UPDATE2: Drägerwerk erwartet Gewinneinbruch und setzt Rotstift an

16.06.2009
(NEU: Details, Aussagen Telefonkonferenz, Aktienkurs) Von Nico Schmidt DOW JONES NEWSWIRES

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FRANKFURT (Dow Jones)--Der Medizintechnikkonzern Drägerwerk rechnet angesichts der Wirtschaftskrise im laufenden Jahr mit einem herben Gewinneinbruch. Wäre nicht ein umfassendes Sparprogramm eingeleitet worden, würde das operative Ergebnis im laufenden Geschäftsjahr wohl nahe Null liegen, erklärte Vorstandsvorsitzender Stefan Dräger am Dienstag auf einer Telefonkonferenz.

Eine konkrete Prognose für das EBIT unter Berücksichtigung der Einsparmaßnahmen gab der Manager nicht, Dräger stellte aber klar, dass der Gewinn trotz des Sparprogramms deutlich unter dem Vorjahreswert liegen wird. Angesichts des schwachen Ausblicks geriet die Aktie des Medizintechnikkonzerns am Dienstag deutlich unter Druck: In einem schwach tendierenden TecDAX verlor das Papier am frühen Nachmittag fast 10% auf 19,90 EUR.

Am Vorabend hatte das Lübecker Unternehmen bereits angekündigt, dass das operative Ergebnis (EBIT) deutlich unter dem Vorjahrsniveau und unter dem Konsens der Analystenerwartungen von gut 97 Mio EUR liegen wird. 2008 hatte Drägerwerk auf Konzernebene einen operativen Gewinn von 105,8 Mio EUR erzielt und vor Sonderposten von 130,5 Mio EUR.

Ursächlich für den erwarteten Gewinneinbruch sind ein zu erwartender Umsatzrückgang von rund 5% auf Jahressicht sowie eine Verschiebung des Produktmixes hin zu ertragsschwächeren Produkten - unter anderem durch einen gestiegenen Anteil öffentlicher Aufträge. Neben Währungseffekten lastete auch eine starke Verschiebung hin zu Wachstumsmärkten, in denen nur geringere Margen erzielt werden können, auf der Gewinnentwicklung. Gegensteuern wollen die Lübecker nun mit einem umfassenden Sparprogramm.

Im Anschluss an eine Aufsichtsratssitzung gab der Vorstand von Drägerwerk am Montagabend erstmals Einzelheiten über das im Mai angekündigte Sparprogramm bekannt. Um die Folgen der Wirtschaftskrise auf Umsatz und Ergebnis abzufedern, hatte das Unternehmen bereits seinerzeit angekündigt, ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Effizienzsteigerung und Kostensenkung erarbeiten zu wollen und dieses im Juni vorzustellen.

Mit Hilfe von 400 Einzelmaßnahmen "in allen Unternehmensbereichen" will der Vorstand ab dem Jahr 2011 gegenüber 2008 einen positiven Effekt von 100 Mio EUR generieren. Der überwiegende Teil der Maßnahmen soll sich dabei bereits 2010 auswirken, wobei erste Einsparungen bereits im laufenden Jahr erwartet werden.

Der Medizintechnikkonzern rechnet infolge des Sparprogramms mit Restrukturierungskosten von 35 Mio bis 40 Mio EUR, wobei zwei Drittel davon noch in diesem Jahr anfallen werden. Nach Einschätzung von Finanzvorstand Gert-Hartwig Lescow werden die Einsparungen aber bereits in diesem Jahr höher liegen als die Kosten. Inklusive Einmaleffekten rechnet Drägerwerk für 2009 mit Einsparungen von 50 Mio bis 65 Mio EUR.

Im Zuge des Sparprogramms sind nach Unternehmensangaben auch ein Personalabbau und Werksschließungen in den USA zu erwarten. "Das ist eine sehr schmerzliche Entscheidung, die wir uns nicht leicht machen", so Vorstandsvorsitzender Stefan Dräger. Der Vorstand will nun kurzfristig mit den Arbeitnehmervertretern Verhandlungen aufnehmen und Vorschläge machen, "um durch einen Solidarpakt aller Mitarbeiter die Zahl der notwendigen Entlassungen so gering wie möglich zu halten". Per Ende 2008 beschäftigte Drägerwerk knapp 11.000 Mitarbeiter, davon mehr als die Hälfte im Ausland.

Zunächst will sich der TecDAX-Konzern bei den Sparmaßnahmen jedoch auf diejenigen konzentrieren, die nicht zu einer Personalanpassung führen. Insgesamt sollen 60% der Ergebnisverbesserungen durch Einsparungen bei Sachkosten erreicht werden, 30% durch Personalmaßnahmen und 10% durch Maßnahmen zur Erlösoptimierung. Die Umsetzung soll im Juli beginnen.

Vorstandsvorsitzender Dräger kündigte an, den Restrukturierungsprozess sehr entschlossen umzusetzen. Damit werde es möglich sein, "auch in einem noch schwierigeren Umfeld ein positives Ergebnis zu erzielen". Das Gesamtpaket werde Dräger wettbewerbsfähiger machen und so langfristig Arbeitsplätze sichern.

Trotz des strikten Sparkurses will Drägerwerk die Investitionen in Forschung und Entwicklung auf dem Niveau des Vorjahres halten. In der Medizintechnik sollen 13 neue Produkte eingeführt werden und in der Sicherheitstechnik 16. "In der Forschung und Entwicklung geht es uns nicht darum, das Budget zu reduzieren, sondern wettbewerbsrelevante Neuentwicklungen zügiger auf den Markt zu bringen, weil hier unsere Zukunftsperspektiven liegen", so Dräger.

Bereits im Auftaktquartal 2009 hatte der Medizintechnikkonzern bei wachsendem Umsatz einen Gewinneinbruch erlitten: Während die Einnahmen um 4,8% auf 425,2 Mio EUR zulegten, schrumpfte das bereinigte operative Ergebnis (EBIT) um fast zwei Drittel auf 6,5 Mio EUR zusammen. Netto und nach Anteilen Dritter rutschte das Unternehmen sogar in die roten Zahlen und verzeichnete einen Verlust von 600.000 EUR nach einem Gewinn von 500.000 EUR im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Nach Einschätzung der Analysten von equinet hat sich Drägerwerk bei der Restrukturierung ambitionierte Ziele gesetzt, weshalb sie Zweifel am Erfolg der geplanten Maßnahmen äußern. Eine andere Analystin sagte zu Dow Jones Newswires, dass Drägerwerk mit internen Problemen zu kämpfen habe - sowohl auf Produkt- als auch auf Kostenseite. Solche Probleme zeigten sich in einem solch schwierigen Marktumfeld um so deutlicher. Als Beispiel nannte die Analystin Schwierigkeiten mit dem Patientenüberwachungssystem Infinity ACS. In dieses Projekt investierte Drägerwerk in den vergangenen Jahren massiv, hatte aber mit zahlreichen Problemen zu kämpfen.

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