Digitalisierung kann auch so aussehen: Aus dem Wachhund wird ein Bewegungsmelder, aus dem Pförtner ein biometrisches Erkennungssystem und eine Fingerbewegung in der App ersetzt den Anruf beim Nachbarn, ob zuhause noch die Herdplatte eingeschaltet ist.
Das Angebot von digitalen Sicherheitsanwendungen ist vielfältig und täglich kommen neue Lösungen dazu. "Allgemein können wir beobachten, dass das Interesse am Thema Physical Security sehr hoch ist und der Markt starkes Wachstum verzeichnet", bestätigt Klaus Donath, Executive Director Value bei Ingram Micro. Auch bei Tech Data beobachtet man einen starken Anstieg in den letzten drei Jahren, der "vornehmlich aus dem klassischen SMB-Segment angetrieben war", wie Hormoz Vardeh, Business Unit Manager PC Components & Peripherals, bemerkt.
Für Rainer Büter, Leiter BU Hardware ITK, Netzbetreiber und Smart Home beim Nordhorner TK-Distributor ENO, gibt es zwei westliche Faktoren für den boomenden Markt: "Der Bereich wächst - nicht zuletzt durch steigende Einbruchszahlen und sinkende Preise der Systeme", erläutert er. "Einer der am häufigsten genannten Gründe für Endkunden, sich für Smart-Home-Lösungen zu entscheiden, ist der Sicherheitsaspekt von Gebäuden", ergänzt Anja Kratzer, Head of Product Management bei Komsa. Vor diesem Hintergrund sei "eine zunehmende Nachfrage nach Sicherheitslösungen" spürbar.
Hohe Nachfrage im Consumer-Segment
So wird das derzeitige Wachstum im ITK-Channel stark durch die Nachfrage im Consumer- und SMB-Segment getrieben. "Viele Errichter können sich nur schwer oder gar nicht von ihren gewohnten analogen Strukturen trennen", beschreibt Ingram-Value-Chef Donath das Problem. Das bremse die Vorwärtsbewegung derzeit noch aus. Zwischen B2C- und B2B-Segment gibt es weitere große Unterschiede, sowohl bei den eingesetzten Lösungen als auch in der Kundenansprache und den entsprechenden Fachhandelsstrukturen. "Die Produkte müssen vor allem schützen, sei es in der Videoüberwachung oder Zutrittskontrolle. Dennoch unterscheiden sie sich aus Sicht der technischen Anwendung enorm", bestätigt Donath. So habe ein B2B-Kunde deutlich höhere Anforderungen gegenüber der Technik und dem Leistungsumfang.
Für Anja Kratzer von Komsa verschwimmen aber mitunter die Grenzen: "Ist ein kleines privates Fitnessstudio, welches zum Schutz seiner teuren Geräte nach einer einfachen Plug-and-Play Lösung sucht, die sich vom Tablet aus steuern lässt, ein B2C-Kunde oder ein B2B-Kunde?", fragt sie. Das Beispiel zeige, dass es auf eine gezielte, individuelle Beratung ankomme, die ganz auf die Bedürfnisse des Kunden ausgerichtet ist.
Auch Klaus Donath sieht die Notwendigkeit, bei der Kundenansprache zu differenzieren: "B2B-Kunden informieren sich recht autark auf Fachmessen, Events und Webinaren, während der Endkunde noch mit dem klassischen Marketing-Mix gewonnen werden muss", meint er. So seien Verpackungen für den B2B-Channel meist einfach und farblos gestaltet und dienen tatsächlich nur dem Transport. Ganz im Gegensatz zum B2C-Kanal - die Ware komme hier meist in Retail Stores, wo der Endkunde durch die richtige Ansprache zum Kauf bewegt werden muss.
Trend zu einfachen Systemen
Die Digitalisierung der Sicherheitslösungen steht dabei noch am Anfang. So treiben neue Produkte, Lösungen und Innovationen das Wachstum. "Ganz klar den Trend zur Vernetzung der gesamten physikalischen Security Infrastruktur - also Kameras, Zugangskontroll- und Alarmsysteme. Dabei geht es um Einstiegssysteme bis hin zu Enterprise Sicherheitskonzepten", meint Tech-Data-Manager Hormoz Vardeh. So verzeichnet der Distributor im Einstiegsbereich eine starke Nachfrage nach einfachen Out-of-the-box-Lösungen, die ohne große Vorkenntnisse oder Adminaufwand zu betreiben sind. "Im Bereich Smart-Home-Security wird sich der Trend zu einfachen und komfortablen Systemen fortsetzen. Vor allem Systeme zur Einbruchsicherung werden stark nachgefragt, also Alarmanlagen, Bewegungsmelder, Überwachungskameras sowie die Überwachung über Tür- und Fensterkontakte", prognostiziert Komsa-Managerin Kratzer.
Im B2B-Segment sieht Klaus Donath einen starken Trend zu IP-basierten Produkten sowie in Richtung Analyse-Lösungen. "Die Vorbehalte gegenüber der Cloud scheinen sich zu verringern, denn Speichern in der Cloud (VSaaS) wird verstärkt nachgefragt", berichtet er. Immer häufiger kommen auch offene Schnittstellen zum Einsatz, um verschiedene Hersteller zu integrieren. Außerdem werden Systeme als Komplett-Dienstleistungen verkauft und finanziert, also ein Komplett-Paket aus Hardware, Software, Wartung, Cloud-Lösung.