Über die Lücke zwischen Usability-Daten und Web-Analytics-Werten

Mind the Gap - Erfolg im eCommerce ist planbar

Jakob Biesterfeldt, 42, ist ein UX-Urgestein: Bereits seit 2002 ist er im Bereich User Research tätig. Heute verantwortet er als Geschäftsleiter von UserZoom „Remote“-Studien mit Online-Teilnehmern für Großkunden aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Remote Usability Testing (RUT) ist für viele deutschsprachige Unternehmen noch Research-Neuland. Biesterfeldt sieht es als Herausforderung an, online-basierte Nutzerstudien im deutschsprachigen Raum zu etablieren, die in den USA und Großbritannien in den letzten Jahren bereits hohe Zuwachsraten verbuchen konnten. UserZoom ist eine internationale B2B Softwarefirma (SaaS) für online-basierte Nutzerstudien, die eine selbstentwickelte Software vertreibt. Durch die Arbeit für Google, Amazon, METRO oder BAUR gilt UserZoom als Marktführer in der Branche. Mehr zu UserZoom unter www.userzoom.de.
Wer im Unternehmen für die Web-Optimierung zuständig ist, dem wird dieses Szenario bekannt vorkommen: Es ist ein typischer Arbeitstag im Usability-Labor.

Eine Handvoll User führt unter Beobachtung Testaufgaben auf einer Website durch. User A findet, der Button sollte größer sein. User B, dass auf der Seite alles zu lange dauert und User C löst alle Aufgaben ohne Probleme. Das Ergebnis der Studie ist eine Sammlung an Usability-Problemen, Meinungen von acht Nutzern und einigen Ideen, die man zurück ins Büro nimmt.

Daten-Alltag im Unternehmen

Während man noch Aktionen aus der abgeschlossenen Nutzerstudie abzuleiten versucht, analysieren Kollegen einer anderen Abteilung gerade aktuelle Web-Analytics-Zahlen. Zwar können sie mehr Visits als letztes Jahr im gleichen Zeitraum verbuchen, die Conversion Rate ist jedoch leicht gesunken. Immer noch steigen die meisten Besucher auf den Produktseiten aus. Und während im A/B-Test Version B eine etwas bessere Konversionsrate zu verzeichnen hat, nehmen Käufer auf dieser Seite einen kleineren Warenkorb mit nach Hause.

Analysen werfen Folge-Fragen auf

Es scheint Alltag in vielen Unternehmen zu sein: Web-Controller konzentrieren sich auf Analytics-Daten, während Tests im Usability-Lab eher sporadisch stattfinden. Obwohl beide Ansätze helfen, Websites zu optimieren, generieren gewonnene Ergebnisse bisweilen mehr Fragezeichen als Handlungsempfehlungen. So erhält man über Analytics-Werte keine Gründe dafür, warum Nutzer auf Produktseiten aussteigen oder warum Seite B besser performt als Variante A. Auch die Frage, mit welchem Anliegen Besucher eine Seite aufsuchen, beantworten Analytics-Daten nicht. Sie geben nicht einmal Aufschluss darüber, wer die eigenen Website-Besucher eigentlich sind.

Usability-Labs sind nicht allgemein gültig

Auch Nutzerstudien im Labor lassen viele Punkte offen. Dabei ist die zentrale Frage für die Web-Optimierung: wie kann man messen, ob Anpassungen auf Grundlage von Usability-Test-Resultaten überhaupt etwas bringen? Wer Studien mit zehn Teilnehmern durchführt, weiß nicht sicher, ob die beobachteten Usability-Defizite die gesamte Nutzerschaft betreffen. Man weiß zwar, dass es ein Problem gibt. Doch sind die von den Teilnehmern benannten Punkte wirklich so schwer wiegend? Wie valide sind die gewonnenen, qualitativen Daten und wie kann man diese nutzen, um Vergleiche anzustellen?

Den Daten-Gap schließen

Um die Lücke zwischen quantitativen Analytics-Werten und rein qualitativen Ergebnissen aus dem Usability-Labor zu schließen, benötigt man Nutzer, die Antworten auf offene Fragen geben und keine weiteren aufwerfen. Eine Möglichkeit dies zu erreichen, bieten so genannte User Research Tools. Die damit durchgeführten Online-Nutzerstudien befähigen Unternehmen nicht nur, statistisch auswertbare Daten von hunderten Teilnehmern zu erheben und User-Experience-KPIs zu messen. Man kann diese Web-Kennzahlen im Anschluss auch mit für das Unternehmen wichtigen KPIs korrelieren.

Das reale Conversion-Rate-Potenzial erhalten

Eine Herausforderung im Web-Controlling-Alltag ist es nicht nur, Konversionsraten zu messen, sondern diese auch realitätsnah vorherzusagen. Nur wer weiß, wie viele Website-Besucher "Looker" und wie viele "Booker" sind, kann Informationssuchende von potentiellen Käufern unterscheiden. So lässt sich die reale Conversion Rate einer Seite anhand der Nutzer bestimmen, die wirklich etwas kaufen möchten.

Mit Voice-of-the-Customer-Umfragen erhält man wichtige Kennzahlen, um diese Nutzerprofile realitätsnah abzubilden. Besucher surfen auf einer Seite und werden eingeladen, Feedback zu geben. Während sie auf der Seite unterwegs sind, öffnet sich ein Layer mit dem Text: "Dürfen wir Ihnen nach Abschluss Ihres Besuchs ein paar Fragen stellen?". Wenn der Besucher zustimmt, werden ihm Fragen gestellt, wie:

  • "Mit welchem Anliegen haben Sie unsere Website heute besucht?"

  • "Konnten Sie Ihr Anliegen erfolgreich erledigen?"

 Feedback-Layer einer Voice-of-the-Customer Umfrage.
Feedback-Layer einer Voice-of-the-Customer Umfrage.
Foto: UserZoom

Man findet nicht nur heraus, zu welchen Profilen Besucher gehören und wie viele Nutzer erfolgreich das tun konnten, was sie vorhatten. Über die Frage "Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie unsere Website weiterempfehlen?" misst man zudem den Zufriedenheitsgrad der Besucher.

Effektivität und Effizienz einer Website herausfinden

Wer über Web-Analysen statistisch relevante Daten erhalten möchte, sollte auch auf quantitative aufgabenbasierte Studien zurückgreifen. Nutzer führen dann mit ihrem eigenen PC, Smartphone oder Tablet Testaufgaben auf einer Seite durch und geben über Fragebögen Feedback. Die von der Usability-Software automatisch erfassten Erfolgsraten zeigen, wie viele Nutzer eine Testaufgabe erfolgreich durchführen und wie effektiv die Seite damit ist. Auch die Zeit für die Aufgabenbearbeitung wird aufgenommen und darüber erkannt, wie effizient die Website ist.

Mithilfe aufgabenbasierter Nutzerstudien lässt sich herausfinden, ob und wie schnell Nutzer das finden, wonach sie suchen.
Mithilfe aufgabenbasierter Nutzerstudien lässt sich herausfinden, ob und wie schnell Nutzer das finden, wonach sie suchen.
Foto: UserZoom

Kollektive Verhaltensmuster identifizieren

In Online-Studien werden nicht nur quantitative Surf-Werte von Teilnehmern aufgezeichnet und qualitatives Feedback eingeholt. Auch ihr Navigationsverhalten wird getrackt und Klickpfade erfasst. Anhand dieser Clickstreams lassen sich Verhaltensmuster erkennen, beispielsweise, wie Nutzer vorgehen, wenn sie sich über Sonderangebote informieren. In Verbindung mit Analytics-Projekten kann man so gewonnene Kundenvariablen im eigenen Web-Analytics-Tool integrieren. So erkennt man zukünftig relevante Nutzerprofile wieder und sieht, welche typischen Verhaltensunterschiede es zwischen Zielgruppen gibt. Für ein Reiseportal liefert dies zum Beispiel wertvolle Antworten darauf, wie sich Geschäftsreisende von Urlaubssuchenden unterscheiden.

Die Kombination ist der Schlüssel

Indem Web-Analytics und Online-User-Research kombiniert werden, erfährt man nicht nur was Besucher auf einer Website tun, sondern auch warum sie sich so verhalten. Nur auf diesem Wege erhält man Handlungsempfehlungen, wie eine Website optimiert werden muss. Unternehmen, die sich besonders intensiv um Customer-Experience kümmern, haben in der Aktienperformance der letzten sieben Jahre um satte 26 Prozent besser abgeschnitten als der S&P 500 Index. Unternehmen, die sich hingegen besonders wenig mit Customer-Experience beschäftigt haben, schnitten um über 50 Prozent schlechter ab.

Jakob Biesterfeldt, UserZoom: "Wer über Web-Analysen statistisch relevante Daten erhalten möchte, sollte auch auf quantitative aufgabenbasierte Studien zurückgreifen."
Jakob Biesterfeldt, UserZoom: "Wer über Web-Analysen statistisch relevante Daten erhalten möchte, sollte auch auf quantitative aufgabenbasierte Studien zurückgreifen."
Foto: UserZoom

Für weitere Ideen und auch Hinweise auf passende Tools sei die folgende Website empfohlen: www.measuringusability.com. (rw)

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