Wenn’s bei der Arbeit richtig dreckig wird

Umkleidezeit ist Arbeitszeit



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Die Umkleidezeit ist Arbeitszeit, wenn die Arbeitskleidung stark verschmutzt wird und auffällig ist. Dies hat das Arbeitsgericht Hessen entschieden.

In dem entschiedenen Fall ging es um einen Mitarbeiter eines Müllheizkraftwerks. Nach Ansicht des Gerichts kann dieser verlangen, dass ihm die Zeiten als Arbeitszeit vergütet werden, die für das An- und Ausziehen der Arbeitskleidung auf dem Werksgelände und den Weg zwischen Umkleidestelle und Arbeitsplatz anfallen.

Darauf verweist der Bremer Fachanwalt für Arbeitsrecht und Gewerblichen Rechtsschutz Klaus-Dieter Franzen, Landesregionalleiter "Bremen" des VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V., unter Hinweis auf ein Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 23. November 2015, Az.: 16 Sa 494/15.

Unter bestimmten Voraussetzungen wird die Zeit, die für das Umkleiden von Mitarbeitern anfällt, vergütet.
Unter bestimmten Voraussetzungen wird die Zeit, die für das Umkleiden von Mitarbeitern anfällt, vergütet.
Foto: Sanchai Khudpin-shutterstock.com

Nach der bisherigen Rechtsprechung gehören Umkleidezeiten zur Arbeitszeit, wenn das Tragen von Arbeitskleidung Pflicht ist und diese erst im Betrieb angelegt werden darf. Damit ist diese Zeit zu bezahlen. Das Hessische Landesarbeitsgericht hat nun entschieden, dass auch ein Arbeitgeber die Umkleidezeit vergüten muss, der nicht vorgeschrieben hatte, die betriebliche Umkleidestelle zu nutzen.

Übrigens: Arbeitskleidung kann man von der Steuer absetzen

Nach Hause fahren ist unzumutbar

In dem Betrieb war das Tragen von Schutzkleidung Pflicht. Die notwendige Arbeitskleidung wurde regelmäßig erheblich verschmutzt. Das Gericht schloss deshalb aus, dass der Weg zwischen Wohnung und Arbeitsplatz - sei es im eigenen Pkw, sei es in öffentlichen Verkehrsmitteln - in dieser Kleidung zurückgelegt werden kann. Das sei aus hygienischen Gründen weder dem Mitarbeiter selbst noch Mitreisenden in Bussen und Bahnen zuzumuten. Auch wenn der Arbeitgeber es nicht vorgeschrieben habe, könne die Arbeitskleidung faktisch nur im Betrieb an- und ausgezogen werden. Dort habe der Arbeitgeber auch die Reinigung der Arbeitskleidung organisiert.

Außerdem sei das Firmenemblem sehr auffällig. Es sei auch deswegen für den Mitarbeiter nicht zumutbar, den Weg zur Arbeit in dieser Kleidung zurückzulegen. Der auf das Arbeitsverhältnis anzuwendende Tarifvertrag enthielt keine Regelung zur Bezahlung von Umkleidezeiten.

Franzen empfiehlt, dies zu beachten und bei Fragen zum Arbeitsrecht Rechtsrat in Anspruch zu nehmen, wobei er u. a. auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. (www.vdaa.de) verweist.

Weitere Informationen und Kontakt:

Klaus-Dieter Franzen, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und VdAA-Landesregionalleiter "Bremen", c/o Engel und Partner, Schwachhauser Heerstr. 25, 28211 Bremen, Tel.: 0421 2007331, E-Mail: franzen@legales.de, Internet: www.legales.de

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