Stirb online

10.07.2006

Lieber Dr. T., ein Kollege von Ihnen hat mir empfohlen, mich auf einen vertikalen Markt zu konzentrieren. Hotels, Gesundheitswesen und Finanzdienstleistungen sind leider schon so überlaufen. Können Sie mir eine Branche empfehlen, in die es sich noch einzusteigen lohnt?

Aber sicher. Steigen Sie ein, und zwar in die Friedhofsbranche. Das kann ich Ihnen nur wärmstens empfehlen. Gestorben wird schließlich immer und auch der hartnäckigste Silversurfer gibt irgendwann die Maus ab. Zugegeben, Friedhöfe sind noch weit gehend IT-freie Zonen und die DSL-Anbindung der meisten Grabstätten lässt zu wünschen übrig. Im Zuge der Globalisierung werden aber auch die als Profit Center outgesourcten Ruhestätten durch Kundenorientierung, Innovation und Alleinstellungsmerkmale zur Deckung kommunaler Außenstände beitragen müssen.

Wie erfolgreich man als IT-Dienstleister in dieser Branche sein kann, zeigt die All for One Systemhaus AG, auf die ich im Blog unserer Schwesterpublikation Computerwoche gestoßen bin (http://blog.computer woche.de). Mit dem Produkt "FIM@Web" des Unternehmens kann man seine Bestattung (oder doch besser die eines anderen) online organisieren. Das hat Vorteile für alle Beteiligten (na ja, für fast alle). Thomas Jung von der Friedhofsverwaltung Sophien in Berlin berichtet: "Unsere Entscheidung für FIM@Web ... bietet Hinterbliebenen und den von ihnen beauftragten Bestattern eine deutliche Verbesserung der Terminreservierung - und das zu jeder Zeit. ... Die hieraus resultierende Optimierung der Zeiten für eine Trauerfeier sind für Bestattungsunternehmen und unsere Friedhofsverwaltung von wirklichem Vorteil."

Doch nicht nur die Terminabsprache beim Ableben wird optimiert, die "offene Schnittstellengestaltung" von FIM eröffnet viel weiter gehende Möglichkeiten. Warum nicht gleich die Trauerfeier online übertragen? Die Hinterbliebenen sparen sich die Anreise, und der Pfarrer kann seine Predigt endlich auch mit PowerPoint-Folien illustrieren. Über die Integration eines CAD-Tools (nennen wir es mal "Grab3D") ließen sich Grabstein und Blumenschmuck online planen und bestellen. Per Webcam-Schnittstelle könnten die Trauernden dann nicht nur den Blumen beim Verwelken zusehen, sondern auch eventuelle Grablichträuber überführen. Mit Barcode, RFID und GPS kann das moderne Bestattungsunternehmen außerdem den letzten Weg seiner Kunden lückenlos online dokumentieren (ich nenne das jetzt mal "Corpse Tracking" aber das ist selbstverständlich nur ein Arbeitstitel).

Wie Sie sehen, bietet dieser Markt enormes Entwicklungspotenzial. Steigen Sie ein! Eine lukrative letzte Ruhe wünscht

Ihr Dr. T.

Dr. T.’s Sprechstunde finden Sie alle 14 Tage in ComputerPartner und online unter http://blog.computerpartner.de. Haben auch Sie eine Frage an Dr. T.? Senden Sie eine E-Mail an thafen@computerpartner.de.

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