UPDATE2: EADS gibt Tankerauftrag in den USA noch nicht verloren

19.06.2008
(NEU: Aussagen von EADS und Boeing, Einschätzung von Analysten, Aktienkurs)

(NEU: Aussagen von EADS und Boeing, Einschätzung von Analysten, Aktienkurs)

Von Kirsten Bienk

DOW JONES NEWSWIRES

WASHINGTON (Dow Jones)--Der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern EADS gibt den in der Schwebe befindlichen Auftrag für die US-Luftwaffe noch nicht verloren. "Wenn es eine neue Ausschreibung gibt, werden wir uns daran beteiligen", sagte EADS-CEO Louis Gallois. Dabei ist bislang noch gar nicht klar, ob es dazu kommen wird. Die US-Luftwaffe wird zunächst einmal die Einwände des US-Rechnungshofes GAO prüfen und dann über das weitere Vorgehen entscheiden. Dafür hat sie 60 Tage Zeit. Klar ist lediglich, dass sich damit das gesamte Projekt verzögert.

Analyst Stefan Maichl von der Landesbank Baden-Württemberg rechnet damit, dass die US-Luftwaffe den Empfehlungen des Government Accountability Office (GAO) folgen und die geplante Lieferung von 179 Tankflugzeugen im Wert von 35 Mrd USD neu ausschreiben wird. Er geht davon aus, dass erst nach den Präsidentschaftswahlen in den USA eine endgültige Entscheidung für einen Lieferanten getroffen wird.

Ob sich die European Aeronautic Defence and Space Co NV (EADS) bei einer erneuten Ausschreibung der US-Luftwaffe noch einmal gegen den Mitbewerber Boeing durchsetzen kann, vermag Analyst Maichl nicht zu beurteilen. Das sei schwer abschätzbar, sagte er.

Die US-Luftwaffe will den Bericht der GAO eigenen Angaben zufolge "gründlich" prüfen. Auch EADS und ihr Partner Northrop Grumman wollen sich das Statement gemeinsam anschauen und dann über das weitere Vorgehen beraten.

Die US-Rechnungsprüfer waren einer Beschwerde des EADS-Mitbewerbers Boeing nachgegangen und hatten festgestellt, dass das Pentagon bei der Vergabe des Auftrags "eine Anzahl signifikanter Fehler" gemacht hat. Aus diesem Grund hält es die Behörde für möglich, dass der Zuschlag zugunsten von EADS nur auf Grund dieser Fehler gefallen ist und die Entscheidung deshalb überprüft werden muss.

Ungeachtet dieser Kritik zeigt sich EADS zuversichtlich. Die Aussagen des GAO beziehen sich nach Angaben von EADS-CEO Gallois nur auf das Auswahlverfahren und beinhalten keinerlei Angaben über die Qualität des Angebotes. Der Konzern sei weiterhin überzeugt davon, das beste Produkt für die US-Airforce zu haben. Das zeige sich auch darin, dass zuletzt alle internationalen Ausschreibungen gewonnen worden seien, sagte Gallois weiter.

Boeing freute sich indes über die Entscheidung des GAO. "Wir sehen der Erarbeitung der nächsten Schritte dieser für unsere Streitkräfte so wichtigen Beschaffung mit der Air Force entgegen", sagte Mark McGraw, Vice President des Tanker-Programms.

Die US-Luftwaffe hatte EADS und ihrem US-Partner Northrop Grumman Anfang März 2008 den Zuschlag für die Lieferung von Tankflugzeugen des Typs KC-45A gegeben. Die Vergabe an die Europäer mitten im US-Präsidentschaftswahlkampf hatte teils massive Proteste in den USA hervorgerufen.

Bei den Vorgaben des Rechnungshofs handelt es sich lediglich um unverbindliche Empfehlungen. In der Regel leisten staatliche Stellen in den USA diesen Empfehlungen aber Folge.

Im Einzelnen kritisierte die GAO, dass die Luftwaffe die Vorzüge des Angebots von Boeing nicht voll berücksichtigt habe. Die Luftwaffe habe dabei "nicht in Übereinstimmung mit den Entscheidungskriterien in ihrer Ausschreibung" des Auftrags gehandelt.

Zudem habe die Luftwaffe vor der Vertragsvergabe "irreführende und ungleiche Diskussionen" mit Boeing geführt, kritisierte der GAO. Dabei sei Boeing beispielsweise signalisiert worden, dass es eine der Vorgaben der Ausschreibung erfüllt habe; danach habe die Luftwaffe aber intern entschieden, dass das Boeing-Angebot die Anforderungen nur zum Teil erfülle. Für EADS wäre ein Verlust des Auftrages ein Rückschlag. Dies durchkreuze die Pläne des EADS-Vorstandes, vermehrt im Dollar-Raum zu produzieren und damit unabhängiger von Wechselkurseffekten zu werden, sagte Analyst Maichl. Abgesehen davon wäre der geplante Einstieg in den US-Rüstungsmarkt vorerst misslungen.

Dieses Szenario ist nach Einschätzung des Bankhauses Sal. Oppenheim noch nicht in den Aktienkurs eingepreist. In Reaktion auf den negativen Nachrichtenfluss haben die Analysten ihre Anlageempfehlung auf "neutral" gesenkt. Der Kurs des im MDAX gelisteten Unternehmens gab bis 14.12 Uhr um 1,8% auf 13,38 EUR nach.

Webseiten: http://www.eads.com http://www.boeing.com -Von Kirsten Bienk, Dow Jones Newswires, +49 (0)40 3574 3116, kirsten.bienk@dowjones.com DJG/kib/brb

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