UPDATE2: IG Metall sieht keinen Gesprächsbedarf bei Pfleiderer

18.06.2009
(NEU: mehr IG Metall, weitere Details, Pfleiderer-Wettbewerber)

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Von Matthias Karpstein DOW JONES NEWSWIRES

FRANKFURT (Dow Jones)--Die IG Metall will mit der Pfleiderer AG derzeit keine weiteren Gespräche über einen möglichen Stellenabbau oder die mögliche Schließung von Werken führen. Pfleiderer hatte am Mittwoch nach Börsenschluss in einer Adhoc-Meldung vor deutlich rückläufigen Ergebnissen im zweiten Quartal 2009 gewarnt. Am Donnerstagmorgen erklärte ein Pfleiderer-Sprecher auf Anfrage von Dow Jones Newswires, der Holzverarbeiter befinde sich mit der Gewerkschaft in Vorgesprächen über einen möglichen Personalabbau und mögliche Werksschließungen.

Die IG Metall zeigte sich zu diesen Plänen jedoch zurückhaltend: "Es gibt einen bis Ende 2010 laufenden Tarifvertrag, der betriebsbedingte Kündigungen und Standortschließungen ausschließt. Wir sehen derzeit bezüglich einer Öffnung dieses Tarifvertrags keinen Gesprächsbedarf", sagte Reinhard Hahn, Pfleiderer-Aufsichtsrat und Gewerkschaftssekretär des Vorstands der IG Metall, im Gespräch mit Dow Jones Newswires.

Hahn zufolge gab es im Mai und Juni zwei Gespräche mit Pfleiderer, an denen als IG-Metall-Vertreter neben ihm auch Wolfgang Rhode, stellvertretender Vorsitzender des Pfleiderer-Aufsichtsrats und Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, teilgenommen habe. Darin habe das Unternehmen eine Öffnung des Tarifvertrags erwirken wollen. Dafür sieht Hahn aber keinen Bedarf: "In einer Krise muss ein Unternehmen auch eine befristete Zeit mit Verlusten verkraften", sagte der IG-Metall-Vertreter.

Personalmaßnahmen wie Kurzarbeit oder Altersteilzeit steht die Gewerkschaft hingegen offener gegenüber. Hahn hält Einschnitte beim Personal für ungerechtfertigt, weil die Pfleiderer-Mitarbeiter in der Vergangenheit bereits Zugeständnisse an das Unternehmen gemacht hätten. So habe die Gewerkschaft in den Jahren 2007 und 2008 die betriebsbedingten Kündigungen für rund 140 Mitarbeiter am Standort Arnsberg akzeptiert.

Der Pfleiderer-Sprecher wollte die Haltung der IG Metall auf Anfrage von Dow Jones Newswires nicht kommentieren.

Die Aktie des Holzverarbeiters Pfleiderer AG hatte nach der Warnung vor deutlich rückläufigen Ergebnissen am Donnerstag zweistellige Verluste erlitten. Nachdem sie mit einem Abschlag von 18,5% im Vergleich zum Vortagsschlusskurs gestartet war schloss sie mit 4,35 EUR im XETRA-Parketthandel 11,4% unter Vortagsschluss.

Grund für den Kurseinbruch ist Pfleiderers Warnung von Mittwochabend: Auf Grundlage vorläufiger Zahlen für April und Mai 2009 rechnet der Konzern nun mit deutlich rückläufigen Ergebnissen im zweiten Quartal 2009. Sowohl das Absatzvolumen als auch das Preisniveau sind gegenüber dem Vorquartal rückläufig. Auch auf der Kostenseite ließen die Rohstoffpreise keine Entlastung mehr erwarten. Die EBITDA-Marge sieht der Vorstand im zweiten Quartal nur noch im einstelligen Prozentbereich.

Zudem hieß es von dem MDAX-Konzern, dass im Rahmen von bestehenden Kreditverträgen definierte Finanzkennzahlen zum Ende des laufenden Quartals verletzt werden könnten.

Die Warnung kam überraschend, weil Pfleiderer bei Bekanntgabe der 1Q-Zahlen noch mit einer Fortsetzung der Geschäftsbelebung gerechnet hat, die sich im Verlauf des ersten Quartals abgezeichnet hatte.

Die Analysten von equinet bekräftigen infolge dessen ihre Verkaufsempfehlung für die Aktie des Unternehmens. equinet hat nach eigenen Angaben eine Stabilisierung der Umsätze auf dem Niveau des ersten Quartals erwartet, sie sei aber ausgeblieben. Die Jahres-Schätzungen für Umsatz und Ertrag würden nun überprüft. Die EBITDA-Schätzung von bisher knapp 184 Mio EUR könnte um mindestens 15% sinken.

Im Zusammenhang mit den Finanzierungsverhandlungen mit den Banken hieß es von den Analysten, dass die Gespräche für Pfleiderer nun schwieriger werden könnten. Ihr Kursziel liegt bei 3,50 EUR.

Der Pfleiderer-Sprecher äußerte sich bezüglich der Finanzierungsverhandlungen zuversichtlich: "Wir haben mit unseren Banken gute, tragfähige Geschäftsbeziehungen". Allerdings erwartet der Holzverarbeiter als Ergebnis dieser Verhandlungen höhere Finanzierungskosten.

Eine konkrete Prognose für das laufende Jahr hat der Holzverarbeiter bislang nicht abgegeben. Auch auf der Hauptversammlung am 23. Juni soll es keinen klaren Ausblick geben, sagte der Sprecher. "Das Bestellverhalten unserer Kunden ist extrem kurzfristig geworden", sagte er. Dies mache eine seriöse Prognose fast unmöglich.

Die Absatzprobleme treffen Pfleiderer derzeit vor allem im Ausland, der Heimatmarkt sei weniger stark betroffen. Belastend seien auch die hohen Rohstoffpreise. Mit einer baldigen Entlastung rechnet der Konzern hier nicht, man gehe weiterhin von stabilen Rohstoffpreisen aus. Im ersten Quartal konnte Pfleiderer noch von den damals niedrigeren Preisen profitieren.

Der Holzmarkt ist derzeit stark unter Druck. Etwas Entlastung könnte für Pfleiderer allerdings möglicherweise die Werksschließung eines großen Konkurrenten bringen. Die Glunz AG hatte am Mittwoch mitgeteilt, ihr Werk in Kaisersesch mit 320 Mitarbeitern baldmöglichst zu schließen. Das Unternehmen mit Sitz in Meppen bündelt in Deutschland und der Schweiz die Aktivitäten der portugiesischen Sonae Indústria Gruppe.

Webseite: http://www.pfleiderer.de - Von Matthias Karpstein, Dow Jones Newswires, +49(0)69 29725-111, matthias.karpstein@dowjones.com DJG/mak/has/jhe

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