IT-Messegipfel

Messemacher diskutieren Perspektiven von CeBIT & Co.

01.02.2010
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.


Simon Hülsbömer betreut als Senior Research Manager Studienprojekte in der Marktforschung von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE. Zuvor entwickelte er Executive-Weiterbildungen und war rund zehn Jahre lang als (leitender) Redakteur tätig. Hier zeichnete er u.a. für die Themen IT-Sicherheit und Datenschutz verantwortlich.

Alles ab ins Web? Wohl kaum!

CW: Warum dann nicht gleich die Messe im Web? Ich kann meine Verkaufsgespräche, meine Produktdemos und "Entdeckungsreisen" doch auch virtuell vornehmen, sogar zeitlich, örtlich und preislich weitaus differenzierter...

Raue: Dieser Entwicklung können wir uns natürlich nicht verschließen. Deshalb machen wir sie uns mit unseren Web-Angeboten zunutze. Was die Zukunft angeht, bin ich zutiefst überzeugt davon, dass Menschen sich auch weiterhin persönlich treffen wollen und Innovation nur im direkten Gespräch miteinander entsteht, weniger im Netz.

Kromer: Nach einer Fraunhofer-Untersuchung wird im Jahr 2020 lediglich 15 Prozent der Geschäftskommunikation über Telekonferenzsysteme laufen. Bleiben 85 Prozent, der Kontakte, die persönlich geknüpft werden. Ich stimme mit Herrn Raue überein, dass Innovationen nur so entstehen. Zwischenmenschlicher Kontakt schafft Vertrauen.

Degen: Das Internet kann eine Ergänzung sein, mit der ich mich besser auf eine Veranstaltung vorbereiten kann. Schauen Sie sich beispielsweise unsere großen Investitionsgütermessen an - das ist teilweise "Heavy Metal", was da an Maschinen aufgefahren wird. Und für den Fachmann ist doch nichts schöner, als solch eine Maschine zu streicheln.

CW: Das gilt aber für IT-Messen nur zum Teil: Software und Internet lassen sich nicht anfassen. Hinzu kommt, dass IT mehr und mehr zur Dienstleistung wird. Ist das nicht der Grund, warum das Messegeschäft in der IT-Branche in den vergangenen Jahren arg gelitten hat? Die Besucherzahlen sinken ständig.

Raue: Die Erfolgsparameter einer Messe sind heute andere als früher. Nicht mehr Quadratmeter, Aussteller- und Besucherzahlen entscheiden, sondern die Zahl der qualifizierten Leads, die die Unternehmen generieren können. Wenn man sich an die erste eigenständige CeBIT 1986 erinnert - was wurden da für Stände aufgefahren! Damals ging es vor allem darum, eine endlose Zahl neuer Hardware präsentieren zu können. Heute sind diese hardwarelastigen Messen im ITK Bereich vorbei.

CW: Wenn es um Lead-Generierung geht, warum kassieren die Messegesellschaften dann immer noch ab wie Immobilienfirmen - für vermietete Fläche nämlich?

Kromer: Es gibt bereits erste Experimente mit frequenzorientierten Preissystemen - wir werden sehen, wohin das noch führt. Was wir bereits haben, sind ergänzende Berechnungsmodelle, bei denen nach Abschluss einer Veranstaltung die Besucherfrequenz einzelner Stände mit verrechnet wird.

Raue: Bei der CeBIT hatten wir vor drei Jahren für den Messeteil der "Global Conferences" ein ähnliches Geschäftsmodell entwickelt, das den Break-even bereits erreicht hat: Aussteller, die dort zusätzlich Vorträge halten, zahlen noch etwas hinzu. Hier geht es über die reine Quadratmeterbetrachtung hinaus zu einer Nutzenkalkulation. Ein anderer Punkt sind die neuen Preissysteme bei den Eintrittskartengutscheinen, die unsere Aussteller an ihre Kunden verteilen..: Es gibt mittlerweile Flatrate-Modelle ab einer bestimmten Abnahmemenge. Wer als Aussteller für die Besuchergewinnung mehr tut, hat auch mehr Leistungen von uns.

Degen: Die Aussteller haben gerade in den vergangenen beiden Jahren ihre Messeausgaben sehr intensiv geprüft, die Bedeutung des Controllings wächst. Wir sind bereits vor längerem dazu übergegangen, den Nutzen für Aussteller und Besucher zu steigern, das Serviceangebot auszuweiten. Dennoch wollen alle Messegesellschaften - auch wir, die wir hier am Tisch sitzen - unsere Erlöse steigern. Wenn ein Mehrwert und eine Entlastung für die Aussteller als Nebeneffekt der Umstrukturierung entstehen, haben wir unser Ziel erreicht. Bezüglich der Preismodelle: Die Gesellschafter aller Messegesellschaften würden deutlich hinterfragen, wenn wir die realen Preise senken würden, nur weil die Aussteller andere Berechnungsmodelle wünschen.

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