Geschäftsbericht 2012

Stationäre Expansion lässt bei Cyberport den Gewinn schmelzen



Matthias Hell ist Experte in Sachen E-Commerce und Retail sowie  Buchautor. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in renommierten Handelsmagazinen und E-Commerce-Blogs. Zuletzt erschien seine Buchveröffentlichung "Local Heroes 2.0 – Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel".
In der Branche wurde bereits darüber spekuliert, dass die personellen Veränderungen bei Cyberport mit den Kosten der stationären Strategie des Elektronikversenders zusammenhängen. Der nun veröffentlichte Geschäftsbericht für 2012 zeigt, wie teuer die Store-Expansion von Cyberport wirklich ist.
Rückläufiges Wachstum, steigende Kosten - damit muss sich der neue Cyberport-Geschäftsführer Jeremy Glück auseinandersetzen
Rückläufiges Wachstum, steigende Kosten - damit muss sich der neue Cyberport-Geschäftsführer Jeremy Glück auseinandersetzen

Als Cyberport Anfang 2013 bekanntgab, seinen Umsatz 2012 um 48 Prozent auf 538 Millionen Euro gesteigert zu haben, wurde das zu Teilen als Folge der beschleunigten stationären Expansion des Elektronikversenders wahrgenommen. Cyberport hatte in dem Jahr nicht nur seinen Store im Berliner Schloßstraßencenter erweitert, sondern auch in Dortmund, Hamburg, Bochum und Dresden neue Geschäfte eröffnet. Über die Kehrseite dieses stationären Wachstums wurde aber spätestens seit dem Ende 2013 bekanntgewordenen Rückzug von Firmengründer Olaf Siegel und weiteren personellen Umbesetzungen spekuliert.

Der nun im Bundesanzeiger veröffentlichte Geschäftsbericht von Cyberport für das Jahr 2012 ermöglicht es, die Kosten der stationären Expansion genauer einzuschätzen: Von 2,4 Millionen Euro 2011 ging der Gewinn des Online-Händlers in dem Jahr auf magere 206.000 Euro zurück. Am stärksten zu Buche schlugen dabei ein Anstieg der Personalkosten um ganze 35 Prozent auf 8,5 Millionen Euro sowie eine Zunahme der generellen betrieblichen Aufwendungen - zu denen auch die Mietkosten und andere Investitionen in das Store-Geschäft zählen dürften - um 28 Prozent auf 22 Millionen Euro.

"Die Ergebnisentwicklung war infolge von massivem Preisdruck aus dem Markt und von Investitionen in die neuen Stores deutlich rückläufig", räumt Cyberport in dem Geschäftsbericht ein. Dennoch erklärt das Unternehmen, dass man für 2013 und 2014 trotz weiterer Aufwendungen für die Eröffnung neuer Stores insgesamt mit einer verbesserten Ergebnisentwicklung rechne. Zusammengefasst wird die Geschäftsentwicklung mit dem Fazit: "Insgesamt ist die Marktnachfrage über das Internet weiter gestiegen; der Druck auf die Marge bleibt allerdings hoch."

Wie geht es weiter mit der Multichannel-Strategie von Cyberport?

Auffällig ist, dass von den vier Unterzeichnern des Geschäftsberichts für 2012 - Fritz Oidtmann, Olaf Siegel, Arnd Mückenberger und Danilo Frasiak - nur noch letztgenannter als Geschäftsführer amtiert, allerdings in einer deutlich untergeordneten Position mit einer Verantwortung für die Bereiche Logistik und Callcenter. Stattdessen platzierte der Cyberport-Eigner Burda seine Manager Thomas Koelzer und Rainer Kiefer in der Geschäftsführung des Elektronikversenders und holte den ehemaligen Media-Saturn Online-Geschäftsführer Jeremy Glück als Ersatz für den Anfang 2014 in den Beirat des Unternehmens gewechselten Olaf Siegel.

Notebooksbilliger.de-Chef Arnd von Wedemeyer sprach in diesem Zusammenhang gegenüber ChannelPartner vor wenigen Tagen von einer "Neubetrachtung des Store-Konzepts" bei Cyberport - und könnte damit gar nicht einmal so falsch liegen: 2013 hatte Cyberport weitere Stores in Köln, Stuttgart und Essen eröffnet und hat für 2014 die bislang größten stationären Geschäfte in München und Berlin-Charlottenburg angekündigt. Gleichzeitig hat sich das Umsatzwachstum des Elektronikversenders auf magere zwei Prozent verlangsamt. Unter dem Strich dürfte das 2013 dazu geführt haben, dass Cyberport erstmals in seiner Geschichte rote Zahlen schrieb, was Firmengründer Olaf Siegel gegenüber ChannelPartner bereits im vergangenen Herbst andeutete.

So konsequent es vom Medienkonzern Burda ist, nun bei Cyberport die Kostenbremse einzulegen, so schwierig ist diese Wende strategisch umzusetzen. Für das Selbstverständnis von Cyberport als eine Art "Saturn für das Online-Zeitalter" sind die geschmackvoll eingerichteten und zentral gelegenen Stores von zentraler Bedeutung. Zudem sind die stationären Geschäfte auch für zusätzliche Online-Umsätze in den jeweiligen Regionen verantwortlich, wie Siegel 2013 gegenüber ChannelPartner ausführte. Burda und die neue Cyberport-Geschäftsführung werden also Strategien erarbeiten müssen, wie sich das starke stationäre Engagement des Online-Händlers mit einer wieder stärker auf die Profitabilität ausgerichteten Orientierung vereinbaren lässt.

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