Mobilrechner fürs Business

Unternehmen lassen Netbooks links liegen

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Der Boom rund um die kompakten Mini-Notebooks lässt Großunternehmen kalt. Marktforscher glauben nicht, dass die Verantwortlichen in den Firmen den großflächigen Einsatz von Netbooks planen.

"Die Akzeptanz für Netbooks ist in Unternehmen sehr gering", sagt IDC-Analyst Bob O'Donnell. Bis dato sei nur wenig Interesse von Firmenkunden an der neuen Notebook-Familie zu spüren. Lediglich kleinere und mittelständische Unternehmen zeigten teilweise Interesse an der Kompaktklasse. Für einen breitflächigen konzernweiten Einsatz eigneten sich die Geräte allerdings nicht. O'Donnell schätzt, dass ungefähr sieben Prozent der weltweit ausgelieferten Netbooks im Segment Small and Medium Businesses (SMB) landeten.

Gartner-Analyst Mika Kitigawa ist noch skeptischer, was die Unternehmenstauglichkeit der Bonsai-Notebooks betrifft. Seiner Prognose zufolge seien in den kommenden zwei Jahren nur ein Prozent aller verkauften Netbooks für den Firmeneinsatz vorgesehen. "Die Netbooks sind billig gefertigt, um Kosten zu sparen und die Rechner günstig anbieten zu können", sagt Kitigawa. Daher eigneten sich die Mobilrechner jedoch kaum für die harten Business-Alltag. Dazu müssten die Modelle robuster sein und Features wie beispielsweise stoßfeste Festplatten mitbringen. Außerdem liefen die meisten Netbooks unter Windows XP Home beziehungsweise Linux. Ein Update auf die Professional Variante von Windows XP verursache zusätzliche Kosten.

Erste Eindrücke von Anwendern scheinen die Einschätzungen der Analysten zu bestätigen. Peter Ubriaco, Geschäftsführer von New York Information Systems, kritisierte in erster Linie die mangelnde Rechenleistung der Netbooks. Die zwei Eee PCs von Asus, die er für einen Testlauf angeschafft hatte, genügten zwar den Basisanforderungen für das mobile Computing wie E-Mail, Internet und Instant Messaging, für anspruchsvollere Office-Applikationen eigneten sich die Rechner jedoch nicht. Netbooks seien attraktiv was den Preis und den Formfaktor betrifft, könnten aber nicht an die Leistung herkömmlicher Rechner und Notebooks heranreichen, bestätigt Berater William Jones. Als Ersatz für den Erstrechner, stationär oder mobil, taugten die Netbooks deshalb nicht. Wer die Mini-Notebooks dagegen lediglich unterwegs als E-Mail- und Surf-Station nutzen möchte, sei mit so einem Gerät gut bedient. Anwender müssten sich also vor dem Kauf genau überlegen, wie sie ein Netbook nutzen wollen. Wer mehr Wert auf die Belastbarkeit der Rechner und die Leistung legt, sollte sich eher nach einem herkömmlichen Notebook umsehen.

Dem Boom rund um die Kompakt-Notebooks tut die Skepsis der Unternehmen keinen Abbruch. IDC rechnet für das laufende Jahr mit einem Absatz von weltweit 20,6 Millionen Geräten. Damit erreiche die Geräteklasse einen Anteil von 12,3 Prozent am gesamten Notebook-Markt. Andere Marktforscher sind noch optimistischer: Abi Research schätzt den diesjährigen Netbook-Absatz auf 35 Millionen Rechner. Bis 2013 soll der Markt weltweit auf gigantische 139 Millionen verkaufte Netbooks anschwellen. Im Vergleich dazu bleibe das Geschäft mit anderen Kompaktformaten überschaubar, prognostiziert ABI-Analyst Kevin Burden. Den Absatz von Ultra Mobile PCs (UMPCs) schätzt er im kommenden Jahr auf 2,2 Millionen. Diese Rechner, die sich kompakter als Netbooks und meist mit Touchscreen und kleineren Tastenfeldern präsentieren, würden sich seiner Einschätzung nach vor allem für spezifische Einsatzgebiete beispielsweise im Gesundheitssektor eignen. Der Verkauf von Mobile Internet Devices (MIDs) werde sich Burden zufolge 2008 auf 5,9 Millionen Geräte belaufen. 2010 könnte sich dieses Segment um den Faktor drei auf 18,3 Millionen verkaufte Rechner verbessern. Der Formfaktor von MIDs ist nicht exakt definiert: Hersteller verstehen darunter Handheld-ähnliche Geräte wie auch kleinformatige Netbooks mit Display-Größen zwischen sechs und acht Zoll.

Generell bleibt das Interesse an Mobilrechnern ungebrochen. Während die Anbieter von Desktop-Systemen mit rückläufigen Absatzzahlen kämpfen, können sich die Notebook-Anbieter über zweistellige Zuwachsraten freuen. IDC schätzt dass in diesem Jahr global 137 Millionen klassische Notebooks verkauft werden, 15 Prozent mehr als im vergangenen Jahr.

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