DOAG-Jahrestagung

Oracle verärgert mit VMware-Lizenzierung



Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Die intransparente Lizenzierung von Oracle-Produkten verärgert deutsche Anwender. Der jüngste Aufreger betrifft Ausweitung der anfallenden Kosten in VMware-Umgebungen.

Die Jahrestagung der Deutschen Oracle Anwendergruppe e.V. (DOAG) ist das zentrale Treffen der hiesigen Oracle-User, um Erfahrungen auszutauschen, Neuigkeiten zu erfahren und persönliche Kontakte zu pflegen und zu knüpfen. Ein wichtiges Thema der diesjährigen Veranstaltung in Nürnberg vom 18. Bis zum 20. November war etwa der Wechsel auf die neue Datenbank-Version 12c, der vielen Anwendern im Lauf des kommenden Jahres bevorsteht, weil Anfang 2016 auch der erweiterte Support für alte Versionen ausläuft. "Großes Interesse besteht auch an der neuen in-Memory-Option, die von ersten Kunden bereits getestet wird", schilderte Dietmar Neugebauer, Vorstandsvorsitzender der DOAG, den Zuspruch in den knapp 450 Workshops der Veranstaltung.

Prinzip Gießkanne in der Lizenzierung von VMware-Umgebungen

Für eine Überraschung sorgte indes bei vielen DOAG-Besuchern ein ganz anderes Thema: In einem Workshop informierte das DOAG-Vorstandsmitglieds Michael Paege über die Lizenzierung von Oracle-Datenbanken, -Middleware und -Anwendungen in VMware-Umgebungen. Weil es in der virtualisierten Umgebung theoretisch möglich ist, virtuelle Maschinen innerhalb eines Clusters zwischen physikalischen Servern zu verschieben, müssen Kunden die Nutzung des gesamten Clusters lizenzieren, selbst wenn sie die Option nicht ausschöpfen.

Diese Praxis war bislang unter den Anwendern schon umstritten, wurde aber zähneknirschend hingenommen. Doch mit der VMware Version 5.1 (und höheren Releases) werden die Karten neu gemischt. Diese weiter entwickelten Ausführungen Virtualisierungs-Software erlauben es nämlich, die virtuellen Maschinen auch während der Laufzeit über Cluster-Grenzen hinweg innerhalb eines vCenters zu verschieben. Oracle nimmt das zum Anlass, in Audits Lizenzgebühren für sämtliche installierte Cluster eines vCenters einzufordern, was die Kosten in die Höhe treibt. Verschärft wird das Vorhaben auch dadurch, dass sich die veränderte Lizenzierungs-Praxis auch auf weitere vCenter durch gespiegeltes Storage erstrecken kann.

Im Zweifel für mehr Lizenzen

Grund für diese Regelung ist, dass Oracle VMware als Soft-Partitioning bewertet, so dass alle Server im Cluster beziehungsweise im vCenter (je nach VMware-Version) dieser Einordnung unterliegen. Weil die Verschiebung von Maschinen über Cluster-Grenzen hinweg innerhalb eines vCenters aber häufig nur mit Programmiereingriffen möglich ist, hätte Oracle mit etwas Wohlwollen diese Installationen auch nach der günstigeren Hard-Partitioning-Lizenzierung bewerten können, die - ursprünglich für den Betrieb auf Server-Partitionen vorgesehen - eigentlich immer dann zur Anwendung kommt, wenn manuelle Eingriffe erforderlich sind.

Um eine ausufernde Oracle-Lizenzierung zu vermeiden und sie nur auf wirklich betroffene Cluster zu begrenzen, rät Paege dazu, die Umgebung so zu konfigurieren, dass in einem vCenter nur Oracle-Produkte und in einem (oder mehreren) weiteren vCenter nur Lösungen andere Hersteller laufen. Wer absolut sicher gehen will sollte sogar die Storages voneinander trennen.

Kritik an intransparenter Kommunikation

Wann welche Lizenzierung greift, ist intransparent, beispielsweise unterliegt Oracles eigene Virtualisierungs-Lösung der Hard-Partitioning-Lizenzierung. Im Falle der VMware-Kunden hat sich Oracle für den aus Kundensicht teureren Weg entschieden.

Die DOAG sucht nun das Gespräch mit Oracle. Ob der Konzern seine Praxis ändert, ist ungewiss, doch die Anwendervertreter sind zuversichtlich, sich Gehör zu verschaffen und "zumindest bei den Verantwortlichen ein Bewusstsein für das Problem zu schaffen", kündigte Paege an. Verwunderlich ist beispielsweise, dass die Lizenzierung wie schon in der Vergangenheit weder schriftlich niedergelegt, noch offen kommuniziert wird. Erkennbar werden die zugrunde liegenden Regeln manchmal erst mit dem Audit der Software.

VMware 6.0 - folgt die nächste böse Überraschung

Eine Diskussion mit den Oracle-Experten ist auch deshalb wichtig, weil schon das nächste Streitthema erkennbar ist. VMware hat angekündigt, in der Version 6.0 die Laufzeit-Verschiebung von virtuellen Maschinen auch über vCenter-Grenzen hinweg zu ermöglichen. Gemäß der bisherigen Oracle-Logik müssten dann ein Anwenderunternehmen sämtliche vCenter lizenzieren, unabhängig davon, ob es tatsächlich Oracle-Software über Center-Grenzen hinaus verschiebt.

Es ist vor allem die schlechte Kommunikation, die Oracle angelastet wird. Das Vermitteln der neuen Lizenzierung-Regeln überlässt der Konzern seinen Partnern - oder eben der DOAG. Wenig verwunderlich ist daher, dass die Kunden mit dem Informationsfluss äußerst unzufrieden sind, wie eine Umfrage der non-Profit-Organisation The Campaign for Clear Licensing unter 100 Anwenderunternehmen zeigt. Auf die Frage "Sind die Audit-Anforderungen klar und leicht zu handhaben?", kreuzten 88 Prozent ablehnende Antworten an. Gar 92 Prozent sprachen Oracle eine klare und aufrichtige Kommunikation ab.

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