Verwertung im Zivilprozess

Private Videoaufnahme als Beweismittel



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Die Verwertung einer Videoaufnahme kann zulässig sein, wenn zum Zeitpunkt der Aufnahme noch kein bestimmter Zweck verfolgt wurde und das Video später der Beweissicherung dient.

Ob ein privat aufgenommenes Video in einem Zivilprozess zu Beweiszwecken verwendet werden darf, hängt von einer Interessenabwägung ab. Die Verwertung kann zulässig sein, wenn zum Zeitpunkt der Aufnahme damit noch kein bestimmter Zweck verfolgt wurde und das Video später der Beweissicherung dient. Darauf verweist der Wormser Fachanwalt für Strafrecht Jürgen Möthrath, Leiter des Fachausschusses "Ordnungswidrigkeiten-/Strafrecht" des VdVKA - Verband deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V. mit Sitz in Kiel unter Bezug auf eine Mitteilung des Amtsgerichts (AG) München vom 8.07.2013 zu seinem Urteil vom 6.06.2013, AZ 343 C 4445/13.

Am 30.5.11 kam es in München an der Kreuzung Tegelbergstraße/ Naupliastraße zu einem Verkehrsunfall. Ein Fahrradfahrer fuhr rechts neben dem Fahrer eines Smart Cabrios, der ihn dann überholte. Als der Pkw-Fahrer plötzlich abbremste, geriet der Fahrradfahrer ins Straucheln und fiel hin. Dabei verletzte er sich und auch sein Fahrrad wurde beschädigt.

Die Arzt- und Reparaturkosten von insgesamt 3.000 Euro wollte der Fahrradfahrer vom Autofahrer ersetzt bekommen sowie darüber hinaus ein angemessenes Schmerzensgeld. Schließlich habe dieser ihn absichtlich ausgebremst, um ihn zu maßregeln. Der Fahrer des Cabrios habe ihm nämlich vorher schon den "Mittelfinger" gezeigt, weil er sich beschwert habe, dass der Smart ihn zuvor ohne jeglichen Seitenabstand überholt habe. Er könne das alles auch beweisen, weil er seine Fahrradfahrt auf Video aufgenommen habe. Der Autofahrer weigerte sich zu zahlen. Es stimme so alles nicht und die Verwertung des Videos verletze ihn in seinen Grundrechten.

Daraufhin erhob der Fahrradfahrer Klage vor dem Amtsgericht München. Die zuständige Richterin wies die Klage jedoch ab, so Möthrath:

Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass der Fahrradfahrer den Unfall überwiegend selbst verschuldete. Das mitwirkende Verhalten des Autofahrers sei von so untergeordneter Bedeutung gewesen, dass eine Haftung nicht mehr in Betracht komme. Zu einer Berührung des Fahrrads mit dem Smart sei es nicht gekommen. Deshalb hafte der Autofahrer nicht automatisch schon wegen der Betriebsgefahr, die von seinem Auto ausgehe für die Folgen des Unfalls. Der Fahrradfahrer habe vielmehr ein Verschulden des Autofahrers zu beweisen. Dies sei ihm nicht gelungen.

Zunächst sei streitig gewesen, ob die Verwertung des Videos zulässig sei. Zur Beantwortung dieser Frage komme es auf die Interessen beider Parteien an, die gegeneinander abzuwägen seien. Hier führe die Abwägung zu dem Ergebnis, dass die Verwertung des Videos zulässig sei.

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