UPDATE: Protestwelle gegen Umschalt-Stau bei Deutscher Telekom

13.12.2007

(NEU: Stellungnahmen von VATM und Deutscher Telekom)

Von Stefan Paul Mechnig

Dow Jones Newswires

DÜSSELDORF (Dow Jones)--Ein langer Stau beim Umschalten von Telefonkunden zu anderen Anbietern hat in der Branche zu einer Protestwelle gegen die Deutsche Telekom AG geführt. Der Verband VATM rief am Donnerstag die Bundesnetzagentur auf, den Ex-Monopolisten zu einer schnellen Überlassung der Hausanschlüsse zu verpflichten. Über 100.000 DSL-Kunden, die zu Konkurrenten wechseln wollten, seien von den Verzögerungen betroffen. Nach Arcor beantragte jetzt auch Telefonica ein Missbrauchsverfahren gegen den Bonner Konzern. Weitere Schritte werden erwartet.

Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) warf der Telekom vor, ihre Wettbewerber absichtlich zu benachteiligen. Die Tatsache, dass das Unternehmen bei eigenen Kunden die Umschaltung innerhalb weniger Tage vornehme, zeige, "dass es sich nicht um prozessbedingte Verzögerungen handelt, sondern um Diskriminierung auf breiter Front", erklärte Verbandsgeschäftsführer Jürgen Grützner. Die Mitgliedsunternehmen seien seit Monaten, in manchen Fällen seit Jahren mit der Telekom im Gespräch, um höhere Bereitstellungsmengen bei der Teilnehmeranschlussleitung zu erhalten.

Da der Ex-Monopolist für die Umschaltung der Leitungen zudem hohe Einmalentgelte erhält, sind die Wartezeiten nur damit zu erklären, dass der Wettbewerb an dieser Stelle ausgebremst werden soll", kritisierte Grützner. Die Zahl der Kunden, die bei der Telekom sozusagen in der Warteschleife hingen, sei heute sogar deutlich höher als während des Streiks im Frühjahr. Dadurch wird das weitere Wachstum des Breitbandmarktes deutlich behindert." Hier müsse die Bundesnetzagentur einschreiten.

Deren Präsident Matthias Kurth räumte in einem Interview ein, dass es Verzögerungen gebe, die zu einer "unbefriedigenden Situation" geführt hätten. man denke darüber nach, bei ungerechtfertigten Aufschüben Vertragstrafen gegen die Telekom zu verhängen, sagte er der "Rheinischen Post". Allerdings müsse das auch für alternative Anbieter gelten, wenn sie bestellte Anschlüsse nicht in Anspruch nähmen. Bislang lautet die Regel, dass der Bonner Konzern bei vorab vereinbarten Liefermengen binnen sieben Tagen die Leitungen freischalten muss.

Diese Frist wurde nach Informationen des Bundesverbandes Breitbandkommunikation (Breko), der im Unterscheid zum breiter aufgestellten VATM speziell die Interessen der Festnetzanbieter vertritt, im November in 28% der Fälle nicht eingehalten. Verbandsgeschäftsführer Rainer Lüddemann sagte der Nachrichtenagentur Dow Jones Newswires weiter, solche Engpässe träten seit Jahren immer im Herbst auf vor dem wichtigen Weihnachtsgeschäft.

Das führe bei den Wettbewerbern zu großer Planungsunsicherheit. Wenn neue Kunden wegen technischer Verzögerungen nicht angeschaltet werden könnten, sei das extrem rufschädigend für die Unternehmen. Daher seien jetzt strukturelle Änderungen an den Verträgen nötig, betonte Lüddemann. Wichtig sei dabei die Möglichkeit empfindlicher Sanktionen gegen die Telekom.

Um dem Ansinnen Nachdruck zu verleihen, habe noch eine Reihe weiterer Wettbewerber vor, bei der Netzagentur Antrag auf Eröffnung eines Missbrauchsverfahrens gegen die Telekom zu stellen. Der Breko hatte sich wegen des akuten Engpasses bereits vor kurzem selbst an die Bonner Behörde gewandt.

Telefonica Deutschland will ihre Eingabe am Freitag machen. Das Unternehmen, das als Großhändler seine Breitbandleitungen an DSL-Endkundenabieter wie United Internet, freenet oder Hansenet vermietet, sehe sich sich durch das Verhalten der Telekom im Wettbewerb stark behindert, sagte Geschäftsführer Johannes Pruchnow. Bereits Ende November hatte zweitgrößte deutsche Telefonfestnetzanbieter Arcor ein Missbrauchsverfahren beantragt. Seit Beginn des Jahres sei im Durchschnitt mehr als jeder vierte Antrag 18 Tage nicht bearbeitet worden.

Die Telekom wies die Vorwürfe erneut zurück. Die Absprachen für vertraglich vereinbarte Liefermengen würden eingehalten, sagte ein Unternehmenssprecher. Zudem seien kürzlich zusätzliche Mittel zur Bewältigung regionaler Spitzen bereit gestellt worden. Bis die Maßnahmen griffen, dauere es jedoch eine gewisse Zeit.

Die letzte Meile zu den Telefonbuchsen der Kunden, um die es in dem Konflikt geht, ist von grundlegender Bedeutung für die Telekom-Wettbewerber mit eigenen Netzen. Deren Infrastruktur reicht nämlich in der Regel nicht bis an die Häuser und Grundstücke. Nur über die Anmietung des Teilstücks könnten sie den direkten Kontakt zu den Haushalten herstellen, um etwa schnelle DSL-Leitungen anzubieten.

Webseiten: http://www.VATM.de http://www.brekoverband.de http://www.telekom.de http://www.telefonica.de http://www.BNetzA.de -Von Stefan Paul Mechnig, Dow Jones Newswires, ++ 49 (0) 211 - 13 87 213, TMT.de@dowjones.com DJG/stm/brb

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