Lizenzen und Cloud

Microsoft verspielt sein Vertrauen bei CIOs

Horst Ellermann ist Herausgeber des CIO-Magazins und Ambassador für CIOmove in Deutschland.

CIO.de: Was sollte denn Microsoft Ihrer Meinung nach tun?

Popp: Statt ständig neue Funktionen einzubauen, die den Anwender überfordern, könnte Microsoft mal ein Windows liefern, das nicht langsamer wird, sondern schneller. Ein konsolidierter Code, das wär mal etwas. Unnütze Routinen rauswerfen, historische Module geschickt auf Zukunftssicherheit umbauen - dafür würde ich bares Geld auf den Tisch legen, wenn ich zum Beispiel nur noch die Hälfte des Speichers benötige. Aber das habe ich in 20 Jahren Microsoft Windows leider noch nicht erlebt. Es ist eine kontinuierliche Verschlechterung von Leistungsfähigkeit, Kontinuität der Bedienoberfläche, Patch-Aufwand. Einem Software-Ingenieur bei uns in der Raumfahrt würde man das um die Ohren hauen.

Microsoft bringt aber in erster Linie neue Funktionen und weckt so die Begehrlichkeiten beim Anwender, der sich die Schwierigkeiten bei der Migration gar nicht vorstellen kann. Wir können bezeugen, dass die vielen Funktionen die Nutzer eher verwirren. Sie müssen komplett umlernen. Meine Botschaft an Microsoft: Verbessert die Produkte bezüglich Betreibbarkeit, Kompatibilität und Kontinuität, dann sind wir auch bereit, gutes Geld in die Hand zu nehmen.

Schott: Viele Anwender kommen sogar mit den älteren Versionen besser zurecht. Umso schlimmer, wenn man die dann nicht mehr erhält.

Der Zug für Windows Phone ist abgefahren

CIO.de: Und im Bereich Mobile? Wir reden jetzt seit fünf Jahren davon, dass es schön wäre, bekäme Microsoft Windows Phone genügend Stabilität und Akzeptanz der Anwender.

Schott: Microsoft ist seit mehr als zehn Jahren im Mobile-Geschäft aktiv und hätte die größten Potenziale. Wir würden liebend gern Microsoft Mobile einsetzen aufgrund der einfacheren Integration als bei iPhones und iPads. Und alle Geräte in einem System, das wäre aus Administrationssicht ein Traum. Aber bis vor wenigen Wochen gab es noch massive Einschränkungen bei der Verteilung von Zertifikaten und Profilen auf Windows-Mobile-Geräten. Nach wie vor werden nicht einmal Testgeräte mit Windows Mobile nachgefragt.

Ehbauer: Wir haben Apple als Mobile-Welt und ein paar BYOD-Geschichten mit Android.

Popp: Wir haben hauptsächlich Apple im Einsatz. Windows Phone ist ebenfalls erlaubt, aber bei den Mitarbeitern völlig ins Hintertreffen geraten. Nur einige strategische Pilot-Nutzer setzen es ein. Die letzten Versionen wurden bislang von den Anwendern nicht akzeptiert.

Schott: Wenn ich von 30 000 Nokia-Mitarbeitern 18 000 entlasse, sehe ich das als klares Zeichen, dass da nichts mehr zu erwarten ist. Ich sage "Mobile first", und schicke meine Mobile-Leute in die Wüste? Das ist das verkehrte Zeichen. Ich glaube, der Zug für das Windows Phone ist abgefahren.

CIO.de: Wie soll es nun weitergehen?

Popp: Dies ist eine Nachricht an Microsoft. Uns treibt eine berechtigte Sorge um diese innovative Firma, die sie mal gewesen ist. Wir wollen Microsoft eigentlich vor dem Untergang bewahren. Bei der derzeitigen Vorgehensweise aber verspielt Microsoft seinen Kredit bei den Kunden.

Ehbauer: Wir hoffen, dass Microsoft die Lage richtig erkennt und die Politik eines fairen Miteinanders wieder aufnimmt. Microsoft muss handeln, sonst tun es mittelfristig die Anwenderunternehmen. Das ist bei den Diskussionen im Kollegenkreis klar vorauszusehen.

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