UPDATE2: IG Metall fordert in neuer Tarifrunde 8% mehr Lohn

23.09.2008
(NEU: Reaktion von BDA-Präsident Hundt)

(NEU: Reaktion von BDA-Präsident Hundt)

FRANKFURT/BERLIN (Dow Jones)--Die IG Metall hat in der anstehenden Tarifrunde für die rund 3,6 Millionen Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie 8% mehr Lohn gefordert. Der Vorstand der Gewerkschaft beschloss dies in einer außerordentlichen Sitzung und bestätigte damit die Anträge der regionalen Tarifkommissionen, wie die IG Metall am Dienstag mitteilte. Die Laufzeit soll zwölf Monate betragen. Verbände kritisierten diese Tarifforderung als zu hoch.

"In der Metallindustrie sind die Gewinne explodiert, Deutschland ist seit vielen Jahren Exportweltmeister, die Umsatzrenditen sind die höchsten seit den 1960er Jahren und noch nie wurde gemessen am Umsatz so wenig für Löhne und Gehälter aufgewendet", sagte der erste Vorsitzende der IG Metall, Berthold Huber, nach der Sitzung des Vorstands. Es sei die Zeit gekommen, dass die Menschen für diese gewaltige Arbeitsleistung die Anerkennung erfahren, die ihnen zustehe.

"Ja, 8% gehen zu Lasten der Gewinne, daraus machen wir keinen Hehl", betonte Huber. Außerdem gehe es der IG Metall darum, das Wachstum zu stabilisieren, indem die Kaufkraft der Menschen gestärkt werde. Die Arbeitgeber hatten die Tarifforderung bereits im Vorfeld als zu hoch zurückgewiesen.

Die Forderung der IG Metall sei unverantwortlich und gehe an der wirtschaftlichen Realität vorbei, kritisierte Dieter Hundt, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), am Dienstag in Berlin. Die Metall- und Elektroindustrie befinde sich in einer Phase des konjunkturellen Umbruchs. Vor diesem Hintergrund seien überzogene Lohnforderungen besonders gefährlich. "Sie stellen nicht nur die erreichten Erfolge in Frage, sondern bedrohen die gesamte wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland", warnte Hundt.

"Ich fordere die IG Metall auf, die Tarifauseinandersetzung in der Metall- und Elektroindustrie nicht eskalieren zu lassen", sagte Hundt. Die zunehmenden wirtschaftlichen Risiken erforderten dringender den je eine schnelle und vor allem für alle Betriebe verkraftbare Lösung, sagte der BDA-Präsident.

Auch der Hauptgeschäftsführer des Verbandes Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Hannes Hesse, wies die Gewerkschaftsforderung zurück. "Die IG-Metall-Spitze nimmt offenkundig nicht wahr, was in dieser Welt vor sich geht. Anders kann ich mir die exorbitante Forderung von 8% nicht erklären", erklärte Hesse in einer Stellungnahme.

Dass auch im Maschinenbau die Aufträge nicht mehr wüchsen, sondern in Teilbereichen stark zurückgegangen seien, dass der schwache Dollar und der Yen sowie die "explodierenden" Rohstoffkosten tiefe Spuren in dieser Industrie hinterlassen hätten und dass viele Industrieländer mit einer schweren Finanzkrise zu kämpfen hätten, habe die Chefetage der IG-Metall wohl noch nicht erreicht, sagte Hesse. Stattdessen schüre die IG-Metall bei ihren Mitgliedern Hoffnungen, die beim besten Willen nicht zu erfüllen sind.

Der VDMA-Hauptgeschäftsführer verwies darauf, dass die Löhne in der Metallindustrie bereits in den letzten Jahren stärker gestiegen seien als in anderen Branchen, von 2005 bis 2008 um durchschnittlich 3,1%. Die Behauptung, die Reallöhne würden ständig sinken, stimme nicht.

"Die tatsächlichen Einkommen, also Tariflöhne plus Überstundenentgelte plus übertarifliche Zuschläge, zeigen bei vielen Beschäftigten ein ordentliches Plus", erläuterte Hesse. So hätten die Entgelte im verarbeitenden Gewerbe 2007 um 18% höher als 2000 gelegen. Der VDMA hält Hesse zufolge weiterhin Einmalzahlungen für ein geeignetes Mittel, Arbeitnehmer angemessen am Erfolg ihres Unternehmens zu beteiligen.

Commerzbank-Volkswirt Eckart Tuchtfeld erwartet trotz der erwartungsgemäß hohen Forderung der IG Metall, dass der gesamtwirtschaftliche Lohnauftrieb in Deutschland 2009 eher etwas unter 3% (2008: plus 3,3%) bleiben wird. "Für die Metall- und Elektroindustrie rechnen wir mit einem Tarifabschluss von rund 4%, wirksam ab November 2008", sagte er. Auch der öffentliche Dienst werde aufgrund des bis Ende 2009 gültigen Tarifvertrages noch eine hohe jahresdurchschnittliche Entgeltsteigerung verzeichnen. Andere Branchen, vor allem aus den Handels- und Dienstleistungsbereichen, dürften jedoch teilweise deutlich niedriger abschließen.

Tuchtfeld will nicht ausschließen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die Forderung der IG Metall möglicherweise als Zweitrundeneffekt einstufen wird. Sie werde folglich zögern, mit einer Zinssenkung auf die schwächere Konjunktur zu reagieren. "Letzten Endes wird sie jedoch ab dem Frühjahr 2009 die Zinsen zurückführen, wenn der ölpreisbedingte Rückgang der Inflation und das nachlassende Wirtschaftswachstum die zurzeit noch hohen langfristigen Inflationserwartungen gedämpft haben dürfte", erläuterte der Commerzbank-Volkswirt.

Webseiten: http://www.igmetall.de http://www.bda-online.de http://www.vdma.de DJG/hab/bep/kth

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