UPDATE2: Aktie von ProSiebenSat.1 stürzt nach Quartalszahlen ab

25.04.2008
(NEU: Prognose, RTL, Analysten, Aktienkurs) Von Archibald Preuschat DOW JONES NEWSWIRES

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FRANKFURT (Dow Jones)--Ein schwaches Geschäft in Deutschland hat das Ergebnis der ProSiebenSat.1 Media AG im ersten Quartal stark beeinträchtigt. Das für Sales & Marketing zuständige Vorstandsmitglied Peter Christmann übernimmt die Verantwortung für diese Geschäftsentwicklung und wird die in Unterföhring ansässige Senderkette im Juni verlassen, wie ProSiebenSat.1 mitteilte.

Die Märkte reagierten geschockt auf die Quartalszahlen, Analysten sprachen von Vertrauensverlust - die Aktie stürze zeitweilig unter die 10-EUR-Marke. Sonia Rabussier von Sal. Oppenheim kritisierte: "Das Management hat bei der Analystenkonferenz im Januar noch deutlich zuversichtlicher geklungen". Die Geschäftszahlen für das erste Quartal seien enttäuschend ausgefallen, und der negative Überraschungseffekt sehr groß. Die Aktie verliert bis 11.45 Uhr 26,4% auf 10,00 EUR.

Das Marktumfeld, vor allem mit Blick auf die Werbeeinnahmen, habe sich stark eingetrübt, sagte die Analystin. Parallel dazu sinke die Profitabilität, und das Unternehmen sei hoch verschuldet. Gleichzeitig werde "aus der Substanz viel Geld an die Investoren ausgeschüttet". Rabussier spricht von einem "Teufelskreis". Großaktionäre von ProSiebenSat.1 sind die Beteiligungsgesellschaften Kohlberg, Kravis, Roberts (KKR) und Permira.

Der Umsatz von ProSiebenSat.1 fiel im ersten Quartal im wichtigen Bereich Free-TV in der deutschsprachigen Region, deren Löwenanteil dabei der deutsche Markt ist, um 4,9% auf 417,1 Mio EUR. Das um Sondereffekte bereinigte EBITDA lag um 18,4% unter dem Vorjahresquartal bei 57,6 Mio EUR.

Als Grund für diese Entwicklung nannte die Senderkette Unsicherheiten infolge des neuen Verkaufsmodells für Werbezeiten, das Ende 2007 nach einem Verfahren des deutschen Kartellamts eingeführt wurde. Zum anderen zeige sich aber auch zeitverzögert die Auswirkung der Quotenschwäche von Sat.1 im Jahr 2007.

ProSiebenSat.1 bekannte sich weiterhin zu dem Sender und bekräftigte, keine Gespräche mit dem PayTV-Konzern Premiere über einen Verkauf zu führen. Premiere hatte mehrfach Interesse an einer Übernahme von Sat.1 bekundet.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung im deutschen TV-Werbemarkt will Peter Christmann, Vorstandsmitglied für Sales und Marketing, die Verantwortung übernehmen und seinen Vertrag nicht verlängern. Er wird das Unternehmen Ende Juni 2008 verlassen. Vorstandsvorsitzender Guillaume de Posch übernimmt den Vorstandsbereich kommissarisch.

Die Quartalszahlen von ProSiebenSat.1 belegten, dass Sat.1 Marktanteile bei den Zuschauerzahlen verliere, sagte Analystin Rabussier. Zudem seien die Werbeeinnahmen des TV-Senders im ersten Quartal offensichtlich um 3% zurückgegangen. Hinzu komme, dass sich auch das neue Vertriebssystem für die Buchung von Werbung negativ auf das Ergebnis ausgewirkt habe. Es handele sich also um ein Konvolut unternehmensspezifischer Probleme.

Ein Beleg dafür könnte auch der Konkurrent RTL sein: So sind nach Aussagen einer mit dem Vorgang vertraute Person die deutschen Sender der RTL-Gruppe im Kontrast zu ProSiebenSat.1 gut in das laufende Jahr gestartet.

Laut der Sal.Oppenheim-Analystin darf nicht außer Acht gelassen werden, dass sich die abschwächende Konjunktur im weiteren Jahresverlauf zusätzlich negativ auswirken kann. "Die Konjunkturprobleme kommen erst noch", sagte die Analystin. Werbeeinnahmen im Zusammenhang mit den zentralen Publikumsereignissen dieses Jahres, der Fußball-Europameisterschaft und den Olympischen Spielen, gingen an die ARD und das ZDF.

ProSiebenSat.1 selbst erwartet nach Aussagen de Poschs im laufenden Jahr ein steigendes operatives Ergebnis. Dabei gelte die Annahme, dass sich in Deutschland keine Rezession entwickele. Den Umsatz im zweiten Quartal dürfte jedoch im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sinken.

ProSiebenSat.1 hat als Reaktion auf die schwache Entwicklung einen Aktionsplan implementiert. Das Verkaufsmodell für den deutschen Markt sei angepasst worden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, berichtete die Senderkette. Das Unternehmen sei zuversichtlich, mit dem angepassten Modell im zweiten Halbjahr Marktanteile zurückzugewinnen.

Das Unternehmen entschloss sich darüber hinaus, die deutsche Werbeverkaufsorganisation zu restrukturieren, um dem deutschen Markt nach der Veränderung des Verkaufsmodells besser gerecht zu werden und das Unternehmen besser für die Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung zu positionieren.

Gleichwohl werden die vom Bundeskartellamt verfügten Änderungen bei der Werbezeitvermarktung auch das laufende zweite Quartal belasten. Aus diesem Grund hat die Senderkette beschlossen, einen Kostensenkungsplan von 70 Mio EUR im Vergleich zum ursprünglich geplanten Budget für 2008 umzusetzen. Kostenersparnisse sollen aus einer Verringerung der Vertriebs- und Verwaltungskosten und einer optimierten Nutzung des existierenden Programmvermögens erzielt werden. In die Entwicklung neuer Programme soll aber trotzdem investiert werden.

ProSiebenSat.1 hatte Mitte 2007 SBS Broadcasting übernommen. Daher stieg der Umsatz im ersten Quartal konsolidierungsbedingt um 45,5% auf 729,1 Mio EUR und das bereinigte EBITDA um 7,8% auf 88,5 Mio EUR. Vergleiche man die aktuellen Zahlen aber mit denen der alten ProSiebenSat.1 und SBS Broadcasting zusammen, lag der Umsatz im ersten Quartal um 2% oder 14,9 Mio EUR und das bereinigte EBITDA um 25,1% unter den Werten des Vorjahresquartals.

Webseite: http://www.prosiebensat.1.com -Von Archibald Preuschat, Dow Jones Newswires, +49 (0) 69 29725505, archibald.preuschat@dowjones.com (Benjamin Krieger hat an diesem Artikel mitgewirkt) DJG/DJN/apr/nas/jhe

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