"Rohdiamant mit großem Potenzial"

13.07.2007
Kaum noch Margen waren einer der Gründe, warum Lutz Müller Ende 2005, damals als General Manager für Europa und Nordamerika, dem Monitorhersteller Iiyama den Rücken kehrte. Über mangelnde Margen kann man sich beim Zubehöranbieter Belkin nicht beklagen.

Von Klaus Hauptfleisch

Kaum einer in der Welt der IT hat eine so steile Karriere hingelegt wie Lutz Müller. Frisch von der Universität, war er 1995 zunächst Assistent der Geschäftsleitung beim Monitorhersteller Iiyama und hat es binnen weniger als zehn Jahren zum General Manager für Europa und Nordamerika gebracht - bis er Ende 2005 den Hut nahm. Im März 2006 tauchte er dann als neuer D-A-CH-Chef bei dem amerikanischen Kabel-, Zubehör- und Netzwerkanbieter Belkin auf. Der dünnen Margen im Monitorgeschäft müde, begriff er das seit etwa fünf Jahren in Deutschland tätige Unternehmen als "Rohdiamanten mit riesigem Potenzial". Schließlich könne man dem Handel hier Margen von 25 bis sogar deutlich über 40 Prozent bieten.

Auch wenn Belkin in den zehn Jahren Europa-Erfahrungen mit dem bisherigen Copy&Paste-Geschäftsgebahren bereits recht erfolgreich war, will Müller dem "Gimchi-Effekt" entgegenwirken und Deutschland einen deutschen Stempel aufdrücken (siehe Kasten).

"Broadline-Hersteller"

Hauptsitz und größter Markt des Unternehmens in Europa ist mit 150 Millionen Euro Großbritannien, wo die Retail-Kette Dixons als wichtigster Partner rund die Hälfte des Marktes bestreitet. Mit der völlig anders gearteten Handelslandschaft und dem späteren Einstieg könne man sich in Deutschland nicht mit der großen UK-Schwester vergleichen, aber nach den neuesten Erfolgszahlen rechnet Müller dennoch mit 25 bis 30 Millionen Euro Umsatz in der Bundesrepublik. Der Bereich Kabel, mit dem Belkin groß geworden ist, mache nur noch 10 bis 15 Prozent vom Umsatz aus. Weit wichtiger seien mittlerweile die Bereiche Netzwerklösungen und MP3-Zubehör. Bei iPod-Zubehör sei man sogar schon die Nummer eins in Deutschland, bei WLAN und Wireless-Zubehör die Nummer zwei. Drittstärkstes Standbein sind KVM-Switches (Keyboard/Video/Mouse), die es ermöglichen, mehrere Computer mit nur einer Tastatur, einer Maus und einem Monitor zu steuern.

Mit einem Anteil von 30 Prozent ist Belkin laut Müller auch führender Anbieter im Markt für Überspannungsschutz, aber anders als in den USA werde das Thema in Deutschland noch nicht als so wichtig erachtet.

Anders als manche Mitbewerber wolle Belkin in jedem Bereich Klassenbester sein und so wie bei Überspannungsschutz Benchmarks in Qualität und Design setzen. Daher biete das Unternehmen auch keine Webcams und Lautsprecher an; aus dem Geschäft mit Tastaturen und Mäuse plane man den Rückzug, so der Deutschland-Chef. Mit Hama oft in einen Topf geworfen, sieht Müller in Belkin "nicht den Regalbestücker", der auf der Computex herumlaufe, um ein möglichst großes Portfolio von Produkten zu haben, sondern "den Produktentwickler und Regalbewirtschafter". Dazu gehöre auch, beste Qualität zu bieten, um den Kunden als "Wiederholungstäter" zu gewinnen.

Dennoch gewähre Belkin auf 97 Prozent aller Produkte eine lebenslange Garantie. Außerdem wolle man Lösungen verkaufen und nicht einfach nur Kabel und Zubehör. Deshalb kreiert das Unternehmen in Werbekampagnen und Messeauftritten Themenwelten wie "Belkin@Home", "Belkin@ Office" und demnächst "Belkin@ Radio". Ein Produktbereich, der Müller und Key Account Manager Dimitri Mechteridis besonders am Herzen liegt, sind FM-Transmitter für die kabellose Verbindung vom tragbaren Musik-Player zum Autoradio. Gerade hier gebe es noch ungeahntes Potenzial, zumal nur wenige Autoradios über einen Kabelanschluss verfügten. "Wir sind Broadline-Hersteller", klopft sich Mechteridis, bis 2005 langjähriger Mitarbeiter bei Ingram Micro, auf die Schulter.

Die Wurzeln: ein Kabel

Belkin ist eines der wenigen Milliardenunternehmen, das noch komplett in privater Hand ist. Zusammen mit Steve Bellow, der mitterweile ausgeschieden ist, hat CEO Chet Pipkin, beide als Namensgeber, das Unternehmen 1982/83 praktisch - wo sonst? - in einer Garage gegründet. Angefangen hat alles mit einem selbstgestrickten Computerkabel, das bald so überzeugte, dass man zwei Jahre später schon einen großen Deal mit Hewlett-Packard an Land ziehen konnte. Über eine Milliarde Dollar Umsatz weltweit und jährliche Plusraten von 35 Prozent brachten Belkin mit heute mehr als 1.000 Mitarbeitern schon mehrfach Preise als eines der am schnellsten wachsenden Privatunternehmen ein.

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