Siemens springt ein

01.10.2007
Die rund 600 Mitarbeiter der insolventen A&O-Töchter itec und 4tec haben Siemens eine Beschäftigungsgesellschaft abgerungen.

Von Wolfgang Leierseder

Der krisengeschüttelte Siemens-Konzern legt zurzeit wenig Wert auf zusätzliche negative Publicity. Schon gar nicht vor seiner Zentrale in München. Dorthin drohten vergangene Woche rund 600 ehemalige Mitarbeiter des IT-Dienstleisters A&O zu ziehen, um lautstark darauf aufmerksam zu machen, wie wenig ein Sanierungstarifvertrag gilt. Und wie sehr Siemens in der Pflicht steht, ihnen zu helfen, nachdem ihnen ab 1. Oktober der Gang zum Arbeitsamt sicher war. Die beiden IT-Dienstleistungsfirmen itec und 4tec GmbH, bei denen sie beschäftigt waren und die zu dem Potsdamer IT-Dienstleister A&O Group gehören, waren nämlich pleite gegangen. Im Widerspruch zu der Garantie auf einen Arbeitsplatz, die ihnen mittels Sanierungstarifvertrag zugesichert worden waren.

Aber auf diese Kundgebung zum Umgang mit der eigenen Vergangenheit hat man bei Siemens offensichtlich keinen Wert gelegt. Der Konzern sagte vergangenen Freitag, drei Tage vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse, überraschend zu, rund 22 Millionen Euro, geparkt bei einem Konto auf einer britischen Insel im Ärmelkanal, für die Gründung einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (BQG) freizugeben. Somit können der Insolvenzverwalter Frank Kebekus, die Betriebsräte und die IG Metall sich daranmachen, die Modalitäten für eine BQG auszuhandeln, und die Mitarbeiter der ehemaligen Siemens-Tochter Sinitec haben nunmehr die Chance, nach der Insolvenz der beiden A&O-Firmen einen sozial geregelten Übergang zu neuen Arbeitsplätzen finden zu können.

Die Reaktionen auf den Siemens-Coup fielen eindeutig aus. Die IG Metall erklärte, der Konzern habe sich dem Druck der Mitarbeiter und der Intervention des Siemens-Aufsichtsrats und IG-Metall-Mitglieds Berthold Huber gebeugt. Von Siemens war kein Kommentar zu erhalten, ebenso wenig von A&O.

Die 600 Ex-Siemens-Mitarbeiter dagegen rätseln, ob 22 Millionen Euro die Finanzierung der BQG ermöglichen. Darüber hinaus sind sie gespannt, was die Verhandlungen in den kommenden Wochen ergeben werden. Denn bis zur Stunde haben sie lediglich die Freistellungsmitteilung des Potsdamer Dienstleisters in Händen. Und die Gewissheit, dass Siemens Schlagzeilen wie "Ex-Siemens-Mitarbeiter demonstrieren vor Münchener Zentrale" garantiert vermeiden will.

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