Mehr Geld für Reisende

11.05.2006
Für Arbeitnehmer, die ständig unterwegs sind, hat der Gesetzgeber besonders komplizierte Steuerregelungen geschaffen. Diese sind in der Regel zum Nachteil der Steuerzahler - doch nun hat sich der Bundesfinanzhof auf die Seite der Angestellten geschlagen.

Von Marzena Fiok

Gute Geschäfte macht man vor Ort beim Kunden. Berater, IT-Spezialisten oder Monteure, die diesen Kaufmannsgrundsatz beherrschen, müssen sich in einer weiteren Disziplin gut auskennen: dem deutschen Steuerrecht.

Denn für Arbeitnehmer, die ständig unterwegs sind, hat der Gesetzgeber besonders komplizierte Regelungen und Fallunterscheidungen geschaffen. Diese wurden in der Regel zum Nachteil der Steuerzahler formuliert - schließlich braucht Vater Staat immer mehr Geld. Doch jetzt hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einigen Urteilen dem Steinbrück-Ministerium einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht.

Das höchste deutsche Steuergericht hat sich in den meisten Fällen auf die Seite der Arbeitnehmer geschlagen (Az.: VI R 7/02, VI R 70/03, VI R 15/04, VI R 16/04, VI R 25/04, VI R 34/04, VI R 43/03). Das Bundesfinanzministerium reagierte notgedrungen auf die Urteile und konkretisiert in einem Erlass (IV C 5 - S 2353 - 211/05) die neue Rechtslage.

Eine ganz wichtige Neuerung betrifft dabei Beschäftigte, die länger als drei Monate in einem Kalenderjahr nicht am Schreibtisch in ihrem Unternehmen arbeiten, sondern ausschließlich vor Ort bei ständig wechselnden Kunden sind. Hier wurden die Finanzämter in der Vergangenheit bei Überschreiten des Drei-Monats-Zeitraums knauserig und kürzten die Steuervorteile.

Damit ist es jetzt endgültig vorbei: Die neue Rechtslage beschert Betroffenen Jahr für Jahr um einige tausend Euro höhere Werbungskosten. Zum einen dürfen Betroffene jetzt für alle Fahrten 30 Cent pro zurückgelegtem Kilometer geltend machen. Bisher wurde dieser Bonus um die Hälfte dieses Betrages gekürzt, sobald die Drei-Monats-Grenze überschritten war. So wurde die Fahrt zum Kunden ab diesem Zeitpunkt steuerlich nicht mehr wie eine Dienstreise behandelt, sondern wie eine Fahrt zur Arbeit. Die dann nur noch gewährten 30 Cent pro Entfernungskilometer entsprechen 15 Cent pro gefahrenem Kilometer.

Zum anderen gewährt der Fiskus künftig stets die bei Dienstreisen üblichen Pauschalen für den Verpflegungsmehraufwand. Ist der Arbeitnehmer täglich mehr als acht Stunden unterwegs, kann er sechs Euro Kosten geltend machen, bei 14-stündiger Dienstreise zwölf Euro. Ist der Beschäftigte rund um die Uhr unterwegs, kann er 24 Euro Ausgaben pauschal ans Finanzamt melden. Bislang strich der Finanzbeamte diesen Zuschuss nach insgesamt dreimonatigen Kundenbesuchen völlig.

Auswirkung in der Steuererklärung 2005

Für die Beschäftigten können diese geänderten Regelungen schon in der Steuererklärung 2005, die bis Ende Mai 2006 fällig ist, zu einer deutlich höheren Erstattung führen, darauf weisen die Finanzexperten der ING-DiBa-Bank hin. In dem folgenden Beispiel winkt dem Steuerzahler eine um mehr als 500 Euro höhere Rückzahlung (unterstellter Steuersatz rund 30 Prozent): Verbringt ein Arbeitnehmer sechs Monate im Jahr vor Ort bei unterschiedlichen Kunden und fährt er täglich im Schnitt 120 Kilometer, kann er pro Arbeitstag 18 Euro mehr Werbungskosten absetzen (120 mal 0,15 Euro). Hinzu kommt noch eine mögliche Verpflegungspauschale von zwölf Euro. Das tägliche Werbungskosten-Plus beträgt also insgesamt 30 Euro. Auf drei Monate mit 63 Arbeitstagen hochgerechnet sind das exakt 1.890 Euro.

In einem Punkt hat sich jedoch die Position des Arbeitnehmers nicht verbessert: Betroffen sind Beschäftigte, die mehr als drei Monate täglich zum gleichen Kunden pendeln. Bei ihnen gilt nach wie vor der Schreibtisch beim Kunden wegen der langen Dauer des Einsatzes nach drei Monaten als regelmäßige Arbeitsstelle - mit den entsprechenden Nachteilen.

Neue Urteile auch mit Nachteilen

Die BFH-Urteile und die neuen Bestimmungen im Erlass des Bundesministeriums der Finanzen (IV C 5 - S 2353 - 211/05) haben in einigen Bereichen sogar Nachteile gebracht. So werden berufsbedingte Ausnahmeregelungen gestrichen. Bis jetzt konnten beispielsweise Arbeitnehmer, bei denen die Tätigkeit außerhalb des eigenen Firmensitzes durch die Art des Berufes vorausgesetzt werden konnte (zum Beispiel Bauleiter), die Steuervorteile für Dienstreisen nutzen. Und zwar unabhängig davon, wie lange sie an einem Ort arbeiteten. Diese Berufsgruppen werden ab jetzt wie jeder andere Arbeitnehmer behandelt. Sie müssen mit Kürzungen bei den Werbungskosten rechnen, wenn ein einzelner Einsatz länger als drei Monate dauert.

Für die bis zum 31. Mai fällige Steuererklärung des Jahres 2005 können die Betroffenen die Schlechterstellung aber noch vermeiden. Denn sie können für 2005 noch nach den für sie vorteilhaften alten Bestimmungen mit dem Finanzamt abrechnen. Der entsprechende Erlass sieht für diese Steuerzahler ein Wahlrecht vor. Ab der Steuererklärung für das Jahr 2006 ist der Steuernachteil aber unvermeidbar.

Ein weiterer Nachteil trifft alle diejenigen, die bei der vorübergehenden Abordnung zum Kunden nicht täglich pendeln wollen, sondern sich vor Ort ein Zimmer suchen. Diese Arbeitnehmer dürfen künftig keine doppelte Haushaltsführung mehr geltend machen. Die Finanzämter akzeptieren die Ausgaben für Bleibe und Möbel nicht mehr als Werbungskosten. Doch auch hier gewährt der Erlass des Bundesfinanzministeriums noch einmal eine Gnadenfrist für die Steuererklärung 2005.

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