Steuerfalle Papierarchiv

08.02.2007
Von Heiko Beyer
Nach dem Steuer- und Handelsrecht sind Unternehmen verpflichtet, Belege und Geschäftsbriefe über festgelegte Zeiträume hinweg zu verwahren. Welche Aufbewahrungsfristen im Onlinehandel beachtet werden müssen, erklärt Steuerberater Heiko Beyer.

Hier eine elektronische Rechnung, da eine Bestellung und dazwischen jede Menge E-Mails und sonstige Geschäftspost. Im heutigen Geschäftsleben prasseln täglich unzählige Informationen auf den Unternehmer nieder. Schnell kann es da passieren, dass E-Mails mit unternehmerisch relevanten Informationen gelöscht werden oder im Netzwerkdickicht aus Laufwerken, Dateien und Ordnern für immer verloren gehen.

In vielen Unternehmen herrscht im Zuge der fortschreitenden Verbreitung der Onlineabwicklung Unklarheit über die aktuellen Anforderungen an die Archivierung. Welche Fristen sind einzuhalten? In welcher Form muss aufbewahrt werden?

Die Archivierung wird von vielen Unternehmern als lästiges, zeitraubendes und teures Thema angesehen. Dies muss aber nicht sein. Man kann hier das Muss mit dem Nützlichen verbinden. Beispielsweise haben viele Unternehmer vor der Umstellung auf eine elektronische Ablage viel Zeit mit dem Auffinden von Dokumenten verbracht. Teilweise erlebt man Unternehmen, die aus Kostengründen ihre Belege in ein externes Lager ablegen und die für das Raussuchen einer Rechnung bis zu einen Tag benötigen.

Es gibt großen Nachholbedarf

Diese Negativbeispiele zeigen, dass es hier viel Nachholbedarf gibt. Insbesondere Onlineunternehmen, die aufgrund der teilweise niedrigen Margen pro Stück auf das Massengeschäft angewiesen sind, gehen teilweise in den Papier- und Bürokratiebergen unter. Hilfe kann hier nur ein neuer Ansatz bieten. Die elektronische Aufbewahrung nach den Maßgaben der Finanzverwaltung. Aber Vorsicht, machen Sie es gleich richtig. Die Anforderungen sind relativ hoch.

"Keine Buchung ohne Beleg" - so lautet das Hauptgebot eines jeden Buchhalters. Der Buchungsbeleg ist die Basis für die Umsetzung der einzelnen Geschäftsvorfälle eines Unternehmens in sein Rechenwerk, die sich auf dessen Vermögens-, Finanz- und Ertragslage auswirken.

Neben den selbst erstellten Belegen, wie beispielsweise Rechnungen an Kunden, Inventuren, Bilanzen oder Lohnabrechnungen, gelangen noch auf den unterschiedlichsten Wegen Belege in die Unternehmen. Beispielsweise erhalten Unternehmen Belege von ihren Lieferanten, von Versicherungen, von Ämtern und von Banken, und dies mit stark zunehmender Tendenz auf elektronischem Weg.

So sind elektronische Rechnungen, ob nun direkt in der E-Mail oder als Anhang, aus dem Onlinehandel nicht mehr wegzudenken. Der Unternehmer sollte hier immer auf eine qualifizierte elektronische Signatur achten, die zum elektronischen Beleg gehört. Nur, wenn diese vorliegt, darf ein Unternehmer zum Beispiel aus einer elektronischen Rechnung die Vorsteuer geltend machen. Die elektronische Signatur dient der Finanzverwaltung dabei als Nachweis für die Authentizität des Belegausstellers sowie des Beleges selbst.

Unternehmen müssen elektronische Rechnungen nicht akzeptieren. Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf eine Rechnung in Papierform. Nur wenn das belieferte Unternehmen einstimmt, kann das leistende Unternehmen eine elektronische Rechnung versenden. Vorsicht, hier gilt nach Meinung der Finanzverwaltung auch die stillschweigend geduldete Praxis.

Übrigens auch Rechnungen im PDF-Format bedürfen einer elektronischen Signatur. Ein Ausdruck reicht nicht aus! Ausnahmsweise ist unter bestimmten Voraussetzungen die Signatur bei Online-Fahrausweisen entbehrlich.

Alle relevanten Unterlagen aufheben

Der Gesetzgeber verlangt im Übrigen im Rahmen der Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten von Unternehmen, dass alle steuerlich und handelsrechtlich relevanten Unterlagen geordnet aufzubewahren sind.

Hierbei hat der Unternehmer zwei Fristen zu beachten. Beispielsweise (Ausgangs- und Eingangs-)Rechnungen, Inventare, Bilanzen und Lohnbelege sind zehn Jahre lang aufzubewahren. Verträge, erhaltene und verschickte Geschäftsbriefe sind sechs Jahre lang aufzubewahren.

Die Aufbewahrungsfrist beginnt jeweils mit Schluss des Kalenderjahres in dem die letzte Eintragung in die Bücher, Bilanzen oder in das Inventar erfolgt ist, der Geschäftsbrief (auch E-Mail) abgeschickt oder empfangen wurde oder der Buchungsbeleg entstanden ist.

Beispiele

Unternehmer U erhält am 01.02.2007 einen Geschäftsbrief per E-Mail. Die E-Mail ist in elektronischer Form, also beispielsweise auf einer CD oder einer Festplatte, für sechs Jahre bis zum 31.12.2013 aufzubewahren. Die Frist beginnt mit Ablauf des 31.12.2007.

Unternehmer U verschickt am 06.01.2007 eine Rechnung per E-Mail. Die Rechnung ist mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Die Rechnung und die Signatur sind in elektronischer Form, also beispielsweise auf einer CD oder einer Festplatte, für zehn Jahre bis zum 31.12.2017 aufzubewahren. Die Frist beginnt mit Ablauf des 31.12.2007.

Über die Jahre sammeln sich so jede Menge Unterlagen. Dies bedeutet für viele Unternehmen, dass eine nicht unbeachtliche Kostenposition entsteht. Lagerplatz ist teuer. Doch wohin mit den Belegen?

Gerade im Onlinehandel bieten sich hier neben der Aufbewahrung des Originals zwei sehr Kosten sparende Varianten an.

Kosten sparende Varianten

Die erste Variante ist die Aufbewahrung mit der Möglichkeit der originalgetreuen bildlichen Wiedergabe. Dies bedeutet, dass der Unternehmer die Belege scannt und auf einem Datenträger wie Festplatten, Mikrofilm oder Webspace speichert. Es wird also ein genaues digitales Abbild des Belegs geschaffen.

Bei der zweiten Variante können Buchungsbelege, die niemals als Bild vorgelegen haben (etwa interner elektronischer Beleg), mit dem Inhalt aufbewahrt werden, das heißt, es ist lediglich eine inhaltliche Wiedergabe notwendig.

Beispiel: Unternehmer G archiviert seine Belege komplett im Original. Er nutzt dafür einen eigenen Raum in seinem Bürogebäude als Archiv. Alte Belege lassen sich mit viel Mühe notfalls wieder auffinden.

Unternehmer O scannt alle Belege sowie Geschäftsbriefe. Jedes Dokument versieht ein berechtigter Mitarbeiter mit seiner elektronischen Signatur. Die so aufbereiteten Unterlagen werden in einem Onlinearchiv abgelegt und stehen so zu jeder Zeit und von jedem Ort zur Verfügung. Die Originalrechnungen werden nach dem Scannen und dem Signieren vernichtet. Der Büroraum kann anderweitig genutzt werden. Alte Belege werden über Suchmasken schnell gefunden.

Erfolgt die Aufbewahrung im Original, so hat der Unternehmer die Belege vor Verlust, Beschädigung und Diebstahl zu schützen. Insbesondere Feuer und Feuchtigkeit in unterschiedlichen Formen führen meistens zu Verlust oder Beschädigung. In diesem Zusammenhang sind auch Rechnungen auf Thermopapier (zum Beispiel Tankquittungen) zu sehen. Über die Jahre werden diese häufig unleserlich; sorgen Sie hier vor, indem Sie die Belege sofort nach dem Erhalt kopieren und den Inhalt somit konservieren. Unter die Aufbewahrung von Originalen fallen auch elektronische Rechnungen, die zusammen mit den Signaturen in elektronischer Form aufbewahrt werden müssen. Hierbei hat es sich bewährt, frühzeitig alle wichtigen Ordnungskriterien festzulegen ("Wer", "Wie", "Was", "Vernichtung" u. a.).

Unternehmen, die sich für die papierlose Aufbewahrung mit der Möglichkeit der originalgetreuen bildlichen Wiedergabe entschieden haben, müssen hierüber hinaus dafür Sorge tragen, dass die Belege im vollen Umfang so gescannt sind, dass der Urheber und der gesamte Inhalt erkennbar sind. Grundsätzlich kann die Digitalisierung im Platz sparenden Schwarzweiß-Format erfolgen. Das Farbformat ist lediglich dann zwingend vorgeschrieben, wenn es für die Beweiskraft wichtig ist (etwa, um ein Original von einer Kopie zu unterscheiden). Erfolgt die Aufbewahrung mittels Scannens und Indizierens, muss die Unversehrtheit der Daten und die Übereinstimmung mit dem Papierbeleg mittels einer elektronischen Signatur garantiert werden.

Steht eine Betriebsprüfung an, so hat das Unternehmen auf seine Kosten dafür Sorge zu tragen, dass diejenigen Hilfsmittel zur Verfügung stehen, die erforderlich sind, um die Unterlagen lesbar zu machen. Zudem muss der Unternehmer auf Verlangen der Finanzbehörde auf seine Kosten die Unterlagen unverzüglich ganz oder teilweise ausdrucken oder ohne Hilfsmittel lesbare Reproduktionen erzeugen.

Problemfall Abwicklungsprogramm

Eine weitere Frage, die häufig in der Praxis auftaucht, ist: "Wie sind Rechnungen oder Belege zu behandeln beziehungsweise aufzubewahren, die mithilfe von Abwicklungsprogrammen erstellt wurden?"

Hierbei ist zu beachten, dass sich die Finanzverwaltung alle Türen offen lässt. Die ursprünglich in elektronischer Form vorliegenden Unterlagen sind auch in dieser Form aufzuheben. Das heißt, Rechungen, Angebote, Buchungen, Saldenlisten müssen auch nach zehn Jahren aus dem Abwicklungsprogramm abrufbar sein.

Sind die Unterlagen also mithilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden, hat die Finanzbehörde im Rahmen einer Außenprüfung das Recht, Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmen und das Datenverarbeitungssystem zur Prüfung dieser Unterlagen zu nutzen.

Die Finanzverwaltung kann bei einer Außenprüfung weiterhin verlangen, dass die Daten nach ihren Vorgaben maschinell ausgewertet oder ihr die gespeicherten Unterlagen und Aufzeichnungen auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zur Verfügung gestellt werden (GDPdU Schnittstelle). Die Kosten für die Bereitstellung trägt der Steuerpflichtige.

Ingesamt kann man also festhalten, dass die Anforderungen an die Aufbewahrung relativ hoch sind, aber gerade für moderne Onlineunternehmen durchaus zu meistern sind. Neue Archivierungsplattformen im Internet erlauben die rechtssichere Ablage von Dokumenten, die teilweise automatische Verschlagwortung, den Zugriff von nahezu jedem Rechner und das rund um die Uhr. Das veraltete uneffiziente Archiv gehört also endgültig der Vergangenheit an. MF

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