UPDATE: Siemens im 2Q operativ besser als erwartet

30.04.2008

(NEU: Details, Händlereinschätzung)

Von Alexander Becker

DOW JONES NEWSWIRES

MÜNCHEN (Dow Jones)--Die Siemens AG hat im zweiten Quartal 2007/08 belastet von negativen Projektrisiken einen deutlichen Gewinneinbruch verzeichnet, sich im operativen Geschäft aber besser als von Analysten erwartet entwickelt. Bei einem Umsatzplus von 2% auf 18,094 Mrd EUR fiel das Nettoergebnis auf 412 Mio EUR nach 1,259 Mrd EUR im Vorjahr, teilte der DAX-Konzern am Mittwoch mit. Weitere materielle Belastungen im laufenden Geschäftsjahr wurden bei der inzwischen weitgehend abgeschlossenen Projektüberprüfung nicht gefunden.

Händler bezeichneten die vorgelegten Zahlen als "sehr gut auf den ersten Blick". Vor allem die Bereichsergebnisse hätten deutlich übertroffen. "Zudem sehen die Auftragseingänge gigantisch aus", so ein Händler. Die Siemen-Aktie notiert im vorbörslichen Handel mit minus 0,2% nahezu unverändert bei 73,13 EUR zu 73,36 EUR.

Der als Indikator für die künftige Geschäftsentwicklung wichtige Auftragseingang stieg im Berichtszeitraum im Vergleich zum Vorjahr auf vergleichbarer Basis um 15% auf 23,371 Mrd EUR. Das Ergebnis der Bereiche fiel im Berichtszeitraum auf 1,203 Mrd EUR von im 1,781 Mrd EUR im Vorjahreszeitraum und damit nicht so stark wie von Analysten erwartet. Das Ergebnis der Bereiche bildet bei Siemens die operative Ergebnisentwicklung des Kerngeschäfts ab.

In diesem Ergebnis sind Sonderbelastungen aus Projektrisiken in den Bereichen Power Generations (PG), Transportation Systems (TS) und Siemens IT Solutions and Services (SIS) von 857 Mio EUR enthalten.

Von Dow Jones Newswires befragte Analysten hatten mit einem Auftragseingang von 22,4 Mrd EUR und einem Umsatz von 19,3 Mrd EUR gerechnet. Die Konsensprognose für das operative Ergebnis der Bereiche beliefe sich bei relativ großen Schwankungen in der Prognose auf 976 Mio EUR und für das Nettoergebnis auf 351 Mio EUR.

Der nach Umsatz größte Siemens-Geschäftsbereich Automation & Drives (A&D) wies für den Berichtszeitraum mit 16,7% eine deutlich über den Erwartungen liegende Ergebnismarge aus und zeigte dabei eine anhaltend robusten Auftragseingang. Der A&D-Auftragseingang legte auf vergleichbarer Basis um 14% nach 15% im Vorquartal zu. Analysten hatten im Vorfeld bereits auf Aussagen des Managements verwiesen, nach denen sich das Geschäft nach wie vor gut entwickelt. Im Mittel rechnen die Analysten bei A&D mit einer berichteten Marge von 14,9%.

A&D gilt wie die Lichttechnik-Sparte Osram als einer der Frühindikatoren im Siemens-Konzern für konjunkturelle Zyklen. Entsprechend hatten Analysten die Entwicklung des Wachstums im Vorfeld der Zahlen in den Blickpunkt gerückt. Osram verzeichnete bei Umsatz und Auftragseingang ein Plus von jeweils 6% nach 7% im Vorquartal.

In Folge der Projektbelastungen wiesen die Bereiche PG mit minus 7,5% (Vj 10,7), TS mit minus 15,6 (Vj 5,0%) und SIS mit minus 2,8% (Vj 5,2%) teilweise deutlich negative Margen aus.

Siemens hatte wegen der Projektrisiken in diesen Bereichen Mitte März eine Gewinnwarnung ausgegeben und die wenige Monate alten Prognosen für das laufende und kommende Geschäftsjahr kassieren müssen. Analysten sprachen von einem großen Vertrauensverlust in die Glaubwürdigkeit des Siemens-Management. Positiv dürften nun zahlreiche Analysten die Aussage des Konzerns werten, dass keine weiteren materiellen Belastungen gefunden worden seien. Mehrere Analysten hatten hier mit zusätzlichen Belastungen im dreistellligen Mio-EUR-Bereich für das laufende Jahr gerechnet.

"In keinem der drei untersuchten Bereiche wurden zusätzliche Risiken identifiziert, die über die bereits am 17. März genannten Belastungen von knapp 900 Mio EUR wesentlich hinausgehen", so das Unternehmen. Die Prüfung der Kraftwerksprojekte bei PG wurde inzwischen abgeschlossen und bei TS "entscheidend vorangetrieben".

Bei PG rechnet Siemens allerdings in Folge der Überprüfung auch in den kommenden Quartalen mit negativen Margeneffekten. Auch die bei PG verbuchte Atomkraft-Joint-Venture Areva NP werde in den kommenden Quartalen "schwankende" Ergebnisse ausweisen. Im zweiten Quartal fiel hier ein Beteiligungsergebnis von 21 Mio EUR an.

Im Rahmen der Erwartungen bewegte sich der nach PG und A&D drittgrößte Bereich Medical Solutions (Med). So erwirtschaftete der Bereich mit 12,5% eine Marge im Rahmen der Analystenerwartungen. Belastend wirkten sich Kosten im zusammenhang mit der Übernahme von Dade Behring aus, die das Ergebnis mit 370 Basispunkten belasten. Eine Verlangsamung zeigte sich allerdings beim Wachstum von Umsatz- und Auftragseingang. Diese legten auf vergleichbarer Basis nur noch um 2% bzw 1%, nach 2% und 5% im Vorquartal.

Siemens-Wettbewerber General Electric (GE) hatte vor wenigen Tagen enttäuschende Quartalszahlen vorgelegt und dieses unter anderem mit einem schwachen Medizintechnikgeschäft auf dem US-Markt begründet. In den USA haben die Medizintechnik-Anbieter bereits seit mehreren Quartalen mit dem Deficit-Reduction-Programm der Regierung zu kämpfen, das auch die Ausgaben der US-Krankenhäuser beeinflusst. Der zweite Wettbewerber Philips hatte dagegen deutlich bessere Quartalsergebnisse in der Medizintechnik vorzuweisen.

Siemens gab mit den Zweitquartalszahlen nun wie angekündigt auch eine neue Prognose für das laufende Geschäftsjahr 2007/08 aus. Demnach rechnet das Unternehmen mit einem organischen Umsatzwachstum, das doppelt so hoch ist, wie das weltweite Bruttoinlandsprodukt. Das Ergebnis der Bereiche wird ebenso wie das Ergebnis aus fortgeführtem Geschäft auf Vorjahresniveau gesehen. Hier hatte Siemens im abgelaufenen Geschäftsjahr nach eigenen Angaben 6,56 Mrd EUR bzw 3,909 Mrd EUR ausgewiesen.

Ursprünglich hatte Siemens bereits im November für 2007/08 in Aussicht gestellt, den Umsatz doppelt so stark wie das weltweite Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu steigern. Das Ergebnis der Bereiche sollte wiederum doppelt so stark wie der Umsatz wachsen. Basierend auf den damals zu Grunde liegenden Prognosen Global Insight entsprach das einem Umsatzplus von mindestens rund 7% und einem operativen Ergebniswachstum von 14%.

Siemens bekräftigte zudem die mittelfristigen Ertragsziele, die sich das Unternehmen mit dem Programm Fit for 2010 gesetzt hat.

Webseite: http://www.siemens.com -Von Alexander Becker, Dow Jones Newswires, +49 (0)89 5521 40 30 industry.de@dowjones.com DJG/abe/mim

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