Neue Vertriebstypen braucht das Land

19.07.2007
Industrie und Consumer brauchen neue, spezialisierte Vertriebstypen im Fachhandel - wie in den USA den "Installing Dealer Channel for Residential Markets", erklärt Michael Schidlack vom Bitkom.

Breitbanddurchdringung der Haushalte treibt Installation von Heimnetzwerken voran

In den USA werden Ende 2007 rund 58 Prozent aller Haushalte über einen Breitbandanschluss verfügen und 38 Prozent aller Haushalte über ein Heimnetzwerk. Nach einer Studie der MBG-Management Business Group, Bad Homburg (www.management-bg.com) wird ein Heimnetzwerk in den USA vor allem genutzt, um den Breitbandanschluss im Haushalt zu verteilen, kabellos auf Geräte Zugriff zu haben, auf Drucker gemeinsam zugreifen zu können sowie Inhalte zentral zu archivieren oder vom PC auf CE-Geräte zu übertragen beziehungsweise zwischen CE-Geräten (TV/Audio) auszutauschen.

Deshalb funktioniert in den USA eine vernetzte IT- und CE-Infrastruktur

In den USA gibt es - anders als in Deutschland - auf Konvergenzprodukte spezialisierte Vertriebstypen, die "Custom Installer". Diese verkaufen Geräte, betreuen Bauherren, Haus- und Wohnungseigentümer und vernetzen klassische CE- sowie neue ITK-Anwendungen miteinander. Es gibt spezialisierte Installer für bestimmte Anwendungsgebiete (zum Beispiel Home Theater, Audio Systems, Home Control) oder auch Generalisten für alle Technologien und Anwendungen.

Nach Schätzung von Bitkom und MBG lag 2006 der Gesamtumsatz aller Custom Installer zusammen bei acht Milliarden (!) Dollar (Hardware und Service). Diese verteilen sich hauptsächlich auf den Bereich Audioinstallationen mit rund 2,2 Milliarden, Home-Theater-Lösungen mit rund 2,1 Milliarden und Home-Control-Anwendungen für rund 1,6 Milliarden Dollar. Der Rest besteht aus Verkabelungen, Licht, Security und PC-Vernetzung. Der Markt ist nicht nur groß, er wächst auch weiterhin rasant.

Nach Untersuchungen von MBG setzen 58 Prozent der Custom Installer pro Jahr weniger als eine Million Dollar um, 22 Prozent zwischen ein und drei Millionen Dollar, 12 Prozent zwischen drei und neun Millionen und 8 Prozent über zehn Millionen Dollar. Rund 40 Prozent der Custom Installer konnten ihren Umsatz 2006 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 20 Prozent steigern. 34 Prozent haben bis zu vier fest angestellte Mitarbeiter, 26 Prozent zwischen fünf und zehn Mitarbeiter, weitere 11 Prozent zwischen elf und fünfzehn Angestellte.

Unterschied zwischen Custom Installer und klassischen CE- oder IT-Fachhändlern

Der Hauptunterschied liegt in der Breite der Technologiekompetenz und in der Tatsache, dass ein Installer sowohl Privat- als auch Geschäftskunden bedient.

Der Custom Installer beherrscht UE-, IT- und TK-Technologien und deren Integration im Haushalt, um Entertainment-Systeme individuell zu konfigurieren sowie Systeme und Komponenten in eine bestehende Infrastruktur von Zugangstechnologien und IT-Endgeräten zu integrieren.

Hauptkunden von Installern sind Familienhaushalte. Systeme werden aber auch in Konferenzräumen, Bürogebäuden, Schulen, Wohnmobilen, Flugzeugen, Booten, Warenhäusern oder Theatern installiert.

Was sind die Hemmschuhe in Deutschland?

In Deutschland ist der Vertrieb anders aufgebaut: Eine übergreifende Betreuung von Geschäftskunden und Privatkunden findet in der Regel nicht statt, ebenso ist in den seltensten Fällen Know-how zur IT-kompatiblen Vernetzung von TV- und Audioprodukten vorhanden.

Erklärungsbedürftige Konvergenzlösungen leiden in Deutschland derzeit (noch) unter einem regelrechten "Vertriebsvakuum". Bitkom sieht hier einen Hauptgrund für die zögerliche Adaption, innovative Konvergenzprodukte im deutschen Endkundenmarkt zu vermarkten: Installer stellen in den USA den Abverkauf von komplexen Lösungen sicher - hierzulande aber vermisst der Verbraucher ein verlässliches Markenbild einer Vertriebsform, an die er sich im Falle von privaten Wünschen der Heimvernetzung wenden kann, um Orientierung, Entscheidungssicherheit, Funktionssicherheit und Investitionsschutz in eine zukunftsfähige Infrastruktur zu bekommen.

Der Bitkom hat sich zum Ziel gesetzt, die Entwicklung des Installer-Markts auch in Deutschland zu fördern. Alles in allem ist das eine Chance für den Fachhandel: Das Endkundenpotenzial ist bereits heute vorhanden - nur wird es noch nicht in funktionierenden Geschäftsmodellen und abgestimmten Prozessen systematisch und mit einem entsprechend erkennbaren Außenauftritt angegangen. GO

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