UPDATE: Qimonda kündigt Restrukturierung und Stellenabbau an

13.10.2008
(korrigierte Fassung) Von Nico Schmidt und Philipp Grontzki DOW JONES NEWSWIRES

(korrigierte Fassung) Von Nico Schmidt und Philipp Grontzki DOW JONES NEWSWIRES

MÜNCHEN (Dow Jones)--Die Qimonda AG hat vor dem Hintergrund der Schwäche auf dem Markt für DRAM-Speicherchips ein umfassendes globales Restrukturierungs- und Kostensenkungsprogramm angekündigt und will das Geschäft mit Speicherchips für PCs drastisch reduzieren. Ziel sei eine Neupositionierung im Markt und eine mit der Neuausrichtung einhergehende wesentliche Effizienzsteigerung, teilte der in München ansässige Chiphersteller am Montag mit. Von den Maßnahmen seien etwa 3.000 Mitarbeiter betroffen.

Im Zuge der Restrukturierung werde bis zum Januar 2009 die Fertigung in der 200-mm-Produktionsanlage in Richmond (USA) vollständig zurückgefahren und damit der Ausstieg aus der 200-mm-Fertigung abgeschlossen, hieß es von der Infineon-Tochter. Auch die Backend-Fertigung für Komponenten und Module in Dresden solle bis Ende März 2009 eingestellt werden. Daneben plant Qimonda, die Kosten für Forschung und Entwicklung sowie seine Verwaltungskosten und die Mitarbeiterzahl - hauptsächlich in München, Dresden und Raleigh (USA) - zu reduzieren.

Auch der in der Nacht zum Montag mitgeteilte Verkauf der 35,6-prozentigen Beteiligung am taiwanischen Chiphersteller Inotera Memories an den US-Wettbewerber Micron stehe im Zusammenhang mit der strategischen Neuausrichtung. Micron wird für den Anteil den Angaben zufolge 400 Mio USD zahlen. Qimonda erwartet aus der Transaktion einen Buchverlust von rund 300 Mio EUR.

"Der tiefgreifende gegenwärtige Abschwung in der DRAM-Industrie und die Konsequenzen für unsere finanzielle Situation haben uns veranlasst, unser Geschäftsmodell neu auszurichten", sagte der Vorstandsvorsitzende von Qimonda, Kin Wah Loh. "Wir planen, unsere Aktivitäten zukünftig auf ausgewählte Marktsegmente zu konzentrieren, in denen wir unsere innovativen Technologien optimal nutzen können".

Insgesamt werde sich die Kapazität über die kommenden neun Monate um rund 40% reduzieren, hieß es.

Qimonda hatte Ende Februar die so genannte Buried-Wordline-Technik vorgestellt. Chips, die basierend auf dieser Technologie hergestellt werden, sind anders gebaut als die bisherigen Qimonda-Chips mit Trench-Technik und ermöglichen kleinere Strukturbreiten für die Speicherhalbleiter. Zudem soll der Stromverbrauch dieser Chips deutlich unter denen mit herkömmlicher Technik liegen. Das Unternehmen teilte am Montag mit, sich künftig auf Infrastruktur- und Grafikprodukte zu konzentrieren, die auf dieser Technologie aus der 300-mm-Produktion basieren.

Eine Entwicklungskooperation für DRAM-Chips zwischen Qimonda und dem japanischen Wettbewerber Elpida liege derzeit auf Eis, sagte der CEO von Qimonda am Montag. Im Rahmen der Kooperation, die im Juni besiegelt worden war, war geplant, dass Qimonda sein Know-How zu Buried Wordline und Elpida seine Stack-Technologie in die Entwicklung einbringt.

Qimonda geht davon aus, dass das Restrukturierungsprogramm zu Einsparungen von weltweit etwa 450 Mio EUR jährlich führen wird. Das Unternehmen rechnet im Zusammenhang mit dem Programm mit Restrukturierungsaufwendungen von etwa 50 Mio EUR im laufenden Geschäftsquartal. Zudem seien weitere Aufwendungen in den zwei darauf folgenden Quartalen möglich.

Die vollständige Implementierung des Restrukturierungs- und Kostensenkungsprogramm sei bis zum Ende des dritten Geschäftsquartals 2009 zu erwarten, teilte das Unternehmen weiter mit. Die Stellenstreichungen verteilen sich laut Qimonda jeweils zur Hälfte auf Nordamerika und Deutschland.

Daneben teilte Qimonda mit, dass Finanzvorstand Michael Majerus auf eigenen Wunsch zurücktrete und beabsichtige, sich anderen Aufgaben zuzuwenden. Chief Operating Officer Thomas Seifert soll die Aufgaben des Finanzvorstands übergangsweise zusätzlich zu seinen bestehenden Verpflichtungen übernehmen.

Infineon hatte Qimonda im August 2006 an die Börse gebracht, um sich auf die Produktion von Logikchips für Automobil-, Industrie- sowie Telekommunikationsunternehmen zu konzentrieren, und will seinen Anteil signifikant reduzieren. Die Speicherchiptochter hatte zuletzt unter dem anhaltenden Preisverfall in der Branche gelitten und Infineon hohe Verluste beschert. Infineon hält derzeit 77,5% an Qimonda.

Infineon teilte in diesem Zusammenhang am Morgen mit, es fänden Gespräche "mit verschiedenen Investoren" statt. Ziel der Verhandlungen sei es, die Beteiligung an Qimonda "ganz oder teilweise zu veräußern". Die Gespräche liefen noch - aufgrund der aktuellen Lage an den Finanzmärkten sowie der Preissituation im Markt für DRAM-Speicherchips sei der Ausgang der Verhandlungen jedoch ergebnisoffen.

Die Infineon-Aktie profitiert an der Frankfurter Börse von den Nachrichten: Bis gegen 12.20 Uhr gewinnt das Papier 15,7% auf 3,18 EUR. Damit gehört die Infineon-Aktie zu den stärksten Kursgewinnern in einem sehr fest tendierenden DAX. Ein Händler wertet vor allem den Verkauf der Inotera-Beteiligung von Qimonda als positiv für Infineon. "Damit ist diese Hängepartie endlich beendet und Infineon erhält frisches Kapital".

Auch Analysten werten das Restrukturierungsprogramm und den damit verbundenen Verkauf der Beteiligung an dem Joint Venture als Schritt in die richtige Richtung. "Damit hat sich Qimonda Liquidität gesichert, was den Druck von Infineon nimmt, trotz gegenteiliger Zusagen doch noch Mittel in den Quartal für Quartal Bargeld verbrennenden DRAM-Hersteller zu schießen", sagt beispielsweise Eerik Budarz, Analyst beim Bankhaus Metzler.

Die Chance auf eine Veräußerung des Infineon-Anteils an Qimonda hat sich nach Meinung der Branchenkenner damit allerdings zunächst nicht wesentlich verbessert.

Webseiten: http://www.infineon.com http://www.qimonda.com -Von Philipp Grontzki, Dow Jones Newswires; +49 (0)69 - 29725 107, philipp.grontzki@dowjones.com DJG/phg/ncs/brb

Copyright (c) 2008 Dow Jones & Company, Inc.

Zur Startseite