ERP-Softwarewartung

SAP-Kunden wehren sich

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Mehr Systemausfälle durch komplexe Technik

Der aus SAP-Sicht gestiegene Support-Bedarf passt nicht zu den Versprechen, die Komplexität der Lösungen sowie den Betriebsaufwand zu reduzieren. Seit rund fünf Jahren predigen die Konzernverantwortlichen mit der Enterprise Service Oriented Architecture (E-SOA) den eigenen SOA-Ansatz. Ihren Kunden haben sie damit wiederholt mehr Flexibilität und weniger Komplexität versprochen. Auf Basis der Business Process Plattform (BPP), die im wesentlichen aus der Integrationsplattform Netweaver und dem Enterprise Service Repository besteht, sollten Anwender in der Lage sein, einzelne Softwaremodule - auch verschiedener Hersteller - gemäß den firmenindividuellen Prozessen ohne großen Aufwand zu verbinden und zu integrieren.

Diese Rechnung scheint bisher jedoch nicht aufgegangen zu sein. "Wir sehen zurzeit wesentlich mehr Systemstillstände, die durch die Komplexität der Technik verursacht sind", gibt Hommel zu. Darüber hinaus werde es aufgrund der stärkeren Integration zunehmend schwerer zu unterscheiden, was ein SAP-Problem und was ein Nicht-SAP-Problem sei. Der Konzern habe jedoch nie vom Kunden einen Nachweis dafür verlangt, dass ein Störfall durch SAP-Code verursacht worden sei, versichert der SAP-Manager.

SAP-Wartungszyklen auf der Kippe?

Mit der geänderten Produktstrategie und dem neuen Supportmodell stehen offenbar auch die Wartungszyklen SAPs auf dem Prüfstand. Der Konzern hatte angekündigt, den Kern seines aktuellen Release ERP 6.0 in den kommenden Jahren stabil zu halten und Erweiterungen im Rahmen von Enhancement Packages auszuliefern. Diese sollen sich einfach im laufenden Betrieb des SAP-Systems einspielen lassen, und aufwändige Upgrade-Projekte wie in den vergangenen Jahren unnötig machen. Mit dem stabilen ERP-Kern stellt sich jedoch die Frage nach den Wartungszyklen. Bislang verfolgt SAP hier sein 5-1-2-Modell: Das heißt, ein Produkt wird vom Zeitpunkt seiner offiziellen Auslieferung fünf Jahre mit dem Standard-Support beziehungsweise seit neuestem mit dem Enterprise Support unterstützt. Es folgt ein Jahr erweiterte Wartung, für die SAP einen um zwei Prozentpunkte erhöhten Supportsatz verlangt. Für die beiden folgenden Jahr bietet SAP ebenfalls einen erweiterten Support an und verlangt dafür eine Gebühr, die vier Prozentpunkte über dem Grundsatz liegt. In der Standardwartung bedeutete dies Wartungssätze von 17 Prozent (fünf Jahre), 19 Prozent im sechsten Jahr und 21 Prozent im siebten und achten Jahr. In der Folge können Anwender kundenspezifischen Support für ihre Software bekommen. Die Wartungsgebühren reduzieren sich dabei wieder auf den ursprünglichen Grundsatz. Die Anwender erhalten jedoch keine gesetzlichen Änderungen für ihre Software.

Für ERP 6.0 wurde diese Regel bereits aufgeweicht. Obwohl bereits seit zwei Jahren auf dem Markt haben die SAP-Verantwortlichen die Wartungsuhr im März dieses Jahres auf null zurückgestellt. Damit bleibt das aktuelle Release insgesamt sieben Jahre bis 2013 in der Standard-Wartung. Wie es danach weitergeht, steht bis dato noch nicht fest. Laut den Statuten der 5-1-2-Wartung würden sich die Sätze in den darauf folgenden Jahren auf 24 beziehungsweise 26 Prozent erhöhen. Die weiteren Supportsätze nach fünf Jahren seien aber bislang nicht festgelegt, sagt Uwe Hommel, Executive Vice President für SAP Active Global Support. Zwar gelte Stand heute immer noch das 5-1-2-Modell. SAP-intern werde allerdings diskutiert, wie es mit der ERP-Suite weitergehen soll. Danach würde sich dann auch das weitere Wartungsmodell orientieren.

"Es wird schwerer für den SAP-Support", glaubt auch Christian Hestermann, Research Director von Gartner. Wenn das System still stehe, zeigten die Kunden in aller Regel als erstes auf SAP als Schuldigen. Aufgrund der unterschiedlichen Systeme beim Kunden und der wachsenden Zahl der Beteiligten müsse der Supportanbieter für eine Fehleranalyse tiefer einsteigen. Die Botschaft der vergangenen Jahre, alles würde einfacher und flexibler, sei wohl etwas irreführend gewesen, meint der Analyst. Dennoch sei der höhere Preis gerechtfertigt, sollte es SAP wirklich gelingen, mehr Unterstützung für die komplexen Szenarien bei den betroffenen Kunden zu bieten.

Die Meßlatte haben die SAP-Verantwortlichen hoch gelegt. "Wir müssen in der Lage sein, innerhalb von vier bis sechs Stunden die Ursache eines Problems festzustellen", gibt Hommel vor. In geschäftskritischen Umgebungen müsse in der Folge innerhalb von zwölf bis 16 Stunden eine Lösung gefunden sein. Damit unterscheide sich der Enterprise Support deutlich von der bisherigen Standardwartung. Hier habe SAP erst nach 24 Stunden angefangen, an dem Problem zu arbeiten und einen Fix frühestens mit dem nächsten Release ausgeliefert.

Zur Startseite