Integrationsmodule für ERP-Software geplant

Sugar CRM zieht es nach Deutschland

24.01.2008
Von Frank Niemann
Der Anbieter der gleichnamigen Open-Source-Software für das Customer-Relationship-Management (CRM) will mit deutschen Unternehmen ins Geschäft kommen. Eine lokale Niederlassung sowie deutschsprachiger Support sollen dabei helfen. Künftig liefert die Firma das Produkt mit Integrationsbausteinen für gängige ERP-Systeme aus.

Derzeit zählt Sugar CRM in Deutschland gerade mal 75 Kunden. Nach Angaben von Clint Oram, Europachef und Mitgründer der kalifornischen Firma, sind das Anwender, die das CRM-Produkt entweder erworben haben oder zur Miete nutzen (On-Demand). Weit mehr deutsche Nutzer haben Oram zufolge die "Community Edition" von Sugar CRM heruntergeladen. Das Verhältnis liegt nach Firmenangaben bei zehn zu eins. Die kostenlose Variante der Software setzt auf der gleichen quelloffenen Codebasis auf wie die kommerziellen Produkte, die aber Zusatzbausteine beinhalten. Beispielsweise verfügt das Kaufprodukt über ein Modul für das Projekt-Management.

Die Downloads des kostenfreien Open-Source-Programms nutzt Sugar CRM zur Marktforschung. "In Ländern, wo besonders viele User die Software herunterladen, entsteht für uns ein Absatzmarkt", so der Manager. "Zwischen zehn bis 15 Downloads im Monat gehen von deutschen Site-Besuchern aus", hat Oram festgestellt. Aus diesem Grund will sich die Firma nun auch in Deutschland niederlassen. Sugar CRM setzt darauf, dass Unternehmen die kostenfreie Lösung für gut befinden und sich dann ein kommerzielles Produkt des Anbieters zulegen.

Deutschsprachiger CRM-Support aus Dublin

Bisher war das Unternehmen in Deutschland nur über vergleichsweise kleine Partnerunternehmen beziehungsweise wenige internationale Systemintegratoren wie die zu Novell gehörende Cambridge Technology Partners vertreten. Nun errichtet die Firma eine eigene Niederlassung in München. Das lokale Büro dient laut Oram dazu, vor Ort bei Firmenkunden präsent zu sein und das Partnernetz zu erweitern. Den deutschsprachigen Support soll der Firmensitz in Dublin übernehmen.

Ajax, MySQL und PHP

Überzeugen soll die Käufer der vergleichsweise günstige Preis des Produkts sowie die moderne Technik. Sugar CRM setzt auf der frei verfügbaren Skriptsprache PHP auf und läuft auf Linux sowie Windows. Neben MySQL arbeitet das Programm mit der Datenbank von Microsoft und Oracle zusammen. Seit Version 5.0 verfügt die Software über ein Ajax-basierendes Interface (Asynchronous Javascript and XML). Einerseits soll dies ein interaktives Arbeiten im Web-Browser erlauben, und zwar ohne das lästige Neuladen der Web-Seiten. Andererseits sind die Nutzer damit in der Lage, Inhaltsbausteine wie etwa Kundenlisten und Diagramme beliebig auf dem Bildschirm zu platzieren sowie das Erscheinungsbild über Themes anzupassen. Über eine integrierte Administrationsoberfläche lassen sich Felder hinzufügen und Masken verändern sowie Datenfelder in die Datenbank einfügen.

"Konkurrenten wie Siebel und Salesforce.com können keine so moderne Plattform bieten, da sie wesentlich früher als wir ihre Produkte entwickelt haben", behauptet Oram und verweist auf das zarte Alter seines Unternehmens: Sugar CRM wurde erst 2004 gegründet.

ERP-Integration ist oft noch Handarbeit

Was die Wettbewerber dem Herausforderer voraus haben, ist die Integration von Drittsoftware und Datenbanken. Die muss der Anwender in der Sugar-CRM-Umgebung oft noch von Hand in PHP kodieren. Dabei will es Oram nicht bewenden lassen: In den nächsten zwölf bis 18 Monaten möchte Sugar CRM Integrationsmodule einfügen, damit Firmen beispielsweise Business-Software von SAP über vorgefertigte Bausteine einbinden können. Für manche ERP-Produkte haben Partnerunternehmen solche Module bereits entwickelt; zum Teil sind diese auf einem Online-Marktplatz für Erweiterungen ("Sugar Exchange") zu haben.

Einige Spezialisten nehmen dem Anwender die Integrationsarbeit ab. Der Partner Kinamu aus Österreich bietet ein Komplettpaket bestehend aus "SAP ERP" und Sugar CRM an. Die vorintegrierten Lösungen laufen auf einer Appliance und werden dem Kunden gegen eine monatliche Gebühr zur Verfügung gestellt.

Falls die anzubindende Applikation bereits über Web-Services-Schnittstellen verfügt, können Sugar-CRM-Nutzer diese auch über die Integrationskomponente "Sugarsoap" andocken. Sugarsoap bezeichnet der Hersteller als Sammlung von Release-festen Schnittstellenbeschreibungen, die Funktionen der CRM-Software als Web-Service zur Verfügung stellen.

Clint Oram, Europachef von Sugar CRM, will Nutzer der gleichnamigen kostenlosen Open-Source-Software zu Käufern beziehungsweise Mietern der kommerziellen Applikation machen.
Clint Oram, Europachef von Sugar CRM, will Nutzer der gleichnamigen kostenlosen Open-Source-Software zu Käufern beziehungsweise Mietern der kommerziellen Applikation machen.
Foto: Clint Oram

Die Integrationsdefizite der Lösung streitet Oram zwar nicht ab, misst ihnen jedoch keine besonders große Bedeutung bei. Zunächst habe es der CRM-Spezialist nicht primär auf Unternehmen abgesehen, die ihre CRM-Software mit dem ERP-System verbinden wollen. "Im ersten Schritt geht es uns darum, Firmen, die Kundenbeziehungen heute mit Word und Excel pflegen, eine kostengünstige CRM-Umgebung zu bieten", so Oram. Das sind zwar vor allem mittelständische Betriebe, doch dem Manager zufolge haben auch viele größere Unternehmen CRM-Tools im Einsatz, die diesen Namen eigentlich nicht verdienen. Auch liefert Sugar CRM keine branchenspezifischen Produkte aus. Zahlreiche andere Marktteilnehmer sind hier sehr aktiv. Branchenlösungen sollen Partnerfirmen auf Grundlage der Standardsoftware entwickeln.

On-Demand-CRM von Partnern

Künftige Versionen von Sugar CRM werden nach Orams Worten Erweiterungen in Richtung On-Demand liefern. Jeder Mietkunde soll eine eigene Instanz der Business-Software erhalten. Das aktuelle Release Sugar CRM 5.0 bietet schon etwas in dieser Richtung, doch offenbar noch nicht genug.

Sugar CRM betreibt eigene Rechenzentren für On-Demand-Lösungen, verkauft die Softwareplattform aber auch an Partner, die ihrerseits CRM zur Miete in eigenen Data-Centers anbieten sollen. Dieser Ansatz unterscheidet sich somit von dem des reinen On-Demand-Spezialisten Salesforce.com, der Partnern keine Lösungen für eigene Hosting-Offerten bereitstellt.

Darüber hinaus glaubt Oram, dass in Zukunft beispielsweise Konzerne ihren einzelnen Sparten jeweils angepasste CRM-Funktionen über selbstbetriebene On-Demand-Umgebungen anbieten werden.

Sugar CRM 5.0 erhielt eine Ajax-Oberfläche, die mehr Flexibilität sowie die Dynamic einer Windows-Anwendung bieten soll.
Sugar CRM 5.0 erhielt eine Ajax-Oberfläche, die mehr Flexibilität sowie die Dynamic einer Windows-Anwendung bieten soll.

Das On-Demand-Angebot betrachtet Sugar CRM auch als Einsteigerpaket für Firmen, die später eine im eigenen Haus betriebene CRM-Software einführen wollen (On-Premise). Da wie bei anderen Herstellern die On-Demand- und On-Premise-Lösung die gleiche Softwareplattform verwenden, soll der Umstieg keine Probleme bereiten.

Zurzeit beschäftigt das Softwarehaus 150 Mitarbeiter und hat vor, im Jahr 2009 an die Börse zu gehen. Verglichen mit Konkurrenten wie Oracle (Siebel), SAP, Salesforce.com sowie CAS Software ist Sugar CRM noch klein und der Erfolg auf dem Weltmarkt keineswegs schon ausgemacht. Käufer von Softwareprodukten wollen aber wissen, ob ihr Lieferant auch noch in einigen Jahren existiert und der eine oder andere dürfte bei einer gerade vier Jahre alten Softwarefirma seine Bedenken haben. Unternehmen müssen sich keine Sorgen machen, wiegelt Oram ab, denn gerade habe seine Firma frisches Investorengeld erhalten. "Selbst wenn wir vom Markt verschwinden, bleibt der quelloffene Code der Software erhalten und die Entwicklergemeinde kann ihn pflegen." (fn)

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