Postrelationale Datenbank-Tecchnologie

15.10.1998

DARMSTADT: Die zunehmende technische, vor allem aber auch logistische Vernetzung von Unternehmen stellt Anwendungsentwickler vor ganz neue Herausforderungen bei der Definition von Datenmodellen und Abläufen. Für unternehmenskritische Basisanwendungen, so schreibt Autor Michael Ihringer*, erfordert dies leistungsstarke, unternehmensweit skalierbare Applikationen für die Transaktionsverarbeitung. Denn sie müssen die komplexen Anforderungen des Informationsmanagement erfüllen.Betrachtet man die Datenbank-Technologie, die solchen Anwendungen zugrunde liegt, basiert diese heute noch weitgehend auf dem relationalen Modell. Zahlreiche Fachleute sind inzwischen jedoch der Meinung, daß sich viele der Anforderungen an moderne Transaktions-Anwendungen nur noch mit den sogenannten postrelationalen Datenbanksystemen bewältigen lassen. Ein bereits 1992 im amerikanischen Fachmagazin "BYTE" erschienener Artikel hält relationale Datenbanken zwar nach wie vor für viele Einsatzbereiche für geeignet, verlangt jedoch für realitätsnahe Anwendungen bereits ein postrelationales Modell. Ende 1997 konstatierte die Studie "Der wachsende Markt für innovative Datenbanksysteme", daß nur noch 20 Prozent der im Geschäftsleben vorkommenden Daten simpel strukturiert sind und sich damit zur Speicherung in relationalen Datenbanken eignen. Die verbleibenden 80 Prozent an komplexen Daten stellen demnach das Potential für den Einsatz innovativer postrelationaler Datenbanken dar.

Deren transaktionsorientiertes, multidimensionales Datenmodell und integrierte objektorientierte (OO) Funktionen machen diese zur idealen Technologie für komplexe Transaktionsverarbeitung

Grenzen des relationalen Datenbankmodells

Der Einsatz eines vereinfachenden, zweidimensionalen Datenmodells, das speziell für das Reporting optimiert ist, hat die relationalen Datenbanksysteme zur geeigneten Technologie für die Verarbeitung simpler Transaktionen und einfache Decision-Support-Anwendungen gemacht. Standardschnittstellen, Portierbarkeit und Unterstützung des Anwenders bei der Berichterstellung waren die wesentlichen Vorteile, die relationalen Datenbanken zu großer Beliebtheit verhalfen. Die damit verbundene weite Verbreitung relationaler Applikationen und Datenmodelle ist ein gewichtiges Argument für den Erhalt dieser Technologie.

Auf der anderen Seite limitiert genau diese Einfachheit des Datenmodells den Einsatz für moderne Applikationen, die effektiv mit komplexen Geschäftsmodellen umgehen müssen. Die dabei typischen mehrdimensionalen Datenstrukturen lassen sich nämlich nicht mehr direkt in flachen Tabellen abbilden. Unvermeidbare Folge ist eine geradezu explosionsartige Zunahme komplex verknüpfter Tabellen, die die realen Datenbeziehungen nur unzureichend wiedergeben. Entsprechend sind von einer Geschäftstransaktion oft Dutzende von Tabellen betroffen, was zu großen Problemen in der Softwarepflege führt und Anwendungslösungen erheblich begrenzen kann, vor allem bezüglich ihrer Performance und Skalierbarkeit.

Kriterien postrelationaler Datenbank-Technologie

Professionellen Anwendungsentwicklern sind diese Grenzen der relationalen Datenbank-Technologie hinreichend bekannt. Um die Anforderungen komplexer Geschäftsmodelle effektiv zu bewältigen, brauchen sie die Mittel der Objektorientierung. Jedoch steht dem flächendeckenden Einsatz objektorientierter Datenbanken die große installierte Basis relationaler Applikationen und der zugehörigen Datenmodelle im Weg. Als Ausweg aus diesem Dilemma erfreuen sich sogenannte postrelationale Datenbank-Managementsysteme steigender Beliebtheit. Sie sind für die Abbildung komplexer Geschäftsabläufe sowie die leistungsstarke Transaktionsverarbeitung für viele Anwender optimiert und erlauben gleichzeitig die weitere Nutzung der vorhandenen relationalen Anwendungen.

Damit sich die Vorteile dieser Technologie erfolgreich umsetzen lassen, sind bei der Auswahl der Datenbank jedoch einige Kriterien zu berücksichtigen. So ist für leistungsfähige transaktionsverarbeitende Anwendungen ein entsprechend transaktionsorientiertes, multidimensionales Datenmodell entscheidend. Eine komplett objektorientierte Anwendungsentwicklung sollte selbstverständlich sein, ebenso die vollständige Unterstützung aller Merkmale moderner Objekttechnologie wie Kapselung, Mehrfachvererbung, Polymorphismus und komplexe Objektstrukturen.

Wichtig für die Ausführung existierender relationaler Applikationen ist die integrierte SQL-Unterstützung. Eine einheitliche Definition für Objekte und Tabellen erlaubt ohne Mehraufwand die direkte Übernahme relationaler Datenmodelle, den Ablauf vorhandener relationaler Applikationen und die objektorientierte Entwicklung neuer Module beziehungsweise Applikationen. Relationale und objektorientierte Zugriffe sollten möglichst direkt auf die Datenbank erfolgen, um Performance-Einbußen zu vermeiden.

Fazit: Sanfte Migration mit Gewinn

Mit einer entsprechenden Datenbank-Technologie, die die genannten Kriterien erfüllt, lassen sich relationale Applikationen verlustfrei portieren und objektorientierte neue Module und Applikationen entwickeln, die ohne Semantikverlust auf die bestehenden Datenstrukturen zugreifen.

Das heißt, bei entsprechend sorgfältiger Auswahl des Datenbank-Managementsystems ist eine sanfte Migration von der relationalen in die objektorientierte Welt möglich. Für den Anwender bedeutet dies, daß die vorhandenen Applikationen weiter genutzt werden können, und zwar mit beachtlichen Gewinnen bei Transaktionsleistung und Skalierbarkeit.

* Michael Ihringer ist Marketing-Manager bei der InterSystems Deutschland GmbH in Darmstadt.

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