Das Excellence-Streben in den Genen verankern

So erhöhen Sie die Leistung Ihrer Firma



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Unternehmen müssen heute, um in ihren Märkten zu überleben, stets nach einem Verbessern ihrer Leistung streben. Das setzt eine entsprechende Unternehmenskultur voraus. Dies zeigen Daniela Kudernatsch und Michael Matros am Beispiel des Technologiekonzerns Mahle auf.

Um sich zu High-Performance-Organisationen zu entwickeln, nutzen Unternehmen zunehmend die Management-Methode Hoshin Kanri. Auch der weltweit agierende Technologiekonzern Mahle, Stuttgart, startete 2013 in seinem Geschäftsbereich Industry ein solches Projekt, um die Gesamtstrategie des Geschäftsbereichs und die hierauf aufsetzenden Strategien seiner Divisionen im Betriebsalltag konsequent umzusetzen und so die Performance zu erhöhen.

Wer die richtigen Strategien einsetzt, bringt sein Unternehmen zur Höchstform. Doch das bedarf einer konsequenten und zielgerichteten Umsetzung im Betriebsalltag.
Wer die richtigen Strategien einsetzt, bringt sein Unternehmen zur Höchstform. Doch das bedarf einer konsequenten und zielgerichteten Umsetzung im Betriebsalltag.
Foto: violetkaipa - Fotolia.com

Der Geschäftsbereich Industry von Mahle ist in Form von vier Einzelunternehmen (Divisionen) organisiert, deren Führung jeweils in der Hand eines Divisionsleiters mit Geschäftsführerstatus liegt. Er beschäftigt circa 2.300 Mitarbeiter, die an insgesamt 20 Standorten weltweit einen Umsatz von etwa 470 Millionen Euro erwirtschaften.

Ausgangslage und Vorbereitung

Ein zentrales Element von Hoshin Kanri ist die Fokussierung - das heißt die Konzentration und Ausrichtung der vorhandenen Ressourcen auf wenige Schwerpunktthemen. Deshalb gingen dem Einführungsprozess von Hoshin Kanri über einen Zeitraum von sechs Monaten eine Reihe von Strategie-Workshops auf der ersten Führungsebene voraus, in denen die strategischen Ziele des Projekts und dessen Stoßrichtung definiert wurden. Hieraus wurden zwei messbare 5-Jahres-Durchbruchziele (Breakthrough-Ziele) auf der Top-Level Ebene abgeleitet, die eine signifikante Steigerung des Umsatzes und Betriebsergebnisses zum Inhalt hatten. Aus ihnen wurden wiederum Jahresziele und Schwerpunkte abgeleitet, auf die sich die Management-Teams der Divisionen konzentrieren sollten.

Diese sogenannten "Improvement Priorities" (IP) auf der Top-Ebene, an deren Gestaltung die Divisionsleiter beteiligt waren, kann man als strategische Pfade bezeichnen. Sie beinhalteten auch Unterziele und Leitplanken, die zum Erreichen der übergeordneten Breakthrough-Ziele als entscheidend angesehen wurden. Einige Beispiele hierfür:

  • Zum Erreichen der Wachstumsziele durften die beiden größten Divisionen maximal drei der jeweils neun bearbeiteten Kundensegmente in Betracht ziehen.

  • Die Programme zur internationalen Expansion wurden auf eine Region beschränkt.

  • Die messbare Verbesserung der Abläufe in den direkten und indirekten Bereichen gehörte für die Divisionen zum Pflichtprogramm.

Ganz im Sinne einer Fokussierung auf die maßgeblichen Hebel konzentrierten sich die Aktivitäten auf die beiden größten Divisionen, die zusammen etwa 75 Prozent des Umsatzes generieren. Durch diese Vorgaben erfolgte gleichsam eine Festschreibung der strategischen Orientierung für den Geschäftsbereich und die Divisionen; außerdem eine Fokussierung auf die erfolgskritischen Kernprozesse.

Damit Hoshin Kanri wirkt, müssen alle Beteiligten verstehen, wohin die Reise gehen soll. Ausgangslage, strategisches Zielbild, Umsetzungsstrategie, Durchbruchziele, Schwerpunkte und Prioritäten, Rahmenbedingungen und Leitplanken - all dies muss in der Organisation verstanden sein. Diese Kommunikationskaskade anzuführen, war Aufgabe des Top-Managements des Geschäftsbereichs. Im Rahmen einer Roadshow besuchte es mit dem jeweiligen Divisionsleiter alle beteiligten Standorte und vermittelte deren Managementteams in kompakter und einheitlicher Form die wichtigen Botschaften. In den Diskussionsrunden wurden dabei nicht die übergeordneten Ziele zur Debatte gestellt. Sie konzentrierten sich vielmehr darauf, die hinter ihnen steckende Logik und ihren Sinn zu erklären.

Folgende drei Komponenten haben sich als Motivationssäulen bewährt:

  • Vermittlung der Perspektive auf Erfolg und somit Anerkennung durch anspruchsvolle, aber machbare Ziele,

  • Vermittlung des Gestaltungsfreiraums beim Weg zum Ziel durch konsequente Übertragung der Verantwortung für die Prozesse,

  • Vermittlung von Sicherheit und Orientierung durch klare Ausrichtung und Vorgaben.

In den Divisionen waren nur vereinzelt Kenntnisse über Hoshin Kanri vorhanden. Deshalb wurde der Einführungsprozess extern begleitet. Intern wurde ein Mitarbeiter im Rahmen einer Stabsfunktion mit der Aufgabe betraut.

Die X-Matrix zur Dokumentation

Zur Dokumentation der erarbeiteten Ziele wurde eine Matrix verwendet, die aus vier Quadranten besteht, in denen

  • die festgelegten 5-Jahres-Durchbruchziele (Was?),

  • die Jahresziele (Wie weit im ersten Jahr?),

  • die Improvement Priorities (Mit welchen Prozessen schaffen wir den Durchbruch?),

  • die Success Indicators (Wie viel und wann?) und

  • die Ressourcen (Wer?)

visuell dargestellt werden. Um die Zusammenhänge zwischen den vier Quadranten und den Verantwortlichkeiten darzustellen, werden diese mit Punkten in der X-Matrix gekennzeichnet.

In einem ersten Schritt wurde die X-Matrix auf Corporate Level erstellt. Sie war quasi die Strategieerklärung als Ergebnis der Strategie-Workshops auf einem Blatt und wurde den Divisionsleitern als Vorgabe gegeben. Danach erfolgte die Zielkaskadierung von der Geschäftsbereichs- auf die Divisionsebene.

Für die Zielkaskadierung stellte die X-Matrix ebenfalls den methodischen Rahmen bereit.

Nach dem Festlegen der Ziele und der Zielkaskadierung war der Planungsprozess beendet. Nun ging es darum, mit den Management-Teams der Divisionen, die zur Zielerreichung erforderlichen Prioritäten zu entwickeln und die Frage zu beantworten, wie die Ziele erreicht werden können. Die Divisionen sollten nun ihre Improvement Priorities ausarbeiten, um die Durchbruch-Ziele zu erreichen

Improvement Priorities (IP) zielen darauf ab, die für den Durchbruch erforderlichen Strukturen und/oder Prozesse zu schaffen. Folglich muss man sich bei ihrem Erstellen unter anderem überlegen, wie künftig beispielsweise die Produktstruktur, die Variantenvielfalt, das Leistungsportfolio, die Organisations- oder Standortstruktur aussehen soll. Im Sinne einer kontinuierlichen Verbesserung sollen dabei aus den neu geschaffenen Strukturen und Prozessen neue Standards werden, auf denen aufbauend im Folgejahr weitere Verbesserungen in Angriff genommen werden.

Beim Festlegen der Improvement Priorities (IP) stehen folgende Fragen im Zentrum:

  • Welche Veränderungen müssen wir bei den Strukturen oder Prozessen vornehmen, um den Durchbruch zu erreichen? Und:

  • Auf was konzentrieren wir uns hierbei im kommenden Jahr?

Ein Beispiel: Angenommen das Durchbruchziel lautet: Verdreifachung des Umsatzes im chinesischen Markt im Kundensegment A mit dem Produkt B in zwölf Monaten. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die Abläufe im Vertrieb, der Entwicklung, der Materialwirtschaft, der Produktion usw. auf eine so markante Steigerung ausgerichtet sind. Eine entsprechend auf Kundenbedarfe fokussierte und über alle Funktionsbereiche abgestimmte prozessorientierte Umsetzungsstrategie muss sich als in einer Improvement Priority wieder finden.

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