Entscheidungsprozesse visualisieren

Tipps für die Gesprächsführung



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
In Projektsitzungen prallen verschiedene Meinungen und Emotionen aufeinander. Mit Simultan-Visualisieren kann der Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozess sichtbar gemacht und strukturiert werden, sagt Michael Schwartz.

Das Simultan-Visualisieren ist eine Methode der Gesprächsführung, bei der während des Dialogs unterstützende Visualisierungen entstehen - zum Beispiel am Flipchart. Dabei sind den visuellen Ausdrucksmöglichkeiten kaum Grenzen gesetzt. Man kann Worte (zum Beispiel Schlüsselbegriffe und Ziele) visualisieren, mit Farben spielen, Formen einsetzen (wie geometrische Figuren und stilisierte Personen) und spontan Bilder zu Papier bringen. Dabei sollte jedoch der Bezug zum Gesprächsthema deutlich bleiben.

Visualisierung ist ein wichtiges Instrument der Informationsvermittlung.
Visualisierung ist ein wichtiges Instrument der Informationsvermittlung.
Foto: .shock - Fotolia.com

Wirkungsvoll lässt sich diese Methode in Meetings, Teamsitzungen und Workshops, aber auch Coachings nutzen. Denn dadurch, dass ansonsten flüchtige Gesprächsbeiträge festgehalten und für alle Beteiligten transparent gemacht werden, wird die Visualisierung zum Mittelpunkt des Gesprächsprozesses. Sie kann provozierend, erhellend, problematisierend und konsensbildend wirken. Und dem Simultan-Visualisierenden, fortan Leiter genannt, dient das Simultan-Visualisieren unter anderem als Werkzeug zum Klären von Sachverhalten, Positionen und Beziehungen sowie Erklären komplexer Sachverhalte.

Ein mächtiges Instrument der Gesprächsführung

Gute Simultan-Visualisierungen vermitteln Struktur. Sie beleben die Atmosphäre und Kreativität und fördern das Verständnis und die Akzeptanz. Und der Dialogprozess? Er gewinnt an Tiefe und die Ergebnisse werden verbindlicher. Damit erhalten speziell Leiter, die Prozesse ohne institutionelle Macht gestalten wollen, wie Projektleiter eine leistungsfähige Methode der Gesprächsführung an die Hand. Und zugleich erledigt sich das Thema Protokollführung. Denn wirken die Teilnehmer am Entstehen der Visualisierungen mit, akzeptieren sie auch eine Fotodokumentation der Gesprächsergebnisse als Protokoll.

Für die Visualisierungen benötigt man ein Medium - zum Beispiel einen Flipchart. Und für eine ansprechende Gestaltung von ihnen geeignete Stifte. Stifte mit kantigen Spitzen ermöglichen es, kalligrafisch zu schreiben. Die beim Simultan-Visualisieren genutzte Schrift ist als Moderationsschrift bekannt und beliebt wegen ihrer ansprechenden Wirkung.

Manche Personen scheuen Visualisierungen, weil es ihnen schwer fällt, spontan Bilder zu malen. Für sie gibt es einen Rettungsanker: die Formen. Neben den geometrischen Grundformen bieten "freiere" Formen wie abgerundete Rechtecke, diverse Pfeile, Sprechblasen und bildhafte Formen wie eine stilisierte Waage zahlreiche Möglichkeiten der Visualisierung in Wort und Bild. Für das Visualisieren von Menschen gilt: Aus zwei oder drei Grundformen lassen sich plakative Darstellungen von Personen ableiten, denen man sogar Bewegung einhauchen kann - zum Beispiel mittels Schraffuren.

Vier Farben von Stiften genügen zum Simultan-Visualisieren, wenn man die Symbolkraft der Farben nutzt. So können zum Beispiel verbindende Linien, die Zusammenhänge aufzeigen, geschwungen und grün dargestellt werden, so dass sie an Zweige erinnern. Rot eignet sich zum Transportieren emotionaler Botschaften und als Strukturfarbe für Tabellen. Professionell wirkt es, wenn der Leiter einen "Style Guide" für seine Visualisierungen verinnerlicht hat. Das heißt: Er setzt Farben und Formen, dicke und dünne Stifte systematisch ein. Überschriften, Strukturelemente und Inhalte positioniert er nach einheitlichen Regeln. Das verschafft den Meeting-Teilnehmern Orientierung.

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