Neue Chance für Ältere

13.07.2007
Von Dr. Christian
Dr. Christian Salzbrunn, Rechtsanwalt und Experte für arbeitsrechtliche Fragen, schreibt über das Gesetz zur Verbesserung der Beschäftigungschancen älterer Menschen.

Es ist allgemein bekannt, dass gerade unter älteren Beschäftigten tendenziell eine sehr viel höhere Arbeitslosenquote besteht als unter jüngeren Beschäftigten. Der Gesetzgeber ist daher schon seit mehreren Jahren mit mehr oder weniger großem Erfolg bestrebt, dies zugunsten von älteren Beschäftigten zu ändern.

Bereits im Jahre 2002 führte der deutsche Gesetzgeber in § 14 Abs. 3 S. 4 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz) eine Regelung ein, wonach Arbeitnehmer, die mindestens 52 Jahre alt waren, ohne sachlichen Grund und ohne zeitliche Grenzen befristet eingestellt werden konnten. Durch diese erleichterte Befristungsmöglichkeit wollte der Gesetzgeber einen Anreiz zur bevorzugten Einstellung älterer Menschen schaffen. Dabei hatte der Gesetzgeber seinerzeit aber nicht bedacht, dass gerade eine solche Regelung gegen das im Europarecht schon seit längerer Zeit verankerte Verbot der Altersdiskriminierung verstoßen könnte.

Es kam, wie es wahrscheinlich kommen musste: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erklärte diese Vorschrift im Jahre 2005 für europarechtswidrig und ordnete an, dass die deutschen Gerichte die bis dato bestehende Regelung in § 14 Abs. 3 TzBfG nicht mehr anwenden durften. Dies hatte zur Folge, dass Arbeitgeber eine solche sachgrundlose und zeitlich unbegrenzte Befristung mit älteren Arbeitnehmern nicht mehr vereinbaren konnten (EuGH, Urteil vom 22.11.2005, Az.: C 144/04 Rechtssache Mangold ./. Helm).

Es hat nun fast eineinhalb Jahre gedauert, bis der Gesetzgeber einen neuen Anlauf zur Umsetzung dieser - an sich sehr sinnvollen - Idee zur Förderung älterer Menschen wagte: Zum 1.5.2007 ist das "Gesetz zur Verbesserung der Beschäftigungschancen älterer Menschen" in Kraft getreten, mit dem die Befristung von Arbeitsverträgen neu einzustellender, älterer Arbeitnehmer neu geregelt wird.

Befristung des Arbeitsverhältnisses

Zwar wird auch nach der neuen Fassung des § 14 Abs. 3 TzBfG künftig eine kalendermäßige Befristung eines Arbeitsverhältnisses ohne das Erfordernis eines sachlichen Grundes möglich sein, sofern der Arbeitnehmer bei Beginn des Beschäftigungsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat. Neu ist aber, dass die Befristung zeitlich nur noch bis maximal fünf Jahre dauern darf, wobei allerdings innerhalb dieses maximalen Zeitraums die mehrfache Befristung des Arbeitsverhältnisses möglich ist. Neu ist aber auch, dass der betreffende Arbeitnehmer vor dem Eintritt in ein solches befristetes Arbeitsverhältnis mindestens vier Monate lang beschäftigungslos gewesen sein muss (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) beziehungsweise Transferkurzarbeitergeld erhalten oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme teilgenommen haben muss.

Gerade in der zurzeit andauernden konjunkturellen Hochphase mit einem ausgeprägten Mangel an Fachkräften besteht für Arbeitgeber nun die Möglichkeit, von dem Erfahrungsschatz älterer Mitarbeiter zu profitieren, ohne dabei auch die wirtschaftlichen Risiken einer Festanstellung tragen zu müssen.

Hieraus ergibt sich interessanterweise die nachstehende Folgefrage: Können Arbeitgeber nun unter diesem Gesichtspunkt sogar aktiv nach 52-jährigen und älteren Mitarbeitern suchen, um dieses Flexibilisierungsinstrument in Anspruch zu nehmen? Diese Frage hat ihre Berechtigung daraus, dass nach dem § 1 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) eine unterschiedliche Behandlung von Mitarbeitern aufgrund ihres Alters grundsätzlich nicht zulässig ist. Im Rahmen dessen ist eine Benachteiligung jüngerer Mitarbeiter nämlich genauso unzulässig wie eine Benachteiligung älterer Mitarbeiter. Es ist ersichtlich, dass aufgrund der Regelung in § 14 Abs. 3 TzBfG eine erhebliche Verbesserung der Einstellungsbedingungen für ältere Mitarbeiter einhergeht, wodurch wiederum jüngere Bewerber benachteiligt werden können.

Das AGG hält aber an zwei Stellen die Antwort für diese Frage parat: Nach § 10 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Dabei muss das angewandte Mittel angemessen und erforderlich sein. Es dürfte unbestritten sein, dass die Förderung älterer Menschen entsprechend dem Sinn und Zweck des § 14 Abs. 3 TzBFG ein solches angemessenes und vor allem legitimes Ziel auch im Sinne des AGG darstellt.

Darüber hinaus ist mit § 5 AGG festgeschrieben, dass unterschiedliche Behandlungen von Mitarbeitern dann zulässig sind, wenn durch geeignete und angemessene Maßnahmen bestehende Nachteile wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes verhindert oder ausgeglichen werden sollen. Der Gesetzgeber hat vor allem in seinen Gesetzesbegründungen zu § 5 AGG klargestellt, dass damit gezielte Maßnahmen zur Förderung bisher benachteiligter Gruppen (wie behinderter oder älterer Menschen) zulässig sind. Auch hier ist also ersichtlich, dass die bevorzugte Einstellung von älteren Mitarbeitern lediglich die für sie bislang bestehenden erheblichen Nachteile ausgleicht. Damit dürfte die aktive Suche nach älteren Mitarbeitern letztlich keine Benachteiligung jüngerer Mitarbeiter im Sinne des § 1 AGG darstellen.

Mehr Weiterbildung für ältere Mitarbeiter

Es sprechen daher einige Argumente dafür, eine bislang nur auf jüngere Mitarbeiter konzentrierte Einstellungspraxis zu überdenken. Denn flankierend ist darüber hinaus mit dem "Gesetz zur Verbesserung der Beschäftigungschancen älterer Menschen" das Modell des Kombilohns für Arbeitnehmer ab 50 Jahren (im Falle eines Anspruchs auf Zahlung von Arbeitslosengeld I von mehr als 120 Tagen) eingeführt worden. Auch sind die Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten von älteren Arbeitnehmern weiter ausgebaut worden. Ein Blick in dieses neue Gesetz kann sich daher lohnen. MF

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