Gericht sieht Sachmangel bei Fahrzeug

Rückfahrkamera ohne Orientierungslinien



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Die aufgrund fehlender Orientierungslinien bestehende Funktionseinschränkung der Rückfahrkamera kann bei einem Mercedes Benz CLS 350 CDI einen erheblichen Sachmangel darstellen, der den Käufer zum Rücktritt vom Fahrzeugkauf berechtigt.

Der Erlanger Fachanwalt für Verkehrsrecht Marcus Fischer, Vizepräsident des VdVKA - Verband deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Kiel, verweist auf die Mitteilung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 26.01.2016 zu seinem rechtskräftigen Urteil vom 09.06.2015 (28 U 60/14). Danach kann die aufgrund fehlender Orientierungslinien bestehende Funktionseinschränkung der Rückfahrkamera bei einem Mercedes Benz CLS 350 CDI einen erheblichen Sachmangel darstellen, der den Käufer zum Rücktritt vom Fahrzeugkauf berechtigt.

Funktionseinschränkungen bei einem Kraftfahrzeug sind in der Regel nicht als geringfügig anzusehen.
Funktionseinschränkungen bei einem Kraftfahrzeug sind in der Regel nicht als geringfügig anzusehen.
Foto: M. Schuppich - Fotolia.com

Die klagende Firma aus Hattingen bestellte im März 2012 beim beklagten Autohaus in Hattingen einen Mercedes Benz, Typ CLS 350 CDI zum Preis von ca. 77.500 EUR, unter anderem mit der Sonderausstattung: Rückfahrkamera (400 EUR), aktiver Park-Assistent inklusive Parktronic (730 EUR) und Command APS (2.620 EUR). In einer der Klägerin von dem Verkauf überlassenen Verkaufsbroschüre ist in Bezug auf die Rückfahrkamera ausgeführt, dass sie sich automatisch beim Einlegen des Rückwärtsganges einschalte, den Fahrer beim Längs- und Quereinparken unterstütze und dass statische und dynamische Hilfslinien dem Fahrer Lenkwinkel und Abstand anzeigen würden.

Servicegutschein abgelehnt

Nach der Auslieferung des Fahrzeugs beanstandete der Geschäftsführer der Klägerin, dass die aktivierte Rückfahrkamera im Display des Commandsystems keine Orientierungslinien anzeige und erhielt die Auskunft, dass die Fahrzeugelektronik keine Anzeige von Hilfslinien ermögliche. Einen von der Beklagten angebotenen Servicegutschein i.H.v. 200 EUR lehnte die Klägerin ab und erklärte den Rücktritt vom Fahrzeugkauf.

Die Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrages war erfolgreich. Der 28. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat die Beklagte - unter Abzug einer von der Klägerin zu entrichtenden Nutzungsentschädigung - zur Erstattung des Kaufpreises in Höhe von ca. 62.500 EUR gegen Rückgabe des gekauften Mercedes Benz verurteilt. Das Fahrzeug weise einen erheblichen Sachmangel auf, so der Senat, weil die Rückfahrkamera keine dynamischen und statischen Orientierungslinien anzeige.

Verkaufsprospekt bedeutsam

Diese seien geschuldet. Die Klägerin habe aufgrund des ihr überlassenen Verkaufsprospekts ein Bild der Rückfahrkamera einschließlich dieser Hilfslinien erwartet. Dass dieser Aspekt für sie bedeutsam gewesen sei, zeige die von ihr in diesem Zusammenhang gewählte kostenträchtige Zusatzausstattung. Hinzukomme, dass der Mercedes bauartbedingt beim Blick nach hinten unübersichtlich sei und das Rückwärtsfahren wie das Einparken mit der gewählten Zusatzausstattung besonders erleichtert werde. Allein mit der ausgelieferten Rückfahrkamera seien der von der Klägerin gewählte Komfort und die Sicherheit beim Rückwärtsfahren und Einparken nicht gewährleistet.

Der Mangel sei auch nicht unerheblich. Dies zeige die bewusste Entscheidung der Klägerin für die teure Zusatzausstattung, die den Schluss zulasse, dass es ihr auch auf die angebotenen Funktionen dieser Zusatzausstattung ankomme. Zudem sei die durch die fehlenden Hilfslinien bestehende Funktionseinschränkung der Rückfahrkamera nicht als geringfügig anzusehen.

Fischer rät, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen unbedingt rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf den VdVKA - Verband deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V. - www.vdvka.de - verweist.

Weitere Informationen und Kontakt:

Marcus Fischer, Rechtsanwalt/Fachanwalt für Verkehrsrecht und Vize-Präsident des VdVKA - Verband Deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V., c/o Salleck + Partner, Spardorfer Str. 26, 91054 Erlangen, Tel.: 09131 974799-22, E-Mail: fischer@salleck.de, Internet: www.salleck.de

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