UPDATE: Aufsichtsrat sieht keine Mitschuld an Conergy-Krise

28.08.2008
(NEU: Weitere Aussagen von HV, Hintergrund) Von Andreas Heitker DOW JONES NEWSWIRES

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HAMBURG (Dow Jones)--Der Aufsichtsrat (AR) der Conergy AG sieht keine Mitschuld daran, dass der Hamburger Solarkonzern im vergangenen Jahr in eine tiefe Liquiditätskrise geraten ist. "Dem Aufsichtsrat können keine Versäumnisse zur Last gelegt werden", sagte der Vorsitzende des Kontrollgremiums, Eckhard Spoerr, am Donnerstag auf der Hauptversammlung.

Nach Angaben von Spoerr ist der AR bereits im Februar 2007 beim Aufkommen erster Hinweise auf eine Ertrags- und Liquiditätskrise aktiv geworden. Der Vorstand habe ab April wöchentlich an das Gremium berichten müssen, sagte er. Im Juli 2007 schien die Krise zunächst gelöst. Davon seien auch die beteiligten Banken ausgegangen. Nach neuen Hinweisen habe der AR im Oktober dann aber eine Sonderprüfung durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young in Auftrag geben müssen, die Klarheit über die Situation gebracht habe.

Spoerr verwies darauf, dass die Probleme auf den alten Vorstand und seine Informations- und Bilanzierungspolitik zurückzuführen seien. Die Versäumnisse des alten Vorstands müssten noch weiter untersucht werden, sagte er. Die Prüfung sei noch nicht abgeschlossen. Dabei gehe es auch um mögliche Schadensersatzansprüche.

Auf der Hauptversammlung (HV) in Hamburg sollen die Aktionäre zwar den alten Aufsichtsrat entlasten. Laut Tagesordnung soll aber die Entlastung des Altvorstands zunächst aber vertagt werden. Von zahlreichen Aktionären wurde an diesem Vorhaben auf der HV Kritik geäußert. Markus Neumann von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) sprach von einem "strategisch-operativen Desaster" und betonte, auch der alte Aufsichtsrat sei für die riesige Kapitalvernichtung bei Conergy verantwortlich und müsse diese Verantwortung öffentlich übernehmen.

Conergy hatte 2007 einen Nettoverlust von 248 Mio EUR verbucht. Anfang November 2007 hatte der Vorstandsvorsitzende Hans-Martin Rüter das Unternehmen verlassen und war durch den damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Dieter Ammer ersetzt worden.

Ammer, der die derzeitige Restrukturierung des TecDAX-Konzerns eingeleitet hatte, erklärte die Krise auf der HV mit einem zu schnellen und unkontrollierten Wachstum des Unternehmens. Conergy habe zu viel auf einmal angefasst und sei in allen Annahmen zu optimistisch gewesen, sagte er vor den Aktionären. "Wir machten Masse statt Marge." Nur der Anfang November 2007 kurzfristig organisierten Kapitalerhöhung sei es zu verdanken, dass Conergy überlebt habe.

Der heutige Vorstandsvorsitzende warb vor den Aktionären für die Zustimmung zur geplanten Kapitalerhöhung in Höhe von 450 Mio EUR. Die Kapitalerhöhung sei unter anderem notwendig, um die Zinslast des Konzerns zu senken, betonte Ammer. Das Geld solle helfen, die hohe Verschuldung von derzeit 620 Mio EUR abzubauen, sagte er und verwies auch auf die niedrige Eigenkapitalausstattung von zurzeit nur 6%. Auf der HV müssen drei Viertel des anwesenden Kapitals der Kapitalerhöhung billigen, damit sie umgesetzt werden kann.

Ammer unterstrich, dass auch die neue Modulfabrik in Frankfurt/Oder in der künftigen strategischen Ausrichtung von Conergy noch eine wichtige Rolle spiele. Die neue Fertigung solle die Grundversorgung des Unternehmens mit Solarmodulen sicher stellen. Conergy wolle aber einen strategischen Partner an dem Werk beteiligen. Derzeit werde bereits mit Interessenten beteiligt, so Ammer. Namen nannte er nicht. Die "Financial Times Deutschland" hatte vor zwei Wochen berichtet, der südkoreanische Elektronikkonzern LG Electronics gelte als möglicher Partner.

Prognosen für das Gesamtjahr gab Conergy auf der Hauptversammlung zunächst nicht. Der Konzern hatte seinen bisherigen Ausblick bereits Anfang August aufgehoben, weil der Prospekt zur Kapitalerhöhung aktualisierte Aussagen enthalten soll. Anfang Februar hatte der Konzern angekündigt, für das fortgeführte Geschäft erwarte Conergy für 2008 einen Umsatzzuwachs auf deutlich über 1 Mrd EUR. Das EBITDA werde vor Sondereffekten wohl ausgeglichen sein. Wegen der Sonder- und Einmaleffekte für 2008 rechnete der Konzern aber mit einem negativen EBIT in einem hohen zweistelligen Mio-EUR-Bereich.

Webseite: http://www.conergy.de -Von Andreas Heitker, Dow Jones Newswires, +49 (0)211 13872 14, andreas.heitker@dowjones.com DJG/hei/bam

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