Siemens-AR Cromme erwartet harte Reaktion der SEC - Presse

25.05.2007
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Aufsichtsratsvorsitzende der Siemens AG, Gerhard Cromme, erwartet harte Reaktionen der US-Börsenaufsicht SEC auf die weltweiten Korruptionsdelikte des Konzerns. Es werde eine "beachtliche Strafe" der SEC auf Siemens zukommen, sagte Cromme der "Süddeutschen Zeitung" (SZ/Samstagsausgabe). Dem "Spiegel" sagte Cromme, die Strafe werde "drastisch" ausfallen. "Wir wissen aus allen Erfahrungen, dass die Verantwortlichen sehr klug beraten sind, die amerikanischen Behörden nicht zu reizen."

FRANKFURT (Dow Jones)--Der Aufsichtsratsvorsitzende der Siemens AG, Gerhard Cromme, erwartet harte Reaktionen der US-Börsenaufsicht SEC auf die weltweiten Korruptionsdelikte des Konzerns. Es werde eine "beachtliche Strafe" der SEC auf Siemens zukommen, sagte Cromme der "Süddeutschen Zeitung" (SZ/Samstagsausgabe). Dem "Spiegel" sagte Cromme, die Strafe werde "drastisch" ausfallen. "Wir wissen aus allen Erfahrungen, dass die Verantwortlichen sehr klug beraten sind, die amerikanischen Behörden nicht zu reizen."

Es sei mit einer hohen Geldbuße zu rechnen, schlimmstenfalls könnten Sanktionen dazu kommen, beispielsweise der Ausschluss von bestimmten Aufträgen in den USA, so Cromme zur "SZ". Siemens tue aber alles, um Sanktionen zu vermeiden. "Wir werden durch ein besonders korrektes Verhalten beweisen, dass wir zu neuen Ufern aufbrechen."

Einige Aufsichtsräte befürchten den Angaben zufolge, die zu erwartende Geldbuße könne mehr als 1 Mrd EUR betragen. Auf solche Spekulationen wollte sich Cromme nicht einlassen. Die Strafe werde sich danach bemessen, wie konsequent Siemens die Verstöße aufkläre, sagte er.

Die US-Börsenaufsicht SEC hatte ihre bislang informelle Untersuchung der mutmaßlichen Schmiergeldzahlungen von Siemens-Mitarbeitern in eine formelle Untersuchung abgeändert, teilte Siemens Ende April mit. Eine formelle Untersuchung bedeutet laut Rechtsanwälten eine deutliche Verschärfung der Ermittlungen und größere finanziellen Risiken für das Unternehmen.

Für die zu erwartende Strafzahlung an die SEC hat der Konzern laut Cromme noch kein Geld zurückgestellt. Cromme sagte, er wolle nicht ausschließen, dass auf die Beschäftigten Einschränkungen zukommen könnten. Aber die vom Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Ralf Heckmann erwähnte Angst der Beschäftigten um die Pensionen sei unbegründet. "Die Altersvorsorge ist sicher."

In beiden Interviews kritisierte Cromme das Verhalten einzelner Führungskräfte im Laufe der Korruptionsaffäre. "Bei einigen Topmanagern kommen einem schon Zweifel, ob sie ihrer Führungsverantwortung gerecht geworden sind", sagte Cromme dem "Spiegel". Auch ein Mitglied des Siemens-Vorstands habe offenbar mehr über die schwelende Korruptionsaffäre in der Kommunikationssparte gewusst, als dem zuständigen Prüfungsausschuss des Aufsichtsrats mitgeteilt wurde, den Cromme leitet.

Cromme sagte der "SZ", dass es im Konzern wohl noch Leute gebe, die etwas zu verbergen hätten und deshalb neue Chefs wie den künftigen Vorstandsvorsitzenden Peter Löscher ablehnten, die von außen kämen. "Manche Leute wollen keine externen, unbestechlichen Manager, die aufräumen." Davon lasse man sich nicht aufhalten. Bis das ganze Ausmaß des Skandals erfasst sei, könne es wohl noch ein Jahr dauern. "Man weiß nicht, was noch alles hochkommt."

Der Siemens-Chefaufseher deutete gegenüber dem "Spiegel" zudem an, dass sich der Konzern demnächst wohl vom ehemaligen Leiter der hausinternen Anti-Korruptionsabteilung trennen werde. Zuvor müssten allerdings noch juristische Fragen geklärt werden.

In der "SZ" trat Cromme Spekulationen über eine mögliche Zerschlagung des Konzerns entgegen: "Siemens wird nicht zerschlagen. Wir treten im Aufsichtsrat dafür an, die Zukunft des Konzerns zu sichern." Der Umbau von Siemens gehe aber weiter. Ein Konzentrationsprozess auf weniger Geschäftsfelder finde derzeit in fast allen deutschen Unternehmen statt. "Auch Siemens ist auf diesem Weg. Und den werden wir mit Sicherheit weitergehen. Es besteht Einigkeit im Vorstand über das, was Kerngeschäft ist, und auch darüber, dass es Randaktivitäten geben wird, die nicht unbedingt auf Dauer zu Siemens gehören müssen", sagte Cromme. Die Aufgabe des künftigen Vorstandschefs Löschers sei es, diese Überlegungen zu schärfen.

Der Aufsichtsratsvorsitzende kündigte in der Zeitung an, der Vorstand werde in den nächsten sechs Monaten einen Vorschlag unterbreiten, wie sich "das Verhältnis zwischen den operativen Bereichen und den Regionen, der Holding und den funktionalen Einheiten, wie der Konzernforschung verändern lässt". Ziel sei eine dezentrale Organisation. Die zehn Unternehmensbereiche sollten aber weiterhin stark miteinander verzahnt bleiben.

"Siemens muss mehr wert sein, als seine Einzelteile", sagte Cromme laut Zeitung. Ein Konzern wie Siemens lasse sich nur dezentral führen. Wichtige Einheiten wie die Finanzverwaltung und die Anti-Korruptionseinheit Compliance müssten allerdings weiter aus der Konzernzentrale gesteuert werden.

Cromme will den neuen Vorstandsvorsitzenden Löscher, bislang Vizechef des US-Pharmakonzerns Merck, am 1. Juli offiziell bei Siemens einführen und sein gegenwärtig hohes Engagement im Krisenmanagement reduzieren. "Danach ziehe ich mich zurück und werde nur noch bei Bedarf in München erscheinen." Er werde Löscher aber mit aller Kraft den Rücken stärken. "Ich werde ihm helfen, dass er anerkannt wird, falls da Querschüsse kommen sollten."

"Wir müssen Siemens wieder in ruhiges Fahrwasser bringen. Das ist eine nationale Aufgabe", sagte Cromme dem "Spiegel". Deshalb wolle er seine Aufgabe als Aufsichtsratschef auch über die Hauptversammlung Ende Januar nächsten Jahres hinaus "mit aller Kraft erfüllen".

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