ED, SoftRAM, DOS 4.0, Newton, Microsoft Office 2008

Soft- und Hardware, die die Welt nicht brauchte

Thomas Bär, der seit Ende der neunziger Jahre in der IT tätig ist, bringt weit reichende Erfahrungen bei der Einführung und Umsetzung von IT-Prozessen im Gesundheitswesen mit. Dieses in der Praxis gewonnene Wissen hat er seit Anfang 2000 in zahlreichen Publikationen als Fachjournalist in einer großen Zahl von Artikeln umgesetzt. Er lebt und arbeitet in Günzburg.
Frank-Michael Schlede arbeitet seit den achtziger Jahren in der IT und ist seit 1990 als Trainer und Fachjournalist tätig. Nach unterschiedlichen Tätigkeiten als Redakteur und Chefredakteur in verschiedenen Verlagen arbeitet er seit Ende 2009 als freier IT-Journalist für verschiedene Online- und Print-Publikationen. Er lebt und arbeitet in Pfaffenhofen an der Ilm.
Auf manche Produkte, Neuerungen oder Programme hätten die Menschheit und besonders die IT-Branche sicherlich gern verzichtet. Wir präsentieren die größten Flops.

In einem Umfeld wie der IT, das sich so schnell wandelt, bleiben Kalt- und Fehlstarts nicht aus. Einige Produkte brauchen Monate oder gar Jahre, bis man ihren tatsächlichen Wert erkennt. Andere Entwicklungen hingegen bleiben auf immer ein sprichwörtlicher "Schuss in den Ofen". Auf letztere wollen wir hier eingehen - die folgenden Produkte waren ihrer Zeit zu sehr voraus, falsch positioniert oder schlichtweg überflüssig.

Viel zu modern: Apple Newton

Wenn das iPhone der Vater des iPads ist, dann ist der Apple Newton sein Großvater. 1993 stellte der Hersteller aus Cupertino eine komplett neue Produktlinie mit dem Namen "MessagePad" vor. Eigentlich hieß das Betriebssystem des handlichen Mobilcomputers "Newton" - doch schon nach kurzer Zeit stand dieser Name synonym für die MessagePad-Serie, die 1998 im Zuge der Neustrukturierung von Apple unter Steve Jobs wieder eingestellt wurde.

Eine Besonderheit des Newtons stellte die lernfähige Handschriftenerkennung dar. Auf dem berührungsempfindlichen Display schrieb der Anwender mit einem Kunststoffstift in seiner eigenen Handschrift, die nach und nach von dem Kleincomputer erlernt wurde. Im Vergleich zu der damals verbreiteten Spezialschrift Graffiti, die Benutzer beispielsweise für die Palm-Geräte erlernen musste, ein deutlicher Fortschritt. Aufgrund der geringen CPU-Leistung der früheren MessagePads funktionierte die Erkennung jedoch nur eingeschränkt. Erst mit der 1996 für das OS 2.0 vorgestellten neuen "Rosetta"-Engine erkannte der Newton auch Druckschrift fehlerfrei.

Eine weitere konzeptionelle Besonderheit des Newtons waren die programmunabhängigen Datenbestände. Mehrere Programme auf dem Gerät konnten Informationen wie E-Mails, Notizen, Kalendereinträge oder Adressen gemeinsam nutzen. Aus heutiger Sicht eine Selbstverständlichkeit - Anfang der 1990er Jahre noch eine echte Neuerung, die sich in den klassischen Desktop-Betriebssystemen erst ein Jahrzehnt später wiederfinden sollte.

Das Newton-Konzept war mitnichten eine Fehlplanung oder hatte keine Daseinsberechtigung. Es passte aber einfach nicht mehr in Steve Jobs‘ Planungen nach seiner Rückkehr zu Apple.

Eher unbeliebt: Microsoft DOS 4.0

Für den Sprung von der MS-DOS-Version 3.3 auf 4.0 hatten sich die Entwickler in Redmond große Neuerungen vorgenommen. Erstmals bot der Vorläufer der heutigen Windows-Betriebssysteme ein Installationsprogramm im klassischen Sinne. Die Shell wartete mit grafischer Oberfläche auf, die bisher gültige 32-MB-Grenze für Festplatten wurde mit dem neuen Dateisystem FAT16 immerhin theoretisch auf 2 GB erweitert.

Um die tief in der Prozessortechnik verwurzelte Limitierung des konventionellen Arbeitsspeichers auf 640 KB wenigstens behelfsmäßig überwinden und speicherhungrigen Programmen mehr RAM zur Verfügung stellen zu können, führte Microsoft eine neue Speicherverwaltung für die "Expandend Memory Specification" (EMS) ein.

Doch eben diese Erweiterung enthielt in der im Juni 1988 vorgestellten Version 4.00 einen schwerwiegenden Fehler, der mit bestimmten Festplatten zu Datenverlusten führen konnte. Im November desselben Jahres erschien die Version 4.01 mit der entsprechenden Fehlerkorrektur. Aus heutiger Zeit erscheinen die fünf Monate für die Korrektur als unglaublich, die langen Releasezyklen zu dieser Zeit relativieren das Bild jedoch. Zwischen den Veröffentlichungen von DOS 3.1 und DOS 3.2 beispielsweise lagen ganze 17 Monate.

Die grafische Erweiterung der Shell unter MS-DOS 4.x konnte nicht so sehr überzeugen, dass das Produkt ein Erfolg wurde.
Die grafische Erweiterung der Shell unter MS-DOS 4.x konnte nicht so sehr überzeugen, dass das Produkt ein Erfolg wurde.
Foto: Thomas Bär / Frank-Michael Schlede

Insgesamt, so die Webseite winhistory.de, war MS-DOS 4 nicht sehr beliebt, was möglicherweise mit der missglückten Markteinführung zu tun haben könnte, oder dem Umstand, dass diese Version mehr vom stets knappen konventionellen Speicher belegte als seine Vorgänger.

Überflüssig: Extended Density Floppy und Superdisk

Über viele Jahre war das Diskettenlaufwerk ein fester Bestandteil eines jeden Computers. Betriebssysteminstallation und Programme wurden von Disketten gestartet, Dateien getauscht und selbst eine der ersten Digitalkameras nutzte eine Diskette zur Speicherung von Bildern. Anfang der 1970er brachte die Firma Memorex das erste Diskettenlaufwerk mit Schreibfähigkeit auf den Markt - der Anfang vom Ende der Lochkarten, Lochstreifen und letztendlich der Magnetbänder.

Alan Shugart, mutmaßlich der "Erfinder" der Diskette, gründete 1973 die Firma Shugart Associates und entwickelte 1976 die weit verbreitete 5,25"-Diskette. Die ersten Apple- und IBM-Personal-Computer nutzten die von TEAC produzierten Diskettenlaufwerke mit einer Kapazität von 360 KB. Anfang der 1980er Jahre folgte, entwickelt von dem japanischen Unternehmen Sony, die weltweit verbreitete 3.5"-Diskette.

Zunächst mit 720 KB Kapazität im DD-Format unter DOS und 880 KB auf bei den AMIGA-Computern, folgte später die 1,44 MB-HD-Diskette für den PC, die den Großteil der 1990er-Jahre hindurch üblicher Standard war. Zum Ende des Jahrzehnts begann, unter der Notwendigkeit des erhöhten Speicherbedarfs, der Siegeszug der CDs. Brenner wurden immer günstiger und schnell folgte die DVD mit einem noch höheren Speichervolumen.

Bereits 1991 wurde die Enhanced Disk (ED) mit 2,88 MB Kapazität vorgestellt. Die Existenz dieses Laufwerkstyps dürften die meisten PC-Anwender nur aus den möglichen Einstellungen im BIOS her kennen. Eine nennenswerte Verbreitung der mit 36 Sektoren formatierten Diskette gab es lediglich bei Computern von NeXT und im IBM PS/2s. Apple setzte 1998 ein deutliches Signal und liefert seither Rechner nur noch ohne Diskettenlaufwerk aus. Der Rest der Branche sollte, mit einigem Abstand, dem Beispiel folgen. Heute gibt es Diskettenlaufwerke, wenn überhaupt, nur noch als externe USB-Lösung.

Ebenfalls 1998 setzte Sony mit dem HiFD-Laufwerk mit 150 MB Kapazität und einer Kompatibilität zu den gängigen 1,44-MB-Disketten zum letzten Versuch an, die Diskette noch einmal wiederzubeleben. Wie wir heute wissen, war der Versuch vergeblich.

Der "SuperDisk" der Firma Imation ging es mit dem LS120 nicht viel besser. Zwar bot dieses Modell im Vergleich zu dem später weit verbreiteten Iomega ZIP100-Disketten mehr Speicherplatz und erschien sogar etwas früher am Markt, dennoch konnte sich die SuperDisk nicht durchsetzen - trotz Kompatibilität zu den etablierten 720-KB- und 1,44-MB-Disketten. Mit einer speziellen Packet-Writing-Software für Windows erlaubte das spätere 240-MB-Modell der SuperDisk sogar die Speicherung von 32 MB auf einer normalen 1,44-MB-HD-Diskette. Von einem Markterfolg mag jedoch niemand mehr sprechen.

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