UPDATE: SAP erwägt nach Spionagevorwurf Verkauf von TomorrowNow

20.11.2007
(NEU: Aussagen SAP-Sprecher, Hintergrund, Aktienkurs)

(NEU: Aussagen SAP-Sprecher, Hintergrund, Aktienkurs)

Von Alexander Becker

DOW JONES NEWSWIRES

FRANKFURT (Dow Jones)--Die SAP AG hat Konsequenzen aus dem Vorwurf der Industriespionage bei ihrer US-Tochter TomorrowNow gezogen. Mehrere Mitglieder des Managements, darunter der Firmengründer, haben das Unternehmen verlassen, teilte der Software-Hersteller am späten Montag mit. Zudem erwäge der in Walldorf ansässige Softwarekonzern den Verkauf des Tochterunternehmens.

TomorrowNow gehört nicht mehr zum Kerngeschäft von SAP, sagte ein Sprecher Dow Jones Newswires. Daher prüfe sein Unternehmen "alle Optionen" für die Tochter einschließlich eines Verkaufs. Näheres dazu wollte der Sprecher mit Verweis auf das frühe Stadium dieser Entscheidungsfindung nicht machen.

TomorrowNow ist auf die Wartung von SAP-fremder Unternehmenssoftware etwa von den zum Wettbewerber Oracle gehörenden Anbietern JD Edwards und PeopleSoft spezialisiert. Im vergangenen Geschäftsjahr erwirtschaftete das Unternehmen mit rund 150 Mitarbeitern einen Umsatz von 15,7 Mio EUR.

SAP legt ihren Fokus derzeit auf die Gewinnung von Marktanteilen bei der Unternehmenssoftware für den Mittelstand und will mit der Übernehme der französischen Business Objects in das Geschäftsfeld Datenbank-Management-Lösungen für Unternehmenskunden (Business Intelligence) einsteigen. SAP wies für 2006 einen Umsatz von 9,4 Mrd EUR aus.

Bei der Anfang 2005 erworbenen TomorrowNow müssen nun zunächst wesentliche Positionen der Führungsmannschaft neu besetzt werden. Anders als Firmengründer und Chief Executive Officer Andrew Nelson, bleibe Mark White als Executive Chairman aber im Amt. White war nach Bekanntwerden der Spionagevorwürfe im Juli eingesetzt worden. "Da es sich hier um Personalfragen handelt, können wir dieses nicht näher kommentieren", sagte der SAP-Sprecher zu den Hintergründen der Rücktritte im TomorrowNow-Management.

SAP-Wettbewerber Oracle wirft der in Bryan, im US-Bundesstaat Texas, ansässigen SAP-Tochter vor, Mitarbeiter hätten sich wiederholt Zugang zu einer Internetseite für die Kundenbetreuung von Oracle verschafft und unerlaubt Software heruntergeladen. Oracle hat SAP verklagt.

Der deutsche Software-Konzern hat eigenes Fehlverhalten bereits im Juli eingeräumt, das von Oracle genannte Ausmaß aber zurückgewiesen. "Wir haben keine Industriespionage betrieben und Oracle ist kein nennenswerter Schaden entstanden," sagte Vorstandsvorsitzende Henning Kagermann im Sommer. Der Prozess wegen Industriespionage soll im Februar 2009 San Francisco eröffnet werden. "Ein möglicher Verkauf hätte keine Auswirkungen auf die juristischen Auseinanderstzungen mit Oracle", erläutert der SAP-Sprecher.

Mit dem Abgang leitender Manager bei TomorrowNow und dem möglichen Verkauf des Unternehmens könne sich der Blick am Markt auf die Spionagevorwürfe von Oracle gegen SAP ändern, hieß in einer ersten Reaktion in einem Broker-Kommentar: "Angesichts der Abgänge bei TomorrowNow scheinen die Vorwürfe von Orcale berechtigter als zuvor."

Bislang habe SAP stets bestritten, dass Mitarbeiter sich Zugang zu einer Internetseite für die Kundenbetreuung von Oracle verschafft und unerlaubt Software heruntergeladen haben sollen. "SAP sind einer der schwächsten DAX-Werte im laufenden Jahr, aber es scheint als müsse man trotzdem nach wie vor auf der Hut sein", sagt ein Händler

Die Aktie zeigte sich am Dienstagvormittag allerdings davon unbeeindruckt. Um 10.52 Uhr notierte das Papier in einem etwas festeren Gesamtmarkt 0,9% im Plus bei 35,23 EUR.

Webseiten: http://www.tomorrownow.com/ http://www.sap.com/ http://www.oracle.com/ http://www.tnlawsuit.com/

- Von Alexander Becker, Dow Jones Newswires, +49 (0)89 5521 40 30 industry.de@dowjones.com

DJG/dct/abe/cbr

Copyright (c) 2007 Dow Jones & Company, Inc.

Zur Startseite