UPDATE: VDO-Bieterwettstreit zwischen TRW/Blackstone und Conti

18.07.2007
(NEU: Analysten, Aktienkurse)

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Von Alexander Becker und Michael Brendel

Dow Jones Newswires

HANNOVER/MÜNCHEN (Dow Jones)--Im Rennen um die Zukunft eines der größten deutschen Automobilzulieferer kommt es zu einem Bieterwettstreit. Für die Siemens-Automobilzuliefertochter VDO seien die Continental AG und TRW/Blackstone "die verbliebenen ernsthaften Kandidaten für einen Kauf", sagten am Mittwoch mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen zu Dow Jones Newswires.

Dabei hat den vorliegenden Informationen zufolge TRW/Blackstone die Nase vorn: Das verbindliche Angebot des US-Automobilzulieferes soll sich bislang auf über 12 Mrd EUR belaufen, während Conti derzeit gut 11 Mrd EUR biete. Die verbindlichen Angebote sollen bis Ende der Woche Siemens vorliegen, damit am 25. Juli der Aufsichtsrat des Münchener Konzerns eine Entscheidungsgrundlage für das weitere Vorgehen hat, sagte eine der Personen. Ein Siemens-Sprecher wollte am Mittwoch die Aussagen nicht kommentieren.

Wie Dow Jones Newswires zudem von einer weiteren Person erfuhr, wird sich auch der Conti-Aufsichtsrat am 25. Juli zu einer Sondersitzung zusammenfinden. Die Einladung dazu sei kurzfristig erfolgt. Offenbar soll das Kontrollgremium dann ein verbindliches Angebot absegnen. Bislang war bekannt, dass Continental ein indikatives Angebot von gut 10 Mrd EUR abgegeben hat.

Der von TRW/Blackstone offerierte Preis liege über den bisherigen Erwartungen der Analystenzunft, sagte ein Analyst. Der "Konsens" der Erwartungen dürfte bei gut 11 Mrd EUR liegen. Angesichts eines Umsatzes von VDO von rund 10 Mrd EUR im vergangenen Jahr seien Gebote in dieser Höhe gerechtfertigt. "In dem Bieterstreit um die Siemens-Perle muss man schon mehr als einen Jahresumsatz hinlegen", sagte der Analyst.

Nun müsse abgewartet werden, ob Continental "aggressiv" vorgehe und die Offerte von TRW/Blackstone überbiete. Spannend sei die Frage, ob Siemens bis inklusive Freitag die Veröffentlichung von Geschäftszahlen für VDO vorzieht. "Dann wüsste man genauer, was VDO möglicherweise wert ist."

Siemens hatte in der Vergangenheit mehrfach erklärt, dass für eine Entscheidung über das weitere Vorgehen verbindliche Angebote vorliegen müssen. Den bisherigen Aussagen des Vorstands zufolge wird ein Verkauf zwar nicht ausgeschlossen, Priorität besitzt aber ein Börsengang, den das Unternehmen bereits im Januar dieses Jahres angekündigt hat.

Angesichts der bisherigen Höhe der Gebote scheint ein Verkauf allerdings immer wahrscheinlicher. "Wenn die Angebotssumme deutlich über dem als Schwellenwert gesehenen zweistelligen Milliardenbetrag liegt, wird es der Aufsichtsrat schwer haben, ein Übernahmeangebot abzulehnen", erfuhr Dow Jones Newswires aus Siemens-Aufsichtsratskreisen.

Die Arbeitnehmerseite in dem Gremium werde aber wohl einem Verkauf nicht zustimmen können, wenn es dabei nicht zumindest die Zusicherung gebe, "dass man fair miteinander umgeht", heißt es in den Kreisen.

Der für die Continental-Konzernsparte Automotive Systems (CAS) verantwortliche Konzernvorstand Karl-Thomas Neumann hatte sich am Vortag im Gespräch mit dieser Agentur hinsichtlich einer möglichen VDO-Übernahme optimistisch gezeigt. Die industrielle Logik sei "bestechend" und das Portfolio beider Unternehmen ergänze sich "hervorragend". Neumann hatte dabei indirekt durchblicken lassen, dass die von Conti bislang gebotene Summe möglicherweise nicht das Ende der Fahnenstange ist. "Ich glaube, am Preis wird es nicht scheitern", sagte er.

Der Vorteil einer Übernahme durch Conti beziehungsweise einer Beteiligung mit industrieller Führerschaft sei, dass die Zukunft des Unternehmens in der Industrie gelöst werde und nicht von einem Private-Equity-Unternehmen abhänge. Zudem würde die kulturelle Nähe beider Gesellschaften bei der Integration helfen.

Außerdem bestätigte Neumann frühere Informationen von Dow Jones Newswires, wonach sich die deutsche Automobilindustrie für einen Zusammenschluss beider Unternehmen ausgesprochen hat. "Wir wollen VDO, und die Kunden wollen es auch", sagte Neumann. Ein hochrangiger Automobilmanager, der nicht genannt werden wollte, sagte am Mittwoch auf Anfrage, dass sich die deutsche Automobilindustrie "durchaus eine Kombination VDO/Conti wünscht".

TRW Automotive gehört zu den führenden Automobilzulieferern für aktive und passive Sicherheitssysteme und ist weltweit Nummer 10 der Branche. Blackstone hatte den US-Automoilzuliefer 2003 für 4,7 Mrd USD mehrheitlich übernommen. Im vergangenen Monat trennte sich Blackstone von rund 10% der Anteile, blieb dabei aber mit rund 47% größter Aktionär vor dem Rüstungskonzern Northrop Grumman. TRW wird bei dem VDO-Prozess den vorliegenden Informationen zufolge von Lehman Brothers beraten, Conti von der Citigroup.

Dass Blackstone am Ende das Rennen um VDO machen könnte, wird in der Branche als durchaus möglich angesehen. "Blackstone hat tiefe Taschen", sagte ein Frankfurter Investmentbanker am Mittwoch. Zuletzt hatte der US-Investor die Hotelkette Hilton für rund 19 Mrd EUR übernommen. Für Conti dagegen wäre dieser Fall "fast katastrophal zu nennen", sagte er weiter. "Die müssen VDO bekommen. Ansonsten steht ein knallharter und leistungsfähiger Wettbwerber vor der Tür", so der Banker, der nicht genannt werden wollte. Die Siemens-Aktie legte nach dem Bericht von Dow Jones kräftig zu und stieg um rund 3 EUR auf zwischenzeitlich 108,40 EUR. Um 15.30 Uhr lag das Papier dann wieder etwas schwächer mit 1,3% im Minus bei 106,53 EUR. Die Conti-Aktie verlor in einem schwachen Markt 0,6% auf 106,10 EUR.

Webseiten: http://www.siemens.de

http://www.conti-online.com

http://www.trw.de

-Von Michael Brendel und Alexander Becker, Dow Jones Newswires,

+49 (0)40 3574 3115, michael.brendel@dowjones.com

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