Pläne zur Betriebsratsgründung

Stellenabbau bei Media-Saturn sorgt für Aufregung



Matthias Hell ist Experte in Sachen E-Commerce und Retail sowie  Buchautor. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in renommierten Handelsmagazinen und E-Commerce-Blogs. Zuletzt erschien seine Buchveröffentlichung "Local Heroes 2.0 – Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel".
Nach dem angekündigten Stellenabbau wollen Mitarbeiter von Media-Saturn offenbar erstmals einen Betriebsrat gründen. Dabei ist noch vieles unklar, unter anderem das Ausmaß des Stellenabbaus und auf welche Weise dieser umgesetzt werden soll.

"Deutlich mehr als 200 Jobs" oder "unter 200 Stellen"? Serienweise Kündigungen oder "sozialverträglicher Stellenabbau"? Bereits wenn es um die grundlegenden Fakten geht, fehlt zwischen der Gewerkschaft Verdi und der Unternehmensführung der Media-Saturn Holding (MSH) die Übereinstimmung. Seit Media-Saturn seine Multichannel-Neuausrichtung inklusive der "dafür notwendigen Restrukturierung" ankündigte, sind auch die Gewerkschafter mit im Boot. Wie die Ingolstädter Bezirksgeschäftsführerin Steffi Kempe gegenüber dem Donaukurier berichtet, häufen sich derzeit bei Verdi Anfragen besorgter MSH-Mitarbeiter. Im Raum steht auch erstmals die Gründung eines Betriebsrats in dem Unternehmen.

"Wir stecken in der schlimmsten Krise, seit es die Firma gibt": Die Multichannel-Restrukturierung sorgt in der Zentrale von Media-Saturn in Ingolstadt für Unruhe.
"Wir stecken in der schlimmsten Krise, seit es die Firma gibt": Die Multichannel-Restrukturierung sorgt in der Zentrale von Media-Saturn in Ingolstadt für Unruhe.
Foto: Media-Saturn

Bisher gönnten sich die rund 500 Mitarbeiter in der Verwaltung des Elektronikriesen den Luxus, auf einen Betriebsrat zu verzichten. "Die Mitarbeiter haben immer nur gesagt: ,Uns geht’s doch gut. Und außerdem haben wir eine tolle Weihnachtsfeier, um die uns andere beneiden!’", zitiert der Donaukurier einen Gewerkschafter. Doch bereits bei einer Betriebsversammlung Anfang Mai war die Stimmung deutlich verändert. "Wir stecken in der schlimmsten Krise, seit es die Firma gibt", sagte damals ein MSH-Abteilungsleiter der Regionalzeitung. Inzwischen seien viele, zum Teil auch langjährige Mitarbeiter mit einem Auflösungsvertrag konfrontiert.

Gerüchten zufolge planten inzwischen sogar Führungskräfte von Media-Saturn die Gründung eines Betriebsrats. Ein Unternehmenssprecher dementierte allerdings zum Teil. Demzufolge gebe es ausschließlich in der IT-Tochtergesellschaft von Media-Saturn Bestrebungen, einen Betriebsrat zu gründen – und nicht unternehmensübergreifend. Zudem sei auszuschließen, dass es sich dabei um eine Initiative handele, die ausschließlich von Führungskräften initiiert worden sei. Dennoch dürften es die Befürworter eines Betriebsrats in der MSH-Zentrale nicht leicht haben: Das Wort Gewerkschaft sei bei dem Unternehmen verpönt und gewerkschaftsnahe Mitarbeiter hätten Angst, ihren Job zu verlieren, erklärte gegenüber dem Donaukurier Christian De Lapuente, Organisationssekretär beim DGB in Ingolstadt.

"Die Mitarbeiter müssen den Kopf hinhalten"

Den Stellenabbau bei dem Elektronikriesen bringen die Gewerkschafter direkt mit der Herausforderung von Media-Saturn durch das Online-Geschäft in Verbindung: Es gehe hier nicht ums Geld, sondern um eine Neuausrichtung des Unternehmens, erklärt der DGB-Mitarbeiter. Einmal mehr müssten dabei die Mitarbeiter den Kopf für Fehler der Manager und Anteilseigner hinhalten. Dass sich Media-Saturn vor einem Umbruch befinde, sei verständlich. Doch müssten dabei die Arbeitnehmer mit am Tisch sitzen.

Auf die in Gang befindliche Multichannel-Neuausrichtung verweist auch Media-Saturn in einer Stellungnahme: "Unsere Kunden erwarten von uns, dass wir sie auf allen Kanälen bedienen. Um das zu erreichen, müssen wir neue Wege gehen. Das bedeutet auch, dass wir Mitarbeiter mit neuen Qualifikationen benötigen, bzw. dass es auch Stellen gibt, die man früher gebraucht hat, die heute aber nicht mehr in das Gefüge passen." Es handle sich dabei um eine notwendige Maßnahme zur Modernisierung des Unternehmens und um keinen Stellenabbau im großen Stil, erklärt das Unternehmen mit Verweis auf seine mehr als 65.000 Mitarbeiter – verschweigt dabei aber, dass nur Mitarbeiter der Konzernzentrale in Ingolstadt direkt von den Kürzungen betroffen sind.

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