Schmerzensgeld für Führungskräfte

29.03.2007
Von Krebühl 
Die längere Nichtbeschäftigung eines Angestellten kann den Arbeitgeber zur Zahlung von Schmerzensgeld verpflichten. Warum das so ist und was beide Seiten tun sollten, erklärt Rechtsanwalt Peter Krebühl.

Ein "Recht auf Arbeit" ist keine unmittelbar grundrechtlich geschützte Position. Dennoch kann eine längere Nichtbeschäftigung eines Angestellten in einem laufenden Anstellungsverhältnis den Arbeitgeber zur Zahlung von Schmerzensgeld verpflichten. Dies hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Az.: 4 Sa 68/05) in einem Berufungsverfahren entschieden.

Der Kläger ist als leitende Führungskraft in einem Großunternehmen beschäftigt. Ab etwa Mitte 2002 wurden ihm keinerlei Aufgaben mehr zugewiesen. Aus Sicht des Unternehmens war der Kläger auf Grund mangelnder Akzeptanz bei anderen Führungskräften und wegen unvollkommener fachlicher Leistung nicht einsetzbar. Erst nach rund zwei Jahren, Mitte 2004, wurde er mit einer neuen Projektaufgabe betraut. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg blieb zwar hinter der Forderung des Klägers, der als Entschädigung für die in der Nichtbeschäftigung zu sehende Pflichtverletzung ein Schmerzensgeld in Höhe von 200.000 Euro (erste Instanz) beziehungsweise 100.000 Euro (zweite Instanz) begehrt hatte, zurück. Es sprach ihm jedoch Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 Euro zu. Zudem wurde dem Kläger ein Ausgleich für entgangenes Arbeitsentgelt (in seinem Fall nicht gewährte Aktienoptionen) zuerkannt.

Untätigkeit ist unzumutbar

Diese Entscheidung stärkt richtigerweise die Position der Angestellten: Für beide Seiten des Vertragsverhältnisses war eine untragbare Situation geschaffen worden, indem das Unternehmen den leitenden Angestellten für zwei volle Jahre "arbeitslos" gestellt hatte. Der ausgebrochene Streit über die Einsatz- und Verwendungsmöglichkeiten des Klägers hätte entweder zeitnah konstruktiv durch die Übertragung eines völlig neuen Arbeitsbereiches - mit einem entsprechend neuen persönlichen Arbeitsumfeld - oder durch eine Auflösung des Vertragsverhältnisses gegen eine entsprechende finanzielle Absicherung des Klägers angegangen werden sollen.

Zwar sind in derartigen Situa- tionen durchaus Konstellationen denkbar, in denen die Vertragsparteien eine Phase des "Waffenstillstands" zu beiderseitiger Neuorientierung in Kauf nehmen und dies auch sinnvoll ist. Man sollte diese Phase allerdings in zeitlicher Hinsicht nicht überstrapazieren, sondern auf die Einhaltung eines zumutbaren Rahmens achten. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg ist insoweit zu begrüßen, als durch sie ein gewisser Druck zum Tätigwerden erreicht wird. Das heißt, ein Arbeitgeber sollte seine Führungskräfte - im wohlverstandenen eigenen Interesse - nicht "schmoren" lassen, sondern diese mit eindeutigem klarem Stil führen. MF

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