Nach Cyber-Angriff

Telekom-Chef fordert "Nato fürs Internet"

01.12.2016
Nach dem Angriff auf Telekom-Router geht Konzernchef Höttges in die Offensive und fordert eine Nato fürs Internet. Das Unternehmen habe einen großartigen Job gemacht - und viel Glück gehabt.
"Wir brauchen zudem so etwas wie die Nato für das Internet", verkündete der Telekom-Chef Timotheus Höttges auf einem Fachkongress für Cybersicherheit der Telekom.
"Wir brauchen zudem so etwas wie die Nato für das Internet", verkündete der Telekom-Chef Timotheus Höttges auf einem Fachkongress für Cybersicherheit der Telekom.
Foto: Drop of Light - Shutterstock.com

Nach der Cyber-Attacke auf Router der Deutschen Telekom hat Firmenchef Timotheus Höttges zur "Aufrüstung" für mehr Sicherheit aufgerufen. Jeder einzelne müsse aufrüsten. "Wir brauchen zudem so etwas wie die Nato für das Internet", sagte Höttges auf einem Fachkongress des Unternehmens zum Thema Cybersicherheit am Mittwoch in Frankfurt. Besonders wichtig sei bei solchen Angriffen, dass die betroffenen Unternehmen über ihre Sicherheitsstandards und die erfolgten Angriffe "transparent informieren". Nur der Austausch mache den Schutz möglich.

Am Wochenende waren rund 900 000 Internet-Router der Deutschen Telekom Ziel eines Cyber-Angriffs geworden, der die Geräte weitgehend lahmgelegt hatte.

Außerdem müssten solche Angriffe geächtet werden wie zum Beispiel Landminen, sagte Höttges. "Wir haben noch Glück im Unglück", räumte der Telekom-Chef ein. Den Angreifern war es nicht gelungen, die Router zu kapern, einen einfachen Neustart hatte die Schadsoftware nicht überlebt. Die Telekom werde alles daran setzen, die Lücken so schnell wie möglich zu schließen. Ausdrücklich lobte Höttges die Reaktionsschnelligkeit des Unternehmens. "Wir haben in den letzten drei Tagen einen großartigen Job gemacht."

Für die Telekom stehe die Internet-Sicherheit ganz oben auf der Agenda, doch hundertprozentige Sicherheit werde es im Netz auch künftig nicht geben. Gemeinsames Handeln sei jedoch gefragt. "Das war ein Versuch, eine Armee von Routern zusammenzustellen und dann einen gemeinsamen Angriff zu starten. Warum machen wir das nicht genauso?"

Von der Cyber-Attacke waren von der Telekom vertriebene Router der Marke "Speedport" betroffen. Nutzer konnten nicht mehr ins Netz, bei vielen funktionierten auch das Telefon und der TV-Empfang nicht mehr. Nach Recherchen der Sicherheits-Firma IT Cube Systems waren neben den Routern der Telekom möglicherweise auch weitere Provider wie Türk Telekom, die britische Talktalk Group und die spanische Movistar betroffen.

Aus der Politik wurden Forderungen nach mehr Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen lauter. Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) plädierte etwa für eine engere Kooperation von Bund und Ländern. "Wir müssen uns schlichtweg an einen Tisch setzen, Erkenntnisse und Informationen austauschen, dann werden wir auch besser werden", sagte Jäger am Mittwoch dem RBB-Inforadio. Es müsse verhindert werden, dass Hacker an kritische Infrastrukturen wie etwa die Stromversorgung gelangten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich am Dienstag bereits für eine engere Zusammenarbeit mit Unternehmen ausgesprochen. Die Politik sei auf die Sachkompetenz der Industrie angewiesen. "Deshalb müssen wir in den Cyber-Fragen eng zusammenarbeiten."

Die Telekom etwa fordere schon länger klare gesetzliche Regelungen dafür, dass Hersteller für Sicherheitslücken zur Verantwortung gezogen werden können, sagte Telekom-Sprecher André Hofmann. Ganz ausschließen ließen sich IT-Attacken nach Auffassung des Digitalverbands Bitkom allerdings nicht. "Der Fensterbauer haftet auch nicht, wenn in eine Wohnung eingebrochen wird oder der Hersteller von Fahrradschlössern für den Diebstahl von Fahrrädern", sagte die Bitkom-Geschäftsleiterin Sicherheit und Datenschutz Susanne Dehmel.

Die Attacke auf die Telekom-Router ist nach Einschätzung von Experten nur die "Spitze des Eisbergs". "Angriffe auf Schwachstellen von Routern sind für Angreifer äußerst lukrativ", sagte Tim Berghoff vom IT-Sicherheitsdienstleister G Data. Bei einem erfolgreichen Angriff könnten die Geräte unbemerkt gekapert und später zu einem Botnetz verbunden werden, über das dann etwa Spam-Mails versendet oder auch sensible Daten ausspioniert werden könnten. (dpa/ib)

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