Software aus der Cloud

Projektmanagement beim Wacken Open Air

Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.
Anfang August wurde kleine Gemeinde Wacken in Schleswig-Holstein wieder von mehr als 80.000 Festivalbesuchern bevölkert. Mit einer Cloud-Collaboration-Lösung wurden die rund 140 Bands auf acht Bühnen gesteuert.
Acht Bühnen und mehr als 100 Bands: Mit einer Zusammenarbeit auf Basis von E-Mails und Druckern lässt sich die Aufgabe schon seit Jahren nicht mehr bewältigen.
Acht Bühnen und mehr als 100 Bands: Mit einer Zusammenarbeit auf Basis von E-Mails und Druckern lässt sich die Aufgabe schon seit Jahren nicht mehr bewältigen.
Foto: ICS Festival Service GmbH

Das Dorf Wacken im Kreis Steinburg kann man kaum verfehlen. Von Hamburg geht es erst nordwestlich Richtung Pinneberg, dann weiter nach Elmshorn, und hinter Itzehohe fährt man von der A 23 runter. Östlich von Wacken liegen die Tagebau-Restlöcher "Alsens Tongrube", und im Westen schwabbelt der Kanal zwischen Nord- und Ostsee.

Anfang August war in Wacken wieder die Hölle los. Mehr als 80.000 zahlende Besucher strömen für drei Tage aus ganz Europa zum "Wacken Open Air" (W:O:A), mit Sonderzügen aus der Schweiz und Bussen aus Österreich, Autos aus Skandinavien und Fahrrädern aus Moorhusen. Sie wollen zum größten Metal-Festival der Welt, dessen Anspruch "Louder than Hell" lautet und das traditionell schon im Vorjahr ausverkauft ist.

Die Cloud-Software soll das Chaos beherrschbar machen

Wie jedes Jahr hat Jürgen Lochbrunner als Production Chief Stagemanager das Chaos zwischen Musik, Alkohol und Dixi-Klos in geordnete Bahnen gelenkt. "Ich habe Regen, Schlamm, Stahl, Lastwagen, Technik und ausgelassene Menschen gesehen", erinnert sich der Projektleiter an frühere Jahre, "und ich habe viel Arbeit gesehen." Lochbrunner ist Chef der Bühnenproduktion, er kontrolliert als technischer Administrator des Züricher Event-Organisators Habegger AG acht Bühnen, 140 Bands und eine Million Details.

Die Bühnenproduktion ist das Herzstück. Jede Band hat eine eigene Anweisung mit einem Umfang von bis zu 30 A4-Seiten, in der alle Geräte aufgelistet werden. Klar ist aber auch: "Es sind viele Menschen beteiligt, die mit Projektmanagement nicht viel zu tun haben und in ihrem Leben als Künstler oder Musiker andere Prioritäten setzen", sagt Stagemanager Jürgen Lochbrunner.

"Entscheidend ist, dass alle Beteiligten die gleiche Dateiversion haben"

Zum Glück erleichtert die Technik vieles: Über ein Online-Meeting diskutiert er beispielsweise mit dem Lichtdesigner einer Band die richtigen Effekte für den Auftritt oder bestimmt die Positionen auf der Bühne. Durch die Freigabe der Maus kann man seinem Gegenüber auf einem anderen Kontinent direkt zeigen, auf welche Stellen der Bühne die Spots gerichtet werden.

Mit einer Zusammenarbeit auf Basis von E-Mails und Druckern lässt sich die Aufgabe schon seit Jahren nicht mehr bewältigen. Profile von Kontaktpersonen, Crew-Listen der 16 Technikdienstleister, Bühnenanweisungen der Bands und Geräteverzeichnisse, CAD-Zeichnungen, Lagepläne oder Brandschutzvorschriften werden inzwischen an einer zentralen Stelle vorgehalten und dort bearbeitet. "Entscheidend ist, dass alle Beteiligten die gleiche Dateiversion haben", sagt Lochbrunner.

In Summe geht es um rund 230 Personen, die im Stage-Management-Team arbeiten. Zugriff auf die Software "Projectplace", mit der W:O:A gesteuert wird, haben rund die Hälfte davon – die sind allerdings über die halbe Welt verteilt. Band-Manager sind ebenso dabei wie Techniker, Behördenvertreter, Rettungsdienste oder Journalisten. "Projektrelevante Dateianhänge in E-Mails sind bei uns verboten, denn sie kosten Zeit und verursachen Fehler."

Auf der nächsten Seiten erfahren Sie etwas über den technischen Hintergrund eines solchen Festivals.

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