hell ist Experte in Sachen E-Commerce und Retail sowie  Buchautor. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in renommierten Handelsmagazinen und E-Commerce-Blogs. Zuletzt erschien seine Buchveröffentlichung "Local Heroes 2.0 – Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel".
Glaubt man den Unterhaltungselektronik-Verbundgruppen, sind sie für den Wettbewerb mit dem Online-Handel gut gerüstet. Eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner listet Medimax und Expert jedoch auf Platz 2 und 3 der am stärksten bedrohten Händler.
Wie eine Ohrfeige: Medimax ist laut einer Studie der am stärksten vom E-Commerce bedrohte Elektronikhändler.
Wie eine Ohrfeige: Medimax ist laut einer Studie der am stärksten vom E-Commerce bedrohte Elektronikhändler.

"Selbst ein Umsatzanteil von 50 Prozent muss im Elektronikhandel auf Dauer nicht die Grenze sein. Da dürfte noch viel Fläche für Wohnraum in den Innenstädten frei werden." Mit dieser Kampfansage zitiert die Wirtschaftswoche in ihrer aktuellen Ausgabe Notebooksbilliger-Chef Arnd von Wedemeyer. In dem Bericht geht es um die Bedrohung des stationären Handels durch die Online-Konkurrenz.

Eine zentrale Rolle spielt in dem WiWo-Beitrag ein von der Münchner Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber & Partner erstelltes Ranking, das diejenigen Handelsunternehmen auflistet, die von dem voranschreitenden E-Commerce-Trend am stärksten gefährdet sind. Darunter finden sich auch viele bekannte Namen aus dem Elektronikhandel.

So rangieren die EP-Tochter Medimax und die Verbundgruppe Expert mit einem "Bedrohungsgrad" von 81,2 bzw. 78,6 Punkten (von 100 möglichen Punkten) auf den Plätzen 2 und 3 der am stärksten gefährdeten Händler. Nur der Spielwaren-Verbund Vedes erzielte mit 84,0 Punkten ein schlechteres Ergebnis. Basis für die Negativ-Rangliste ist eine repräsentative Befragung von 8.000 Kunden. Diese sollten beurteilen, welche Waren von ihnen besonders gerne online gekauft werden und wie sie das E-Commerce-Angebot der wichtigsten stationären Händler einschätzen. Ergänzt wurde die Ermittlung des "Bedrohungsgrads" durch eine Expertenbewertung der Online-Aktivitäten der untersuchten Handelsmarken.

Wie eine Ohrfeige

Sowohl für Medimax wie auch für Expert dürfte das Studienergebnis einer Ohrfeige gleichen. "Unsere Aufgabe ist es, den Kunden, die überwiegend stationär kaufen, das bestmögliche Angebot zu machen", erklärt EP-Chef Friedrich Sobol dennoch in den WiWo-Artikel zu der Studie. Gegenüber ChannelPartner formulierte Expert-Vorstand Volker Müller die Absage an den E-Commerce sogar noch deutlicher: "Expert braucht keine Online-Umsätze im großen Stil". Der Berater und Studienautor Johannes Berentzen sieht das dezidiert anders: "Wer seine Hausaufgaben nicht macht, wird auf der Strecke bleiben." Angesichts der deutlichen Umsatzverschiebung in Richtung Online könnten sich die Handelsunternehmen ein Abseitsstehen beim E-Commerce nicht leisten.

Noch viel mehr "bedrohte" Händler - aber wenig Lösungsvorschläge

Neben Medimax und Expert finden sich in dem Ranking noch viele weitere bekannte Namen aus der Elektronikbranche: ElectronicPartner kommt mit einem "Bedrohungsgrad" von 73,0 auf den 11. Platz, die beiden Konzernschwestern Media Markt und Saturn folgen mit 71,6 bzw. 68,0 auf den Rängen 17 und 25. Auch der dritte große CE-Verbund Euronics ist nach Ansicht von Dr. Wieselhuber & Partner gefährdet: Mit 69,9 "Bedrohungspunkten" rangiert die Verbundgruppe, die gerade ein neues Multichannel-Konzept angekündigt hat, auf dem 20. Platz. Selbst das gerne als Multichannel-Vorreiter gefeierte Conrad Electronic findet in den Augen der Studienautoren keine Gnade und landet mit 56,5 Punkten auf Rang 47.

Bei so viel Kritik stellt sich allerdings schnell die Frage nach den Gegenrezepten: Elektronikhändler sollten zum Beispiel an sperrigen TV-Geräten einen Hinweis befestigen, wonach der Artikel auch aus dem Onlineshop der Händler bestellt und geliefert werden könne, heißt es in der Studie. Oder Produkt-Service-Kombinationen anbieten, welche die reine Preisvergleichbarkeit erschwerten – alles keine weltbewegenden Lösungsvorschläge.

Genau hier dürfte auch für die in dem Negativ-Ranking aufgeführten Händler der wichtigste Trost liegen: Bislang kennt keiner ein Patentrezept für den Umgang mit dem kanalübergreifenden Einkaufsverhalten der Kunden. Und auch die in der Studie standardmäßig aufgeführten Online-Konkurrenten Notebooksbilliger, Cyberport und Amazon befinden sich, was die Nachhaltigkeit ihres Geschäftsmodells betrifft, noch keineswegs auf dauerhaft sicherem Grund.

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