UPDATE2: Heidelberger Druck muss Prognosen 2007/08 erneut senken

01.04.2008
(NEU: Einzelheiten, Aktienkurs, Analysteneinschätzung, Aussagen von Wettbewerber Koenig & Bauer) Von Christine Benders-Rüger und Alexander Becker DOW JONES NEWSWIRES

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HEIDELBERG (Dow Jones)--Die Heidelberger Druckmaschinen AG hat ihre Prognosen für das Geschäftsjahr 2007/08 erneut gesenkt. Wie der Druckmaschinenhersteller aus Heidelberg am Montagabend mitteilte, wird er wegen der schwierigen Marktbedingungen im laufenden Geschäftsjahr auch seine im Februar gesenkten Umsatz- und Gewinnprognosen verfehlen. Anleger reagierten geschockt und schickten die Aktie auf Talfahrt. Mehrere Analysten stuften ihre Einschätzung für Heidelberger Druckmaschinen in einer ersten Reaktionen herunter.

Im frühen Handel notierte das Papier in einem freundlichen Gesamtmarkt deutlich im Minus. Bis um 9.50 Uhr MESZ verlor die Aktie 11,4% auf 15,08 EUR und war damit mit Abstand schwächster Wert im Mittelwerteindex MDAX. Heidelberger Druckmaschinen begründete die Gewinnwarnung damit, dass die Auftragseingänge im laufenden Quartal vor der Branchenmesse drupa hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind.

Nach Einschätzung von Steubing-Analyst Michael Bröker muss Heidelberger Druck einen "unerhört starken Rückgang" der Auftragseingänge allein in den vergangenen Wochen erlebt haben. Denn zwischen den erst am 5. Februar veröffentlichten Zielen und dem am 31. März endenden Geschäftsjahr liege nur eine sehr kurze Spanne von wenigen Wochen. Es sei zwar nicht unüblich, dass sich Kunden kurz vor der Druckmaschinenmesse drupa im Mai mit neuen Aufträge zurückhielten. Eine Gewinnwarnung nach nur so kurzer Zeit sei aber eine Überraschung.

Eine kurzfristige Besserung der Lage ist bei dem MDAX-Konzern zudem offenbar nicht in Sicht. So sieht der weltgrößte Druckmaschinenhersteller den weiteren Geschäftsverlauf bei zurückgehenden Konjunkturdaten kritisch. Sollte sich diese Tendenz nach der drupa bestätigen, schließt Heidelberger Druck eine Restrukturierung nicht aus, die sich auf die Arbeitsplätze auswirken könnte.

Über eine mögliche Restrukturierung sei aber noch nicht entschieden, sagte ein Unternehmenssprecher auf Nachfrage. Dafür müsse zunächst der Verlauf der drupa abgewartet werden. Weitere Angaben zu der Gewinnwarnung wollte der Sprecher mit Verweis auf das gerade erst zu Ende gegangene Geschäftsjahr nicht machen. Hier werde sich das Unternehmen bei der Vorlage der vorläufigen Zahlen am 7. Mai näher äußern.

Für das am 31. März endende Geschäftsjahr 2007/08 geht Heidelberger Druck nun davon aus, dass das betriebliche Ergebnis (EBIT) nur noch mindestens 260 Mio EUR betragen wird. Entsprechend werde sich auch der Jahresüberschuss verschlechtern. Im Februar hatte das MDAX-Unternehmen bei Veröffentlichung der Drittquartalszahlen angekündigt, das Ergebnis der betrieblichen Tätigkeit werde das um positive Sondereffekte bereinigte Ergebnis des Vorjahres von rund 300 Mio EUR übertreffen.

Der Jahresüberschuss sollte nach Unternehmensangaben vom Februar auf 4,5% bis 5% vom Umsatz steigen, nach bereinigt 3,8% im Vorjahr. Der Umsatz werde nun nicht, wie zuletzt erwartet, auf Vorjahresniveau bei rund 3,8 Mrd EUR liegen, sondern um rund 3% niedriger ausfallen, hieß es nun am Montagabend von Heidelberger Druck.

Die Analysten des Bankhaus Lampe gehen davon aus, "dass die Fachmesse drupa die nächste Enttäuschung in Bezug auf den Auftragseingang bringen wird". "Wir hatten der Gesellschaft eigentlich etwas mehr Weitblick in Hinblick auf die erst im Februar gesenkte Guidance zugetraut", kritisieren die Analysten, die ihr Anlageurteil auf "Verkaufen" von zuvor "Kaufen" und das Kursziel auf 14 EUR von vorher 24 EUR kürzen.

Citigroup und UniCredit senkten ihre jeweilige "Buy"-Empfehlung auf "Hold" und sehen das Kursziel nun bei 17,50 EUR bzw 16 EUR. Die Analysten der Commerzbank stuften die Aktie auf "Reduce" von "Hold" mit einem Kursziel von 16 EUR ein.

Heidelberger Druck litt zuletzt unter anderem unter dem starken Euro, der Zyklizität des Geschäfts und der Angst der US-Kunden vor einer Rezession. Dies hatte sich bereits im vergangenen Quartal auf die Investitionsbereitschaft der Kunden im Nordamerika-Geschäfts ausgewirkt.

In der Druckindustrie gilt die Preislage nach wie vor als angespannt, und steigende Rohstoffkosten sind von den Konzernen meist nur schwer an die Kunden weiterzugeben. Zudem belastet die Unternehmen aus der Eurozone die Aufwertung der Gemeinschaftswährung. Anders als die boomende Maschinenbauindustrie kämpfen die Druckmaschinenhersteller auch mit strukturellen Problemen. Der Markt in den Industrieländern gilt als beinahe gesättigt.

Um der Zyklizität des Geschäfts entgegenzuwirken, forcieren die Druckmaschinenhersteller derzeit verstärkt den Servicebereich. Dazu zählt alles, was der Kunde nach seiner Investition benötigt, wie etwa Ersatzteile, Wartung und Verbrauchsmaterialien.

Während der Aufsichtsratssitzung am Montag habe der Vorstand dem Aufsichtsrat seine Maßnahmen zur Reduzierung der Abhängigkeit von Währungsschwankungen und von der Zyklizität der Werbebranche vorgestellt, teilte Heidelberger Druckmaschinen am Montagabend weiter mit. Heidelberger Druck will in diesem Zusammenhang nun die Produktionsausweitung und die Einkaufstätigkeit außerhalb des Euroraums sowie den Ausbau des Servicegeschäfts beschleunigen. Diese strategischen Stoßrichtungen sollen nach der drupa detailliert ausgearbeitet sein und anschließend "unverzüglich" umgesetzt werden.

"Der Verlauf der bevorstehenden drupa wird nichts an den genannten Stoßrichtungen ändern. Sie wird uns jedoch wichtige Hinweise auf das Investitionsverhalten unserer Kunden geben", wird der Vorstandsvorsitzende Bernhard Schreier zitiert. "Wir haben unverzüglich bereits eingeleitete Maßnahmen ausgeweitet, um unsere Kostenstrukturen dem derzeitigen Geschäftsverlauf anzupassen."

Die Heidelberger Druckmaschinen AG ist mit einem Marktanteil von rund 40% der weltgrößte Hersteller von Hightech-Druckmaschinen und bietet komplette Systemlösungen von der digitalen Druckvorbereitung bis hin zur abschließenden Papierverarbeitung für die Printmedien-Industrie an. Die Arbeitsgebiete unterteilen sich in die Sparten "Financial Services" (Absatzfinanzierung), "Postpress" (Nachbearbeitung) und in die Kerntätigkeit "Press" (Bogenoffsetdruck).

Bereits am Montag hatte der Wettbewerber Koenig & Bauer (KBA) einen etwas vorsichtigeren Ausblick auf sein laufendes Geschäftsjahr 2008 gegeben. "Unter der Prämisse einer einigermaßen stabilen weltwirtschaftlichen Entwicklung erwarten wir für 2008 einen etwas reduzierten Konzernumsatz von ca 1,6 Mrd EUR", hieß es. Das Vorsteuerergebnis werde aus heutiger Sicht das Niveau von 2007 in etwa erreichen.

"Nach der drupa werden wir zu unserer Hauptversammlung im Juni klarer sehen, in welche Richtung sich die für unser Geschäft wichtigen Übersee-Märkte und das Investitionsklima in unserer Branche entwickeln", so das Unternehmen weiter. Ein KBA-Sprecher sagte am Dienstag auf Nachfrage, dass es keinen Grund gebe, diese Angaben zu ändern.

Webseite: http://www.heidelberg.com - Von Christine Benders-Rüger und Alexander Becker, Dow Jones Newswires, +49 (0) 69 29 725 108, unternehmen.de@dowjones.com DJG/cbr/abe

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