UPDATE: Eisenerzpreis verdoppelt sich für ThyssenKrupp

22.04.2010

(NEU: Hintergrund)

Von Martin Rapp

DOW JONES NEWSWIRES

ESSEN (Dow Jones)--Die Stahlsparte des ThyssenKrupp-Konzerns muss künftig teilweise doppelt so viel für Eisenerz bezahlen und sich auf die vierteljährliche Neuverhandlung der Verträge einstellen. Das Unternehmen warnte am Donnerstag erstmals in eigenem Namen vor den Gefahren für die Konjunktur und forderte die Politik zum Handeln auf.

Man habe Preissteigerungen von zum Teil über 100% für den für die Stahlherstellung benötigten Rohstoff akzeptieren müssen, teilte ein Sprecher der ThyssenKrupp Steel Europe AG mit. Der Vertrag orientiere sich an den Abschlüssen, die zuvor bereits in Asien bekanntgeworden waren. Er gelte vorläufig nur für das aktuell laufende Quartal. Zu den Details der Vertragskonditionen sei Stillschweigen vereinbart worden.

Anfang April hatte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Stahlsparte die Forderungen der Rohstoffkonzerne für die hauptsächlich verwandten stark eisenhaltigen Eisenerzpellets auf einen Preisanstieg von 130% beziffert. Für Stückerz sollte ThyssenKrupp demnach 105% mehr zahlen, für Feinerz 85%.

Erstmals machte sich das Unternehmen auch die bisher nur von den Arbeitnehmern und dem Branchenverband vorgebrachten Argumente zu Eigen. Die Politik solle Rahmenbedingungen schaffen, um der Industrie verlässliches Wirtschaften zu ermöglichen und die Gefahr der Spekulation bannen. Das Unternehmen warnte davor, dass der noch fragile Konjunkturaufschwung durch das Vorgehen der Rohstoffkonzerne einen herben Rückschlag erleiden könne.

Seit Jahresanfang haben die drei den Weltmarkt beherrschenden Minenkonzerne verstärkt dafür geworben, die jahrzehntelang geübte Praxis einjähriger Lieferverträge zugunsten kurzfristigerer Kontrakte aufzugeben. Sie bevorzugen eine Orientierung an den Spotmarktpreisen, welche sich binnen Jahresfrist verdoppelt haben. Zusammen haben der brasilianische Vale-Konzern, die australische BHP Billiton und der britische Bergbaukonzern Rio Tinto einen weltweiten Marktanteil bei Eisenerz von über 70%. Letztere planen zudem ein Gemeinschaftsunternehmen in der Eisenerzförderung in Westaustralien. Die Stahlindustrie fordert von den Aufsichtsbehörden, das Vorhaben zu unterbinden. Zur Zeit prüfen unter anderem die Europäische Kommission und das Bundeskartellamt die Pläne der beiden Konzerne. Die Stahlindustrie wurde durch die Wirtschaftskrise heftig gebeutelt. Im vergangenen Jahr war die Stahlproduktion in Deutschland um fast 30% auf 32,7 Mio Tonnen und damit auf das niedrigste Niveau seit 1963 gesunken. Wichtige Kunden wie die Automobilhersteller oder die Bauindustrie hatten weniger Bedarf und zudem von ihren Lagerbeständen gelebt. Der deutsche Branchenprimus ThyssenKrupp schloss das Geschäftsjahr 2008/09 mit einem Verlust von fast 2 Mrd EUR ab, Deutschlands zweitgrößter Hersteller Salzgitter verbuchte 2009 einen Fehlbetrag von fast 400 Mio EUR. Beide Unternehmen waren in ihren Prognosen für 2010 zuletzt eher vorsichtig, nicht zuletzt wegen der drohenden Preiserhöhungen.

Webseite: www.thyssenkrupp.com -Von Martin Rapp, Dow Jones Newswires; +49 (0) 211 13 87 214; martin.rapp@dowjones.com DJG/mmr/cbr Besuchen Sie auch unsere Webseite http://www.dowjones.de

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